11FREUNDE - Kommentar

von dpa10.08.2005 | 12:28 Uhr

In einer Sache stimmten die Fußballfans am Ende der letzten Saison durchaus überein: Spannung suchte man in dieser Spielzeit vergeblich. Nur ein oder zwei Wochen kratzte Schalke am Thron der Bayern, nur die Anhänger der betroffenen Vereine glaubten bis zuletzt nicht an den Abstieg von Freiburg, Bochum und Rostock. Das sollte in dieser Saison alles anders werden. Schalke rüstete weiter auf, Bremen will auch wieder angreifen, Stuttgart sowieso, der HSV spuckt ungewohnt optimistische Töne – und die restlichen Teams sehen sich zumindest nicht in Abstiegsgefahr. Tolle Spiele und Erfolgsserien allenthalben, so schien das Motto zu sein.

Und nun? Wie immer sprechen die Medien von einem gelungenen Auftakt. Aber wer genauer hinschaut, der muss in Panik erstarren: Die neue Saison könnte durchaus so spannungsarm werden wie die letzte. Zumindest der trotz Unterzahl souveräne Sieg der Bayern gegen Mönchengladbach nährt Spekulationen, dass die Bayern auch in dieser Saison von keinem Konkurrenten aufgehalten werden. Denn Schalke feierte zwar auch einen Auftakterfolg, aber eher mit Hängen und Würgen, dazu noch gegen biedere Lauterer, die sicherlich kaum einen Platz im einstelligen Bereich anstreben dürften. Und Bremen, Hamburg? Ok, beide landeten klare Heimsiege, offenbarten dabei aber auch noch einige Schwächen. Und Stuttgart? Da muss Trapattoni seinem Team noch viel Leidenschaft einimpfen, damit es was wird mit einem Platz unter den ersten drei.

Überhaupt: Wo blieben die Überraschungen am ersten Spieltag? Wo war der Aufsteiger, der im Auswärtsspiel beim UEFA-Cup-Anwärter auftrumpfte und mit einem 3:1-Erfolg wieder heimfuhr? Wo war der Neueinkauf, den eigentlich keiner kannte und der plötzlich mit einem Doppelpack innerhalb von fünf Minuten aufhorchen ließ? Wo war der Jugendliche, der schon mit 16...stop! Den gab es ja tatsächlich. Aber über Nuri Sahin von Borussia Dortmund wurde schon in den letzten Wochen so oft gesprochen, dass weder über sein Mitwirken noch über seine Leistung wirkliches Erstaunen herrschte.

Selbst das 1:0 von Aufsteiger Köln gegen Mainz zählt nicht als Überraschung. Dann schon eher, dass FSV-Trainer Jürgen Klopp nach der Partie völlig ungewohnt reagierte, einem Reporter nach einer normalen Frage "Ahnungslosigkeit" unterstellte und auch sonst wenig Souveränität an den Tag legte. Hat er etwa Vorahnungen, dass der selbsternannte Karnevalsverein in dieser Saison durchaus weniger zu feiern hat als im letzten Jahr? In der UEFA-Cup-Qualifikation geht es für Mainz jetzt nach Island. Dort kann sich Jürgen Klopp erstmal abkühlen.

Bitte nicht gleich die Hoffnung auf eine tolle und spannungsreiche Saison aufgeben. Was für die Fußballer gilt, das gilt auch für die Fans: Die Saison hat 34 Spieltage, nach dem ersten ist noch nichts entschieden, es kann noch soviel passieren. Man schaue sich nur den nächsten an: Wenn Frankfurt in Berlin gewinnt oder Köln in Stuttgart, dann wird das für viele "Ahhhs" und "Ohhs" quer durch das Fußballland sorgen. Wie wäre es mit einem 4:0 der Leverkusener gegen die Bayern? Oder einem 5:5 zwischen Dortmund und Schalke, nach einem 0:0 zur Pause? Oh je, ich träume schon wieder. Aber das wird ja noch erlaubt sein, wir haben ja erst einen Spieltag hinter uns.

Dirk Brichzi (11FREUNDE-Redaktion)