Die erste WM-Teilnahme, die ersten offiziellen Länderspiele außerhalb Afrikas und gegen nicht-afrikanische Mannschaften und ein Team, dessen Spielerinnen in der Welt verteilt in Ligen spielen, die mit dem internationalen Top-Niveau nicht mithalten können: Äquatorial Guinea ist bei der WM krasser Außenseiter.
Erst im Jahre 2000 fand das erste Länderspiel Äquatorial Guineas statt. Die Partie ging mit 0:3 gegen Gabun verloren und war der Auftakt zu mehreren Jahren des langsamen Aufbaus einer konkurrenzfähigen Nationalmannschaft. Bis 2006 war die „Nzalang Nacional“ nicht in der Lage, sich für die Afrikameisterschaften zu qualifizieren, ´06 scheiterten sie in der Gruppenphase an Serienafrikameister Nigeria sowie Südafrika. Zwei Jahre später fanden die Meisterschaften im eigenen Land statt und Äquatorial Guinea durchbrach erstmals die Siegesserie Nigerias, das bis dato alle Meisterschaften für sich entscheiden konnte. Nach einem überzeugenden Gruppensieg traf der Gastgeber im Halbfinale auf Nigeria und gewann dort überraschend mit 1:0. Das Finale bestritt man gegen Südafrika, setzte sich mit 2:1 durch und gewann seinen ersten internationalen Titel.
Die Qualifikation zu WM in Deutschland war für Äquatorial Guinea die Afrikameisterschaft 2010. In der ersten Runde trafen die Spielerinnen um Trainer Jean Paul Mpila auf Namibia. Nach einem 5:1-Erfolg im Hinspiel trat Namibia zum Rückspiel nicht mehr an und Äquatorial Guinea zog in die nächste Runde ein. Nach einem 2:2 gegen Kamerun, einem 1:0 gegen Algerien und einem 3:1 über Ghana zog man als Gruppensieger ins Halbfinale ein, wo Südafrika mit 3:1 besiegt wurde. Im Finale wartete Nigeria, das sich von der enttäuschenden Afrikameisterschaft 2008 erholt hatte und Äquatorial Guinea mit 4:2 besiegte. Trotz dieser Niederlage qualifizierte sich die Mannschaft des Subsahara-Afrika-Staates durch die Finalteilnahme erstmals für eine Weltmeisterschaft.
Erfolgreichste Torschützin für Äquatorial Guinea bei den Afrikameisterschaften 2010 war Jade Boho. Die 24-jährige Stürmerin vom spanischen Erstligisten Rayo Vallecano war bis 2010 für die U-Teams Spaniens aktiv, entschied sich dann aber dazu, in der A-Nationalmannschaft des Heimatlandes ihrer Eltern zu spielen. 2004 war sie Teil der U-19 Spaniens, beim 2:1-Finalerfolg über Deutschland erzielte sie den ersten Treffer. In der Nationalmannschaft Äquatorial Guineas wird Jade vor allem von Spielführerin Genoveva Anomema (22) unterstützt, die in der Bundesliga für Turbine Potsdam aktiv ist.
In der FIFA-Weltrangliste auf Platz 61 liegend, sind die Spielerinnen aus Äquatorial Guinea bei der WM eindeutiger Außenseiter. Das Land hat insgesamt erst knapp 30 Länderspiele bestritten und auch wenn sie das einzige Team sind, das außer Nigeria je die Afrikameisterschaft gewinnen konnte, reisen die „Nzalang Nacional“ wohl mit sehr geringen Erwartungen nach Deutschland. Die Mannschaft besticht durch eine robuste Spielweise, was wohl auch dazu führte, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, es seien Männer im Frauenteam aktiv. Nur sehr wenig Spielerinnen betreiben Ligafußball im eigenen Land. Die Spannweite Vereinszugehörigkeit reicht von Brasilien über Finnland, Spanien und Deutschland bis nach Russland, was es für Trainer Mpila schwierig machen sollte, ein eingespieltes Team auf den Rasen zu schicken. Ein 9:0 in der Vorbereitung über Luxemburg klingt zwar erstaunlich und spricht für die Effizienz der Offensivabteilung, ein wirklicher Gradmesser ist Luxemburg jedoch beim besten Willen nicht. Frei nach dem olympischen Motto „Dabei sein ist alles“ sollten die Damen aus Äquatorial Guinea ihre erste Weltmeisterschaft genießen, ein Überstehen der Vorrunde ist in einer Gruppe mit Brasilien, Norwegen und Australien alles andere als wahrscheinlich.
Lisa Ramdor
Jetzt falle ich nicht mehr so tief.
— Andre Lenz, Torwart von Alemannia Aachen, nachdem der Platz begradigt wurde