UEFA-CUP

Auftritt ohne Pepp

Die Befürchtung, der FC Bayern würde das Rückspiel nach dem vorentscheidenden 5:0-Triumph in der ersten Partie zum Freundschaftskick degradieren, erwies sich zunächst als unbegründet. Nach einer Viertelstunde wurden die Gastgeber dann aber plötzlich doch nachlässig und ermöglichten Anderlecht einen überraschenden 2:1-Sieg.

Auch Münchens Trainer Ottmar Hitzfeld hatte die Gefahr des Schlendrians erkannt und nahm aus diesem Grund im Vergleich zum Ligaspiel gegen Karlsruhe gleich neun Wechsel vor. Unter den Neulingen befanden sich auch der debütierende Wintereinkauf Breno sowie Lukas Podolski, der bereits nach 120 Sekunden die Möglichkeit hatte, den furios startenden Rekordmeister in Führung zu bringen. Den Versuch des Angreifers, nach Vorarbeit von Klose, lenkte RSC-Torwart Zitka aber gerade noch an den Pfosten. Die Enttäuschung über die vergebene Chance war schnell verflogen, denn sechs Minuten später köpfte Lucio, der anstelle des geschonten Kahn die Kapitänsbinde trug, einen Sosa-Freistoß aus fünf Metern ins Netz – diesmal sah Zitka alles andere als glücklich aus. Bayern stürmte fröhlich weiter und ließ den ebenfalls umformierten Anderlechtern keine Zeit zum Durchschnaufen. So hätten Podolski per Direktabnahme (11.), van Bommel nach einem Querpass Kloses (13.) und der Vorlagengeber im Anschluss an ein lehrbuchreifes Zusammenspiel mit Sosa (16.) die Begegnung schnell entscheiden können. Doch es kam anders, denn von der einen auf die andere Minute stellten die Münchner unverständlicherweise auf Sparmodus um und bauten die bis dahin überforderten Belgier auf. Die erste Quittung erhielt das Hitzfeld-Team in der 20. Minute, als Iakovenko die Unordnung in der aufgerückten Bayern-Defensive zu einem Zuspiel auf den Ex-Kölner Serhat Akin nutzte, der plötzlich frei vor Rensing stand und dem Keeper keine Abwehrchance ließ. Sehr wohl haltbar war dagegen der Treffer zum 1:2 eine Viertelstunde später. Weil Lahm ausrutschte, kam Aleksandr Iakovenko unverhofft in Ballbesitz und zog vom rechten Strafraumeck ab; Rensing berührte das Spielgerät zwar noch, konnte den Einschlag neben dem kurzen Pfosten aber nicht mehr verhindern. Hätte der Torschütze in der 45. Minute einen Konter innerhalb des Strafraums etwas genauer abgeschlossen, wären die Pfiffe, mit denen das Publikum die Münchner ins Stadioninnere verabschiedete, sicher noch lauter ausgefallen.

Hitzfeld reagierte auf den eklatanten Leistungsabfall mit der Einwechslung von Ribery für Kroos. Die Hereinnahme des Franzosen machte sich auch gleich positiv bemerkbar: Zunächst scheiterte Klose nach einem Ribery-Pass am neuen RSC-Schlussmann Davy Schollen (47.), der den verletzten Zitka vertrat, und kurz darauf verpasste es der 24-Jährige, einem seiner berüchtigten Tempodribblings die Krone aufzusetzen (49.). Trotz des vielversprechenden Auftakts in den zweiten Durchgang konnten sich die spielbestimmenden Bayern aber auch weiterhin nicht dazu aufraffen, den Tatendrang der Anfangsviertelstunde zu wiederholen. Die Belgier wiederum waren mit dem Zwischenresultat natürlich hochzufrieden und machten sich deshalb nur gelegentlich in die gegnerische Hälfte auf. In Folge dessen entstand eine eher langweilige Begegnung, in der beide Mannschaften noch zwei gute Einschussgelegenheiten besaßen. Doch weder Klose (57.) und Ribery (90.) auf Seiten der Hausherren noch Anderlechts Akin (50./85.) schafften es, ein viertes Mal Bewegung auf die Anzeigetafel zu bringen. Somit blieb es beim 1:2, das freilich nichts am Münchner Einzug ins Viertelfinale änderte und den RSC zumindest ein Stück weit für seine desaströse Vorstellung im Hinspiel rehabilitierte.
Christian Brackhagen