Werders Heimstärke war der Bremer Schlüssel zum unerwarteten Titelgewinn. Der von Schalke gekommene Neuzugang "Zick-Zack"-Matischak nutzte seine geringen Einsatzmöglichkeiten bestmöglich und Max Lorenz spielte alles, außer Torwart. Kaiserslautern hatte ein Trainerproblem - der DFB verweigerte Gyula Lorant die Arbeitsgenehmigung.
Trainerwechsel
Fünf Vereine beendeten die Saison mit einem anderen Übungsleiter als jenem, der zu Beginn auf der Bank saß. Beim ins Mittelmaß zurückgefallenen Meidericher SV, wo man nach der Vizemeisterschaft des Vorjahres höhere Erwartungen hegte, wurde "Riegel-Rudi" Gutendorf verprellt, der jedoch bereits zwei Wochen nach seiner Demission beim VfB Stuttgart (feuerte Kurt Baluses) unterkam. "Ich hätte die Betreuung der Mannschaft schon am Samstag übernommen, wäre nicht ausgerechnet Meiderich der Gegner des VfB Stuttgart gewesen", legte Gutendorf eine selbst verordnete Anstandspause ein, in der Franz Seybold als Interimslösung fungierte. Willi Schmidt löste Gutendorf beim MSV ab. Gerhard Schulte trat als Nachfolger des bei Hertha vom Publikum angefeindeten Josef Schneider an, und Helmut Schneider sollte an Stelle von Kurt Sommerlatt den Karlsruher SC zum Klassenerhalt führen - was misslang. Kaiserslauterns Planspiele in der Trainerpersonalie erfüllten sich nicht. Die Pfälzer hatten schon vor der Saison den ehemaligen ungarischen Nationalspieler Gyula Lorant als Nachfolger von Günter Brocker ausgeguckt und mit einem Vertrag für die nächste Spielzeit (1965/66) ausgestattet. Als Kaiserslautern in der Rückserie in Abstiegsnot geriet, beschloss man, den Wechsel von Brocker zu Lorant vorzuziehen. Die Trennung von Brocker klappte - die Inthronisierung von Lorant nicht. Dem Ungarn wurde vom DFB die Zulassung verweigert, da seine Deutsch-Sprachkenntnisse als ungenügend bewertet wurden. So übernahm Werner Liebrich für zehn Spiele bis zum Saisonende die Roten Teufel. Dann durfte der des Deutschen mittlerweile besser mächtige Lorant ran.
Der Kampf um den Titel
Über die gesamte Spielzeit betrachtet, waren fünf Klubs maßgeblich in den Titelkampf involviert: Der amtierende Meister 1. FC Köln, Werder Bremen, der 1. FC Nürnberg, 1860 München und Borussia Dortmund. Das Rennen machte, recht überraschend, die Elf, deren Heimstatt das Weserstadion ist: Werder Bremen. Auf eigenem Rasen blieben die Bremer, als einziges Bundesligateam, ungeschlagen. Ständig irgendwelche Verfolger im Nacken (meist die Kölner), ließ sich das Multhaup-Team ab dem 17. Spieltag nicht mehr von der Spitze verdrängen. Trainer Willi Multhaup hatte ein lupenreines 4-2-4-System verordnet, das in der Bundesliga als "modern" gefeiert wurde. Die Abwehr erwies sich mit nur 29 Gegentreffern als Bollwerk und Neuzugang Klaus Matischak, der wegen Verletzungen nur 19 Mal auflaufen konnte, erfüllte mit zwölf Treffern seine Torjägerpflicht. Außerdem hatte Werder "Universalgenie" Max Lorenz in seinen Reihen, der vom "Kicker" das Prädikat "Vielseitigster Spieler der Hinrunde" bekam. Er wurde auf sechs verschiedenen Positionen eingesetzt: Linker Verteidiger/ rechter Läufer/ linker Läufer/ Rechtsaußen/ Halblinks/ und Linksaußen. Wohl dem, der derart flexible Spieler hat. Der 1. FC Köln lieferte den Bremern einen harten Kampf, der quasi bis zum letzten Spieltag anhielt, auch wenn da schon Außergewöhnliches hätte passieren müssen, um die Salatschüssel erneut nach Köln zu holen. Besonders der längere Ausfall von Routinier Hans Schäfer konnte nicht kompensiert werden. Da nutzten auch die beachtlichen 19 Tore von Stürmer Christian Müller nichts. Nürnberg verlor erst in der Schlussphase den Kontakt im Titelrennen, als in den letzten sieben Spielen kein Sieg gelang. Verglichen mit der vorherigen Saison hatten sich die Clubberer jedoch erheblich gesteigert. Die Münchner Löwen stellten mit 70 Treffern das torhungrigste Team und mit "Radi" Radenkovic den schillernsten Schlussmann der Liga. Die entscheidenden Partien gegen die direkten Konkurrenten Köln und Werder gingen jedoch verloren (26. und 27. Spieltag), und mit ihnen die Meisterschaftschancen. Borussia Dortmund scheiterte an seiner Unbeständigkeit. Immer wieder verpatzten schwächere Phasen die Möglichkeit, sich konstant vorn zu halten. Dennoch bot sich den Schwarz-Gelben am vorletzten Spieltag die große Chance, mit einem Erfolg in Bremen die Spitze zu erobern. Doch die heimstarken Bremer ließen nichts anbrennen.
André Schulin
Bundesliga Chronik
Berti Vogts hatte vor jedem Spiel gegen mich Dünnschiss.
— Willi Lippens