Champions League

Diesmal täuschte das Ergebnis

Der HSV war nicht nur tot gesagt, sondern tatsächlich längst ausgeschieden. Genau das aber half den Hanseaten, wieder zu sich zu finden. Nach van der Vaarts Traumtor schien sogar eine kleine Sensation möglich, doch Arsenal zu nerven allein reichte nicht, um seiner individuellen Klasse Herr zu werden. So wurde es letztlich doch nur ein Achtungserfolg.

So wenig Druck wie in diesem Spiel hatte schon lange nicht mehr auf dem HSV gelastet, denn es ging um rein gar nichts mehr. Vom absoluten Nullpunkt aus konnte es aber nur aufwärts gehen, und so überraschten die Gäste zu Beginn mit forschem Auftreten der Marke "Was soll´s!". Drei Minuten waren gespielt, da nahm Raphael van der Vaart, ganz der würdige Kapitän, sein Herz in die Hand, entsann sich kurz all der Schmähungen der letzten Monate und knallte das Leder aus 20 Metern unter die Latte - keine Chance für Jens Lehmann. Das Tor hatte zwei Wirkungen. Arsenal war verdutzt bis verwirrt, hatte sich unter Hamburg offenkundig einen anderen Gegner vorgestellt. Und der HSV fasste Mut. Etwas tapsig noch im Bemühen nach vorn, aber defensiv doch erheblich sicherer als zuletzt verteidigten die Gäste die Führung standhaft. Nach einer Viertelstunde half sogar die Fortuna mit, als Hleb nach schöner Einzelleistung die Latte traf. Viel mehr Gefahr kam aber vorerst nicht auf, was auch an der steigenden Konterlaune lag. Vor allem Rafael van der Vaart tat sich dabei hervor, aber auch Mahdavikia, der nach 31 Minuten den zweiten brauchbaren Schuss auf Jens Lehmann abgab. Nach zwei Hamburger Ecken in Folge hatte Arsenal dann genug und startete wütende Angriffe. Als Stefan Wächter einen leichten Ball nicht zu fassen bekam, sprang der wie eine Flipperkugel im Strafraum umher und konnte gerade noch geklärt werden (33.). Einen leicht errungenen Freistoß knüppelte van Persie kurz darauf haarscharf über das Tor. Der fällige Ausgleich fiel zwar nicht mehr, dafür verlor Hamburg aber noch vor dem Wechsel Mahdavikia, der verletzt raus musste.

Mit Wiederbeginn wurde es für die Gäste sofort ungemütlich. Erst verfehlte van Persie ein Zuspiel nur knapp (46.), dann kratzte ein Henry-Freistoß scharf geschossen das Außennetz (48.). Der Ausgleich schien nun unvermeidbar, und so fiel er auch. Einen Pass von Hleb gab Fabregas mit dem Außenrist zu van Persie, der dadurch allein vor Wächter stand und konzentriert ins Eck schoss (51.). Der alte HSV wäre nun vielleicht auseinandergebröselt, doch das passierte nicht. Mit gutem Stellungsspiel und taktischen Fouls gelang zunächst eine Tempoverschleppung. Wenig später hatte Fillinger sogar die Chance zum 1:2, allein an der Strafraumkante schoss er aber viel zu überhastet (59.). Als Thomas Doll für den schwachen Atuoba dann Stürmer Ljuboja brachte, erschien das trotzdem eher waghalsig zu diesem Zeitpunkt, denn Arsenal war immer noch gereizt und angriffslustig, auch wenn die Briten oft etwas umständlich spielten. Gefährlich werden konnte es aber jederzeit. Nach einer Flanke von rechts tippte Henry einen Schritt zurück und schaufelte den Ball wie weiland Gerd Müller aufs Tor - allerdings genau in die Mitte (71.). Vier Minuten später gab es einen großen Knall, als Fabregas aus 30 Metern abzog und seine Bogenlampe ans Lattenkreuz prallte. Längst war das Remis glücklich für den HSV, allerdings auch redlich, weil jeder einzelne großes Kämpferherz zeigte. Eine ganz dumme Aktion brachte die Seifenblase dann doch zum Platzen. Mit einem flinken Haken tankte sich Eboue zur Grundlinie durch und schoss einfach aus kurzer Distanz in die Mitte. Wächter dachte nicht mit und bezwang sich quasi selbst (83.). Auch jetzt knickten die Gäste nicht ein, sondern suchten noch die Chance zum Ausgleich. Dass sich das auch noch rächte, war ein wenig gemein, aber nach dem Kontertor des eingewechselten Baptista stand es am Ende gar 3:1. Dennoch war Hamburg ein Stück weit gesundet, hatte gerade im ersten Durchgang zeitweise seine Tauglichkeit für die Königsklasse bewiesen. Dass es wieder nicht zum ersten Punkt reichte, lag auch an Arsenals Klasse.
Maik Großmann