15 Chancen

von Günther Jakobsen16:56 Uhr | 02.02.2007

Magath oder Stevens hieß die Preisfrage - schlussendlich unterzeichnete der Niederländer den Kontrakt beim Tabellenletzten aus Hamburg. Er trifft dort auf einige Landsleute und eine Mannschaft die gehörig durcheinander gewirbelt wurde.

Schwer, aber nicht unmöglich
Objektiv betrachtet sind es nur vier Punkte, die dem Hamburger SV zu einem Nichtabstiegsplatz fehlen. Und ganze 15 Spieltage verbleiben, diesen Rückstand wettzumachen. Rechnerisch eine nicht unlösbar erscheinende Aufgabe; in der Bundesligageschichte wurden schon ganz andere Distanzen in kürzerer Zeit überbrückt. Der HSV selbst dient als gutes Beispiel. Als der gerade entlassene Trainer Thomas Doll das damalige Schlusslicht am neunten Spieltag der Saison 2004/05 übernahm, sammelten die Rothosen in den folgenden 15 Spielen 31 Punkte (!) ein und überholten in dem Zeitraum elf Konkurrenten. Ein solcher Parforce-Ritt durch die Liga lässt sich natürlich nicht beliebig wiederholen.

Umbau zu radikal
Dass die Saisonerwartungen brutal geschrumpft sind, vom Bundesliga-Titelrennen mit Champions-League-Zugabe zum nackten Kampf um den Klassenerhalt, sackt langsam durch. Manifestiert sich diese Erkenntnis im Bewusstsein der Spieler, ist viel gewonnen. Dazu gehört, dass die Disziplinlosigkeiten der Vergangenheit (fünf Platzverweise) ausbleiben und sich das Team als die immer wieder geforderte „verschworene Einheit“ präsentiert. Und genau das wird schwierig. Ein zugegeben enormes Verletzungspech, gerade auch bei Spielern denen man Führungsaufgaben zugedacht hatte (van der Vaart, Kompany, Sorin, de Jong, Wicky, Reinhardt), warf das personelle Konzept immer wieder über den Haufen. Der Absturz wird gern - und gewiss nicht zu Unrecht - am Abgang der Säulen Barbarez, van Buyten, Boulahrouz und Beinlich festgemacht, die den Verein vor Saisonbeginn verließen. Tatsächlich aber war der Umbruch, von Beginn der Ära Doll bis deren Ende, wesentlich radikaler. Von den Stammkräften, mit denen Doll seinerzeit den Aufschwung einleitete, sind gerade einmal eine handvoll Spieler geblieben, und auch die standen verletzungsbedingt nicht immer zur Verfügung: Bastian Reinhardt, der nicht unumstrittene Mehdi Mahdavikia, der Langzeitverletzte Collin Benjamin, David Jarolim und Raphael Wicky. Binnen eines relativ kurzen Zeitraumes wurde das Team in allen Mannschaftsteilen kräftig umgekrempelt - der Transfer Frank Rosts bewirkte schließlich noch den Umbau im Tor.

Führungen verspielt
Man kann nicht behaupten, dass der HSV-Kader schwach besetzt wäre. Aber eingespielt ist die Truppe sicher nicht, was sich offensichtlich in zahlreichen Unsicherheiten niederschlug: Sieben Mal konnten die Hamburger ein Spiel, in dem sie eine Führung vorlegten, nicht in einen Sieg umwandeln. Die inflationären Punkteteilungen (12) sind nahezu wertlos. Die deprimierenden Auftritte in der Champions League taten ein Übriges, die Verunsicherung zu steigern. Huub Stevens, dem neuen Coach der Hanseaten, fällt zuallererst die Aufgabe zu, die Zweifel aus den Köpfen zu verbannen und so schnell wie möglich eine kompakte Formation herauszufiltern, die hochkonzentriert ihre Chancen nutzt. Ob der Niederländer bereits gegen seinen Ex-Klub Hertha BSC auf der HSV-Bank sitzt, blieb zunächst noch offen.

André Schulin



Wir brauchen keinen Trainer, wir brauchen einen Blindenhund.

— Udo Klug