1966/67: Braunschweigs Abwehrkünstler (Teil II)

von Günther Jakobsen13:48 Uhr | 28.06.2009

Die Münchener "Löwen" bissen ihren Trainer weg, derweil der Lokalrivale FCB an Popularität gewann. Auf eine kuriose Art und Weise zogen sich die zur Halbserie stark abstiegsbedrohten "Zebras" aus der Krise: Als Meidericher SV schloss man die Hinserie ab (als Tabellenletzter). In MSV Duisburg umbenannt, rollten die Westdeutschen dann das Feld auf und belegten einen gesicherten Mittelfeldrang.

Der obere Bereich

Noch kein Bundesliga-Meister war zuvor mit nur zwei Punkten Vorsprung Meister geworden. Es hatte aber auch noch keiner geschafft, die Saison mit nur 27 Gegentreffern zu überstehen. Unstrittig war: Braunschweigs Titelerfolg begründete sich in der überragenden Abwehrleistung. Aber auch die Geschlossenheit der Mannschaft, die hinter Trainer Helmut Johannsen stand, der noch im November 1965 fast abgesägt worden wäre, spielte eine entscheidende Rolle. An 26 Spieltagen nahmen die Braunschweiger die Spitzenposition ein, aber so recht trauten sie dem Braten bis zuletzt nicht. "Erst nach dem glücklichen 2:1 gegen Mönchengladbach glaubten wir ganz fest an die Meisterschaft", gestanden Gerwien und Schmidt ein. Das war am 32. Spieltag. Am darauf folgenden Wochenende machten sie den Coup perfekt. Der Titelverteidiger TSV 1860 München enttäuschte zunächst maßlos. Vier Spieltage lang dümpelten die Löwen sogar auf dem vorletzten Platz herum und noch vor der Winterpause verabschiedete sich Meistertrainer Max Merkel, um beim bayerischen Rivalen 1. FC Nürnberg anzuheuern. In der Rückserie fingen sich die Löwen und konnten kurzzeitig sogar vom erneuten Titelgewinn träumen, aber ausgerechnet Ex-Coach Max Merkel und sein neues Team durchkreuzten diese Pläne. Immerhin gelang am letzten Spieltag noch der mit einer 2.000 Mark-Prämie versüßte Sprung auf Platz zwei zur Vizemeisterschaft. Die hätte, gemäß dem Saisonverlauf, eigentlich Eintracht Frankfurt zugestanden. An 22 Spieltagen belegten die Hessen den zweiten Rang und lieferten den Braunschweigern einen packenden Zweikampf. Auf der Zielgeraden jedoch ging ihnen die Puste aus. Nur ein Pünktchen aus den drei letzten Spielen reichte letztlich nur zu Rang vier. Der FC Bayern verpatzte den Start in die Saison, kämpfte sich dann wieder an die Spitzengruppe heran, konnte aber aufgrund der bis zum Schluss anhaltenden Dreifachbelastung durch Liga, DFB-Pokal und Europapokal nicht in den Titelkampf eingreifen. In der Fangunst hingegen zogen die Bayern an allen vorbei. Mit einer zum Saisonende auf 7.628 gesteigerten Mitgliederzahl überflügelten sie den Lokalrivalen 1860 München (6.731) sowie die ebenfalls mit einer starken Anhängerschaft gesegneten Clubberer (5.031). Noch vor Saisonbeginn hatten die Bayern einen Schock zu verkraften, da der neu verpflichtete Mittelfeldspieler Rudi Schmidt bei einem Autounfall, bei dem sich auch Dieter Koulmann schwere Verletzungen (Ellenbogenbruch) zuzog, tödlich verunglückte. Borussia Dortmund bewies seine Konstanz als Bundesliga-Spitzenklub. Wie in den drei Spielzeiten zuvor platzierten sich die Schwarz-Gelben am Ende unter den ersten vier. Die schwache Auftaktphase, als die WM-Akteure Siggi Held und Lothar Emmerich noch weit unter Form spielten, verdarb den Sprung nach ganz oben.

Gutes Mittelmaß
Sieben Vereine nahmen über die gesamte Spielzeit betrachtet gesicherte Mittelfeldpositionen ein. Die Kaiserslauterer waren wegen diverser Gesundheitsprobleme einiger Spieler mit Bedenken in die Saison gestartet, schnitten aber besser ab, denn je zuvor. Aufgrund ihrer ausgeprägten Heimstärke (nur eine Niederlage) konnten sich die Roten Teufel völlig überraschend den fünften Platz sichern. Die etwas schwächere Rückserie verhinderte die Einordnung unter die Spitzenklubs. Köln dagegen wurde den Erwartungen nicht gerecht. Neben der Verpflichtung von Erfolgstrainer Willi Multhaup galten die Neuzugänge des jugoslawischen Nationaltorhüters Milutin Soskic sowie der Angreifer Roger Magnusson und Heinz Flohe als potenteste Verstärkungen der Liga. Aus dem Mitfavoriten auf den Titel wurde indes ein Mitläufer, dessen siebter Platz das bis dahin schlechteste Bundesligaabschneiden der Geißböcke bedeutete. Borussia Mönchengladbach trat mit einem ausgebauten Stadion (Tribüne und Flutlicht neu) und verhältnismäßig großem Kader (22 Spieler) an. Die Fohlenelf etablierte sich in ihrer zweiten Bundesligasaison in der oberen Tabellenhälfte und feierte gemeinsam mit Dortmund die höchste Torausbeute (70 Treffer). Eine Größenordnung mit der Hannover 96 (40 Treffer) nicht mithalten konnte. Die Niedersachsen kamen trotzdem auf dasselbe, ausgeglichene Punktverhältnis von 34:34 wie die Gladbacher. Außerdem hatten sie der gesamten Konkurrenz eines voraus: Als einziges Team bezwangen sie den Meister aus Braunschweig in beiden Spielen. "Der HSV hat es leider versäumt, einen Dirigenten wie zum Beispiel Overath, Grosser, Danielsen einzukaufen", warnte der "Kicker" vor der Saison. Das war nicht von der Hand zu weisen. Allerdings spielten die Hamburger so lange eine gute Rolle, bis Uwe Seeler im letzten Saisondrittel verletzt ausschied - da stürzte der Verein bis auf Rang 14 ab. Mit fast identischer Fieberkurve absolvierten der Meidericher SV und der 1. FC Nürnberg die Saison. Einem Einbruch zur Saisonmitte, mit Rückfall bis ans Tabellenende, folgte jeweils der anschließende Aufwärtstrend in den gesicherten Bereich. In Nürnberg war die Konsolidierung durch den Einsatz des neuen Trainers Max Merkel erklärbar. Der Meidericher SV wechselte in der Winterpause seinen Namen, kam als MSV Duisburg wieder aus den Startlöchern. Den Zebras war dies scheinbar ein Ansporn, denn in den 17 Spielen der Rückrunde wurden sie nur noch vier Mal geschlagen.

André Schulin

Bundesliga Chronik



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