1966/67: Braunschweigs Abwehrkünstler (Teil III)

von Günther Jakobsen11:09 Uhr | 01.07.2009

Keine Chance den Neulingen - Fortuna Düsseldorf und Rot-Weiß Essen konnten sich nicht in der Bundesliga behaupten. An den unerwartet schwachen Stuttgartern ging der Kelch noch Mal vorbei. Spannung beschwor der Zweikampf der Topstürmer herauf: In der Schlussphase der Meisterschaft setzte "Emma" den "Bomber" im Kampf um die Torjägerkrone mächtig unter Druck.

Sofortiger Abstieg der Aufsteiger
"Hoffentlich bleiben wir nur drin", stapelte Fortuna-Trainer Kuno Klötzer eine Woche vor Saisonstart tief. Dem Übungsleiter schwante bereits, dass seiner Mannschaft, trotz aller Vorschusslorbeeren angesichts der torreichen Bundesliga-Qualifikation, eine enorme Herausforderung bevorstand. Beide Torsteher offenbarten in den Vorbereitungsspielen unübersehbare Schwächen und die Abstimmung innerhalb des Teams ließ zu wünschen übrig. Dennoch, der Auftakt konnte kaum besser sein. Am siebten Spieltag standen vier Siege und ein Remis auf der Habenseite - die Euphorie hatte Fortuna bis auf Platz vier getragen. Mit der dann folgenden 2:4-Auswärtspleite in Nürnberg begann der Abstieg. "Viele andere werden noch an Fortuna scheitern", lobte das "Sport-Magazin" die Düsseldorfer trotz der Niederlage. Ein Irrtum. Nur noch fünf Mal verließen sie den Platz als Sieger - das war zu wenig, um die Klasse zu halten. Ähnliche Höhen und Tiefen erlebte und erlitt auch der andere Aufsteiger Rot-Weiß Essen. Dem ordentlichen, bis überaus erfreulichen Abschneiden des ersten Saisondrittels, als man ebenfalls bis Platz vier vorstoßen konnte (10. Spieltag), folgte die Tristesse der Restspielzeit, die nach 34 Begegnungen auf Platz 18 endete. Publikumsliebling Willi "Ente" Lippens zauberte zwischendurch mit seinen unkonventionellen Dribblings immer wieder schöne Momente herbei, verzettelte sich aber auch ebenso häufig. Schluss mit lustig war für RWE-Trainer Fritz Pliska schon am vorletzten Spieltag, als der Abstieg endgültig besiegelt war. Zum abschließenden Spiel nach Stuttgart reiste er nicht mehr mit. Vier weitere Teams gerieten im Saisonverlauf näher an die Abstiegsregion als ihnen lieb war: Zum einen, nicht unerwartet, der Karlsruher SC und Schalke 04, die in den Jahren zuvor schon in den Abstiegskampf involviert waren. Völlig überraschend jedoch auch der SV Werder Bremen - von vielen Experten vor der Saison zum Kreis der Titelanwärter gerechnet - sowie der VfB Stuttgart, der stärker eingeschätzt wurde. Besonders, da die Schwaben ihre Angriffsabteilung ausgebaut hatten. "Endlich Stürmer" begrüßte das Fachblatt "Kicker" die Neuverpflichtungen der ausländischen Stars Bo Larsson (FF Malmö) und Gilbert Gress (Racing Straßburg), die gemeinsam mit den VfB-Nachwuchstalenten Horst Köppel und Karl-Heinz Handschuh die Liga aufmischen sollten. Der Schuss ging fast nach hinten los, aber mit einem furiosen Schlussspurt (fünf Siege und zwei Remis aus den letzten sieben Spielen) retteten sich die Schwaben ins Mittelfeld.

Showdown der Torjäger
Auf den letzten Metern der Saison gewann ein Zweikampf an Brisanz, der eigentlich schon entschieden schien. Es war der Kampf um die Torjägerkrone, geführt von zwei zeitgleich aktiven deutschen Stürmerikonen, deren Wege sich in der Nationalelf nicht kreuzten: Lothar "Emma" Emmerich und Gerd Müller, der dank Bayern-Coach Tschik Cajkovski auch als "Kleines dickes Müller" in die Annalen eingegangen ist. Trotz des sensationellen Treffers gegen Spanien setzte Bundestrainer Helmut Schön nach der WM nicht mehr auf den Dortmunder, so dass "Emma" im besten Fußballeralter, als 25-Jähriger, nach nur fünf Einsätzen (zwei Tore) seine Länderspielkarriere hinter sich hatte. Die von Gerd Müller hingegen fing mit dem ersten Länderspiel nach der WM, gegen die Türkei, gerade erst an. WM-Held Lothar Emmerich kam nur schleppend in die Saison. Bis zum siebten Spieltag hatte er erst einmal getroffen, da hatte Müller die Kugel bereits fünf Mal versenkt. Der Bayern-Stürmer hielt dieses Niveau, machte in schöner Regelmäßigkeit seine Tore und wies am 29. Spieltag ein stolzes Trefferkonto aus: 28 Mal gab er bis dahin den Keepern das Nachsehen. Konkurrent Emmerich konnte zum gleichen Zeitpunkt "nur" 19 Buden dagegensetzen, schien abgeschlagen. Da zog sich Müller im Spiel gegen Duisburg einen Armbruch zu, der ihn zwei Spieltage lang (31./32.) zum Zuschauen verdammte. Am vorletzten Spieltag konnte er wieder mitwirken, traf aber nicht. "Emma" drehte derweil mächtig auf. Am 30. Spieltag hatte er beim 4:0 gegen Schalke ein Tor beigesteuert und legte in den drei folgenden Partien jeweils einen Doppelpack hin, so dass Müllers Vorsprung auf zwei Treffer zusammen geschmolzen war. Der Spielplan hatte es so gefügt, dass mit Borussia Dortmund und Bayern München ausgerechnet die beiden Teams zum Saisonausklang aufeinander trafen, in deren Reihen sich die beiden besten Stürmer befanden. Beide Mannschaften konnten in der Meisterschaft nichts mehr bewirken, waren während der Partie aber sichtbar darauf erpicht, "ihrem" Goalgetter die günstigste Torgelegenheit zu verschaffen, und dem gegnerischen nach Möglichkeit keine Chance zu lassen. "Wir passten wie die Schießhunde auf Emmerich auf", bestätigte Bayern-Spieler Rainer Ohlhauser den guten Willen seines Teams, Gerd Müller zum alleinigen "Schützenkönig" zu machen. Das funktionierte nicht. Die vom erfolgreichen Europapokalfinale gegen die Glasgow Rangers geschlauchten Münchener konnten den BVB, der 4:0 gewann, nicht stoppen. Und auch nicht Lothar Emmerich, der von seinen Mitspielern in jeder möglichen Situation gesucht wurde. Im vierten Spiel in Folge brachte er die "Kirsche" zweimal in des Gegners Kasten unter und zog mit Gerd Müller gleich.

André Schulin

Bundesliga Chronik



Stoitschkow hatte in der zweiten Halbzeit den Radius eines Bierdeckels.

— Eurosport-Reporter Wolfgang Ley beim EM-Qualispiel Deutschland - Bulgarien (3:1), über Christo Stoitschkow.