Vor 55 Jahren: „Goodbye, Hamburg!“ – RWO – HSV 8:1

von Carsten Germann30.09.2025 | 13:57 Uhr
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Aus der Serie „Goodbye, Henry“ – Die höchsten Heim-Niederlagen von Borussia Mönchengladbach sind seit Samstag und nach 4:6 gegen Eintracht Frankfurt ein heißes Thema unter (uns) Statistikern. Doch auch um den HSV spielte sich vor 55 Jahren ein unfassbares Drama ab: RW Oberhausen gegen den HSV (8:1) wurde am 26. September 1970 die bis dahin zweithöchste Bundesliga-Niederlage der Hamburger. Am 7. März 1964 hatte es ein 2:9 bei 1860 München gegeben.

Oberhausen? Das ist einer der fast vergessenen Vereine im „Oberhaus“.

Die „Kleeblätter“ spielten von 1969 bis 1973 in der Bundesliga – und setzten einige Meilensteine.

  • Mit Lothar Kobluhn († 2019) wurde mit 24 Treffern in der Saison 1970/71 Torschützenkönig.
  • Kobluhn ist bis heute der einzige Abwehrspieler, dem dies in der Bundesliga gelang.
  • Mit 36 Treffern ist Lothar Kobluhn Rekord-Torjäger von RWO in der Bundesliga.
  • Bester Stürmer der Oberhausener waren Hans Schumacher und der ehemalige Pirmasenser Hugo Dausmann (83) mit jeweils 15 Bundesliga-Toren.
  • Oberhausen hängte den pfälzischen Emporkömmling SV Alsenborn und den Freiburger FC (nicht zu verwechseln mit dem SC Freiburg) in der Bundesliga-Aufstiegsrunde 1969 auf dem Weg nach oben mit nur einem Punkt Vorsprung ab.
  • Kein Spiel gewannen die Oberhausener in der deutschen Eliteliga höher als das gegen den Hamburger SV am 26. September 1970.

Welche Spiele sind die höchsten HSV-Niederlagen in der Bundesliga?

  • Umgekehrt musste Hamburg in seiner ruhmreichen Bundesliga-Historie nach diesem Samstag in Oberhausen noch drei höhere Pleiten wegstecken, allesamt Jahrzehnte später und alle auswärts beim FC Bayern München (zwei Mal 0:8, 2:9 / 2013, 2015 und 2017).

„Nichts deutet an diesem Tag darauf hin, dass RWO eines der spektakulärsten Spiele seiner bewegten Klubgeschichte auf den Rasen des Niederrheinstadions zaubern wird“, berichtet der damals 19-jährige, langjährige Kicker-Autor Gustav Wentz in der Ausgabe des Sportmagazins vom 25. September 2025.

  • Rot-Weiß Oberhausen ging auf Rang 17, der HSV als Tabellenelfter in dieses denkwürdige Spiel.
  • Die günstigste Eintrittskarte – für Jugendliche unter 18, Studenten und Kriegsversehrte – kostete gerade mal zwei Mark (ein Euro).

Für Bayerns Franz Anton Beckenbauer († 2024), den Superstar dieser Zeit, ist das Geläuf im Niederrhein-Stadion „der beste Rasen der Bundesliga“ und RWO entzauberte den HSV nach allen Regeln der Kunst.

RWO – HSV 8:1: Uwe Seeler… erinnerte sich nicht

  • 4:1 stand es zur Pause für RWO gegen den HSV durch drei Tore von Hans Schumacher († 2000) und Franz Krauthausen (79).
  • Der mit nur 54 Jahren verstorbene Stürmer Hans Schumacher traf vier Mal in einem einzelnen Spiel gegen die Hamburger.
  • Wolfgang Sühnholz, Franz Krauthausen (2) und Lothar Kobluhn waren die weiteren RWO-Schützen gegen den HSV.

Schon zur Pause sangen die RWO-Fans im Niederrhein-Stadion, der damals etwas antiquiert wirkenden Arena mit dem charakteristischen, unter Denkmalschutz stehenden Uhrenturm „Hallo Hamburg, hallo Hamburg – zwei Punkte? Goodbye.“

Der Text passte wahrscheinlich zur Melodie des Hits „Na-na-na-na, Hey, Hey, Kiss him Goodbye“, von der zeitgleich populär gewordenen US-amerikanischen Band Steam, die mit diesem Titel ab dem 1. Januar 1970 bis auf Rang fünf der deutschen Charts vorstießen.

Das können wir aber nur vermuten.

Was wir wissen: HSV-Idol Uwe Seeler († 2022), gab nie Auskunft über dieses Spiel: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“