Tasmania 1900 setzte im Verlauf der Saison 24 Spieler ein - mehr als jeder andere Konkurrent. Das Problem: Nur ein Bruchteil davon hatte Bundesliganiveau. Mit erschreckenden Defiziten wurde das Klassenziel verpasst. Eintracht Frankfurt bekam die in der vorigen Saison gezeigte Heimschwäche in den Griff, blieb jedoch trotzdem im Mittelmaß stecken. Auch Stuttgart und der HSV konnten sich nur minimal steigern ...
Mittendrin
Nach durchwachsenem Start fand der Club seinen Rhythmus und sicherte sich, wie im Vorjahr, Platz sechs. Mehr war für das Csaknady-Team, in dem der junge Georg Volkert als großes Talent gefeiert wurde, allerdings nicht drin. Eintracht Frankfurt zahlte seinen Spielern neben dem festgelegten Grundgehalt (zwischen 1.200 und 1.400 Mark, abhängig von Vereinszugehörigkeit und Nationalmannschaftseinsätzen) Erfolgsprämien von 250 Mark für einen Sieg sowie 125 Mark pro Unentschieden. Ob der neue Mann auf der Trainerbank sich mit diesem Einkommen zufrieden gab, ist nicht bekannt. Der Ungar Elek Schwartz wurde als international anerkannter Fachmann bei Benfica Lissabon losgeeist und sollte die Eintracht weiter nach vorn bringen, vor allem aber der eklatanten Heimschwäche ein Ende bereiten. Letzteres gelang ohne Einschränkungen. Der Sprung auf Platz sieben, im Vergleich zu Rang acht aus dem Vorjahr, stellte jedoch nur eine marginale Verbesserung dar. Der Meidericher SV trat auf der Stelle. Die ordentliche Ausbeute des Angriffs - wie Vizemeister Dortmund 70 Mal erfolgreich - wurde durch die löchrige Abwehr entwertet. Heraus kam gutes Mittelmaß: Rang acht. Dem traditionell auswärtsschwachen Hamburger SV gelang zwar am letzten Spieltag noch ein überraschender Punktgewinn bei den Münchner Löwen, das riss den insgesamt enttäuschenden Saisonverlauf jedoch nicht mehr heraus. Immerhin verbesserte man sich gegenüber der vorigen Saison und neben Uwe Seeler sicherte Willi Schulz seinen Platz in der WM-Auswahl des DFB. Der Tabellenzehnte Eintracht Braunschweig spielte eine Saison ohne Abstiegssorgen, woran auch Walter Schmidt und Wolfgang Brase ihren Anteil hatten. Warum diese beiden hervorgehoben wurden? Sie waren die einzigen Bundesliga-Akteure, die seit der Premiere 1963 in allen 94 Spielen aufliefen. "Wenn wir uns nicht umstellen, werden wir uns in der Bundesliga nicht halten können", schimpfte Stuttgarts Trainer Rudi Gutendorf nach der 1:3-Niederlage bei Werder Bremen und prangerte mangelnden Professionalismus bei den Schwaben an. Das war etwas über das Ziel hinaus geschossen, denn der VfB hatte - im Gegensatz zur vorigen Saison - keine Phase, in der man dem Abstiegsbereich wirklich nahe kam. Platz elf am Ende bedeutete allerdings auch keine nennenswerte Steigerung zur Vorsaison (Rang zwölf). Da nützte es auch nichts, dass Stuttgart mit 22 eingesetzten Spielern mit an der Spitze lag. Nur Tasmania (24) und Karlsruhe (23) schickten mehr Akteure aufs Feld. Dass Masse jedoch nicht mit Klasse gleichzusetzen ist, bewies der Meister: 1860 München gewann den Titel mit nur 15 eingesetzten Spielern. Hannover 96 servierte seinen Fans einen ganz besonderen Leckerbissen. Die Roten hatten es an den beiden ersten Spieltagen mit den beiden bisherigen Bundesligameistern zu tun und ließen es sich nicht nehmen, nacheinander Köln (1:0) und Bremen (2:1) zu bezwingen. Im ersten Saisondrittel mussten die Niedersachsen nach weiteren hervorragenden Resultaten sogar zur Spitzengruppe gezählt werden. Dieses Niveau konnte die Elf von Trainer Helmut "Fiffi" Kronsbein (ab März `66: Hannes Kirk) indes nicht halten und pendelte sich im ungefährdeten Mittelfeld ein. Auf Rang zwölf schlossen die 96er die Saison ab. Der jungen "Fohlenelf" von Borussia Mönchengladbach eilte der Ruf voraus, eine spielstarke, torgefährliche Mannschaft zu sein. Dies stellten die Weisweiler-Schützlinge zu Beginn der Saison nachdrücklich unter Beweis. Allerdings wurde schnell klar, dass diese mit Talenten wie Netzer, Heynckes, Rupp, Laumen und Vogts gespickte Elf in der Erstklassigkeit Lehrgeld zu zahlen hatte. Dem Vergleich mit Mitaufsteiger Bayern München konnte Borussia Mönchengladbach nicht standhalten, mit dem Abstieg hatte das Team von Hennes Weisweiler - am Ende auf Rang 13 - allerdings auch nichts zu tun.
Mit dem Rücken zur Wand
Die Generalprobe war geglückt - ein 4:0-Sieg beim VfL Wolfsburg (Regionalliga Nord) als letzter Test vor dem Bundesligastart - und auch das Debüt in der höchsten Spielklasse, den 2:0-Erfolg gegen den Karlsruher SC, gestaltete Tasmania 1900 Berlin in überzeugender Manier. Dann war es jedoch mit der Berliner Herrlichkeit vorbei. Bereits im zweiten Saisonspiel, der 0:5-Pleite beim Mitaufsteiger Borussia Mönchengladbach, schälte sich heraus, was während der Saison nicht mehr zu korrigieren war: Das Leistungsgefälle innerhalb der Mannschaft war zu groß, als dass sie sich dem Konkurrenzkampf in der ersten Liga hätte erfolgreich stellen können. "So glücklich wird Tasmania nicht mehr mit nur 0:5 Toren verlieren", urteilte das Sport-Magazin. Moralisch hätten die Berliner zweistellig verloren, so überlegen seien die Gladbacher gewesen. Nicht immer fiel die Bewertung der spielerischen Darbietungen des Teams um Nationalspieler Horst Szymaniak derart vernichtend aus, die Abschlussbilanz indes ließ keinen Raum für Interpretationen: Von den 34 Meisterschaftsspielen gingen 28 (!) verloren, nur zwei Mal besiegelte der Abpfiff einen Tasmania-Triumph. Und die Tordifferenz von 15:108 bedarf keines Kommentars. Obwohl Borussia Neunkirchen an 25 Spieltagen Abstiegsrang 17 einnahm, und sich letztlich auch mit dieser Platzierung aus der Bundesliga verabschiedete, konnte das Team von Trainer Horst Buhtz noch bis zum vorletzten Spieltag hoffen. Ausgerechnet die 1:2-Niederlage bei den längst als Absteiger ausgemachten Tasmanen beraubte Neunkirchen der allerletzten Chance. Den "Üblichen Verdächtigen", dem Karlsruher SC, 1. FC Kaiserslautern und Schalke 04, war eine weitere Zittersaison im Abstiegskampf nicht erspart geblieben. Erst der 2:0-Sieg Schalkes am 32. Spieltag gegen Neunkirchen brachte den Knappen die Gewissheit, erneut mit einem (königs-) blauen Auge davongekommen zu sein. "Ich bin sicher, dass wir künftig stärker sein werden", hoffte der S04-Vorsitzende Fritz Szepan, nicht nochmals in einen nervenaufreibenden Abstiegskampf verwickelt zu werden. Dass Neunkirchen in Gelsenkirchen ohne Punkterfolg geblieben war, sorgte beim KSC und in Kaiserslautern für große Erleichterung. Vier Punkte Vorsprung und die klar bessere Torbilanz ließen Neunkirchens Chancen gegen Null tendieren. Kaiserslautern rettete sich am vorletzten Spieltag aus eigener Kraft (3:2 gegen Schalke) und Karlsruhe konnte am letzten Spieltag in Neunkirchen ganz entspannt 0:1 verlieren, da Neunkirchen in der Vorwoche bei Tasmania schon alles verspielt hatte. "Der Sieg ist nur von platonischer Bedeutung", sprach Trainer Horst Buhtz das Schlusswort zu Neunkirchens Bundesligadasein.
André Schulin
Bundesliga Chronik
Der einzige, richtig konkrete Vorschlag zur Verstärkung der Mannschaft war in der Winterpause Donovan, von dem Hermann Gerland sagt, er würde bei ihm nicht mal in der zweiten Mannschaft spielen.
— Uli Hoeneß über die Personalplanung von Jürgen Klinsmann beim FC Bayern.