Champions League

Das alte Leid

Genau wie im Vorjahr überraschte Werder gegen die Katalanen mit einer fulminanten Leistung und befreite sich spektakulär aus dem jüngsten Bundesligaloch. Durch ein Eigentor der Gäste ging Bremen im zweiten Durchgang in Führung. Das 2:0 aber, es wollte nicht fallen. Und so machte Barca am Ende so viel Druck, dass Werder irgendwann die Beine einknickten.

Dass Thomas Schaaf einige Änderungen vornehmen würde, hatte man erwartet, nicht aber in diesem Ausmaß. Christian Schulz ersetzte Wome hinten links, und Frank Baumann rückte doch nicht in die Viererkette zurück, weil Per Mertesacker ausgerechnet gegen den spanischen Meister sein glänzendes Debüt geben sollte. Noch überraschender aber war die Nominierung Aaron Hunts, der Almeida, Zidan und auch Klasnic ausstach und neben Klose im Sturm begann. Jener Hunt hatte auch gleich die erste Chance, als er nach kaum einer Minute am Strafraum zum Schuss kam, Valdes aber genau in die Arme schoss. Doch es war genau jene Frische und Unbekümmertheit, die Werders Spiel gut tat. Gerade in der Anfangsphase verblüfften die Gastgeber mit forscher Angriffslust, welche die Spanier tief in die eigene Hälfte drängte und mittelgroße Chancen durch Frings (9.) und Klose (13.) hervorbrachte. Fast wäre es dann wie im Vorjahr gekommen, als Barca gleich die erste Chance eiskalt genutzt hatte. Gemeinsam aber konnten Naldo und Wiese den Kameruner Eto’o aufhalten (18.). Barcelona wurde stärker, und es wurde unruhig auf den Rängen, wenn Deco, Giuly und Ronaldinho sich die Kugel hin und her legten und den Raum nach freien Gassen abklopften. Nach Fehlschüssen von Giuly (33.) und Deco (37.) aber hatte Werder den ersten Durchgang schadlos überstanden und war letztlich froh über den Pausenpfiff.

Wieder Giuly hätte die zweite Hälfte fast mit einem Treffer eröffnet, köpfte nach Ronaldinhos Ecke aber knapp daneben. Aber Werder holte sich das Zepter zurück und blieb fest entschlossen, selbst das Spiel zu bestimmen. Ein Schuss von Diego (52.) machte Valdes keine Mühe, aber wenig später war Barcas Schlussmann geschlagen, als der freche Hunt von links flankte und Puyol zwar vor Borowski ans Leder kam, es aber ins eigene Netz bugsierte (56.). Die Führung war verdient, weil Werder bis zum Umfallen kämpfte und endlich auch wieder als Mannschaft funktionierte. Barcelona nahm den Rückstand nur zur Kenntnis, reagierte vorerst nicht. Gerade diese Teilnahmslosigkeit ließ Werders Fans aber in den Sitzen kauern; man rechnete jederzeit mit einem genialen Schachzug. Vorher aber kam Werder zur stärksten Phase des Spiels. Unbedingt wollten die Gastgeber nun die Entscheidung erzwingen und sich ein banges Zittern ersparen. Borowski hatte die beste Chance dazu, doch sein Schuss vom Strafraumeck rauschte knapp am langen Eck vorbei (66.). Mit einem Versuch von Klose (69.) endete die Drangperiode aber schon wieder. Frank Rijkaard wechselte Messi und Gudjohnsen ein und gab damit das Signal zur Attacke. Immer noch stand Werders Abwehr felsenfest, doch je länger das Spiel dauerte desto leerer wurden die Akkus. Mit seiner ersten Aktion zwang der junge Messi Tim Wiese zu einer Glanzparade (76.). Die Bremer versuchten verzweifelt, sich spielerisch zu befreien und entlastende Angriffe zu starten, aber Barcas Würgegriff war zu fest. Bis kurz vor Schluss mauerte Werder erfolgreich, doch dann holte Barca zum gefürchteten Schlag aus. Messi auf Deco, der in den freien Raum, wo plötzlich wieder Messi stand und Wiese aus zehn Metern keine Chance ließ (89.). Wie so oft hatte Werder lange mitgehalten und stand kurz vor der Sensation gegen einen Topklub. Doch eine einzige Unachtsamkeit wurde bitter bestraft und markierte den feinen Unterschied.
Maik Großmann