Alles schon vorbei

von Günther Jakobsen09:13 Uhr | 08.11.2007

Ohne je richtig mitzumischen wurde der Deutsche Meister bereits nach vier Runden Königsklasse aussortiert. Beim französischen Dauerchampion hatte Stuttgart auch gute Momente, musste aber ständigen Rückständen nachlaufen und scheiterte im entscheidenden Augenblick an seinen Nerven. Mit einem 4:2 eilte Lyon den Schwaben davon.

Gleich in der ersten relevanten Szene zeigte sich die Glücklosigkeit, unter welcher der VfB in der gesamten Champions-League-Saison zu leiden hatte. Eine Blitzkombination über Govou und Kallström brachte am linken Strafraumeck Ben Arfa in Position. Dessen Schuss hätte aber sicher nicht eingeschlagen, wenn nicht Andreas Beck noch äußerst unglücklich hineingesprungen wäre – an Schäfer vorbei flog der abgefälschte Ball ins Eck (6.). Ohne echte Schuld lag Stuttgart sofort hinten und ließ sich darüber verunsichern. Für die schnellen Passagen der Franzosen war das allerbeste Nahrung, und so traf Kallström nur neun Minuten später schon zum 2:0, das allerdings nicht hätte gelten dürfen: Beim Schuss aus 18 Metern stand Benzema im nicht gerade passiven Abseits. Erinnerungen wurden nun wach an Werder Bremen, das einst an gleicher Stelle 2:7 untergegangen war. Doch zeigten die Schwaben an dieser Stelle Format und kamen durch Gomez zum unmittelbaren Anschluss, nachdem Coupet-Ersatzmann Vercoutre eine Hitzlsperger-Bombe nur in die Mitte abklatschen konnte (16.). In der Folge entwickelte sich ein richtig heißer Tanz, da Lyon ungerührt weiter angriff, Stuttgart über Konter aber immer gefährlicher wurde. Die größte Chance zum Ausgleich vergab Cacau, als er schräglinks allein vor Vercoutre freigespielt wurde, diesem das Leder aber allzu billig in den Schoß schoss (21.). Gerade als das 2:2 wirklich in der Luft lag, bestraften sich die Gäste jedoch selbst. Völlig unbedrohlich tauchte Ben Afra am rechten Flügel auf, durfte aber zuerst Magnin auf dem Bierdeckel austanzen und dann aus spitzem Winkel auch noch ins Tor treffen (37.). Durch eine Mischung aus Dummheit und Unglück lag Stuttgart zur Pause mit 1:3 hinten und schien damit bereits erledigt.

Mit dem Mute der Verzweiflung kamen die Schwaben zurück und machten sich tatsächlich noch einmal ans Werk. Kapitän Meira trieb das Spielgerät auf die rechte Seite zu Beck, der klug in die Mitte legte und Mario Gomez damit zum Anschlusstor bediente (56.). Olympique wurde nun unruhig und ließ zu, dass die Gäste sich weiterhin entfalteten. Nur vier Minuten später hatte Stuttgart zum ersten Mal richtiges Glück. Mit Fabio Ramos an seiner Seite trat Gomez kurz vor dem Strafraum in den Boden. Der russische Schiedsrichter sah nicht nur ein Foul, sondern verlegte den Tatort auch gleich in den Sechzehner. Blitzschnell schnappte sich Thomas Hitzlsperger den Ball und knallte ihn entschlossen aufs rechte Toreck – doch Rémi Vercoutre, bis dahin eher unbeliebt bei den eigenen Fans, ahnte die Ecke und parierte. Mit der Enttäuschung und Wut im Bauch zeigte der Deutsche Meister noch einige Zuckungen, Hitzlsperger zögerte nicht, aus dem Hinterhalt zu schießen (67./69.). Allmählich entwich der Überlebenswille dann aber doch, und je länger das Spiel schließlich dauerte desto ungefährdeter konnte Lyon den Vorsprung verwalten. Auch das späte Kontertor Juninhos (90.) hatte seine Berechtigung, da Schäfer zuvor einige Male glänzend parieren musste. Für die Franzosen war der Deutsche Meister so nicht mehr als ein Punktelieferant, auch wenn von einem Klassenunterschied nicht die Rede sein konnte. Ein chronischer Mangel an Selbstvertrauen, guten Nerven und Personal war es unterm Strich, der Stuttgart vier Mal in Folge den Kürzeren ziehen ließ und selbst die Hoffnung auf den UEFA-Cup vorzeitig beseitigte. Rettbar bleibt jetzt einzig noch der guten Ruf.

Maik Großmann



Die Stimmung war eher: Paragraph eins - jeder macht seins.

— Felix Magath, Retter-Coach von Hertha BSC, über die Lage in Berlin.