Bundesliga

Frings Rückkehr ins Weserstadion

Einem Anflug von Wiener Schmäh verdankt Torsten Frings seinen Spitznamen: Als der damals frisch zum SV Werder gewechselte Frings einige für Andy Herzog unverständliche Flüche brummelte, fragte Bremens österreichischer Ex-Spielmacher, was das denn wohl für ein „Lutscher“ sei. Damit hatte Frings seinen Nickname weg. Am Samstag spielt „Lutscher“, mittlerweile im Trikot des BVB, erstmals gegen seine ehemaligen Vereinskollegen aus Bremen.

Der umgeschulte Stürmer
Der sportliche Durchbruch in die Bundesliga-Extraklasse gelang Frings in der Saison 2001/02. Nach dem Weggang der langjährigen Bremer Mittelfeldikonen Andreas Herzog und Dieter Eilts klaffte in der Werder-Zentrale eine Lücke, die der kampfstarke, technisch versierte Frings ausfüllte und sich zum Ankurbler der SVW-Offensive aufschwang. Besonders in der Rückserie verdiente er sich stets Bestnoten auf dieser Position und erzielte als zentraler Mittelfeldspieler seine meisten Treffer im Werdertrikot. Ursprünglich als Stürmer 1996 von Alemannia Aachen nach Bremen gewechselt, spielte Frings in den ersten Jahren zunächst im Angriff, wurde später jedoch zum Allrounder umfunktioniert und auf den Außenbahnen des Mittelfeldes oder gelegentlich sogar in der Viererabwehrkette eingesetzt, bevor er seine Wunschposition in der Mitte einnehmen konnte.

Vorliebe für Dortmund
Nach 162 Spielen (mit 16 Treffern) im grün-weißen Dress des SV Werder Bremen befand Torsten Frings die Zeit, die Gelegenheit und sich selbst als reif für eine Veränderung und wechselte zur Saison 2002/03 zum schwarz-gelben Ligakonkurrenten Borussia Dortmund - ein Jahr vor dem eigentlichen Vertragsende und gegen den Willen der Bremer Vereinsführung. Aufmerksame Beobachter der Werder-Szene hätten schon im März 2001 misstrauisch werden können, denn bereits da bekannte der Allrounder während eines Internet-Chats: „Am liebsten spiele ich in Dortmund. Dort ist die Stimmung schon sehr gut“. Bei der gleichen Veranstaltung bemerkte Frings allerdings auch: „Ich könnte mir sogar vorstellen, meine ganze Karriere beim SV Werder zu verbringen“.
„Werder versaut mir meine Karriere“
Nun, ein Jahr später war der Sinneswandel vollzogen, Frings zog es in den Pott: „Werder versaut mir meine Karriere“, und „Sie können noch so häufig versuchen, mich zu überreden. Selbst wenn wir Meister werden, würde ich nicht verlängern“, hieß es jetzt. Der Hintergrund seines Unmuts: Werder wollte seinen Mittelfeldstar unbedingt halten, offerierte, eine schlagkräftige Truppe um Frings herum aufbauen zu wollen. Doch der gebürtige Westfale war schon auf einen Wechsel zum BVB fixiert, wo er sich größere sportliche Erfolge als mit der Weserelf ausrechnete. Er unterstrich beharrlich, dass er spätestens nach Vertragsablauf ´gen Westen wechseln würde. So blieb den Bremern kaum eine andere Wahl, als noch die immerhin stattliche Summe von 8,5 Millionen Euro zu kassieren, statt Frings ein Jahr später ablösefrei ziehen lassen zu müssen.

Vom Lückenbüßer zum Vizeweltmeister
Frings Leistungssprung blieb auch DFB-Teamchef Rudi Völler nicht verborgen. Anfang 2002 berief er den damaligen Bremer zu den WM-Vorbereitungsspielen wieder in die Nationalelf (Frings DFB-Debüt war im Februar 2001, gegen Frankreich). Allerdings rückte der 26-Jährige zunächst nur als Lückenbüßer aufgrund von Absagen und Verletzungen anderer WM-Kandidaten ins Team. Nach den Länderspielen gegen die USA und Argentinien sah die Sache anders aus - der Allrounder hatte sich mit überzeugenden Auftritten seinen Stammplatz im Nationalteam erkämpft und das Ticket zur WM in Japan und Korea gelöst. Hier rechtfertigte Frings seine Berufung vollauf, spielte alle Partien und feierte mit dem Vizeweltmeister-Titel seinen bislang größten Erfolg.

Heißer Tanz gegen das Ex-Team
„Wenn einer noch grinst, wenn er nicht ins Tor trifft, dann weiß ich: Er spielt nur für sich und nicht für die Mannschaft“, kritisierte Torsten Frings jüngst einen BVB-Mitstreiter (gemeint war wohl Amoroso), was ihm einen Rüffel seitens der Dortmunder Vereinsführung einbrachte, sowie einen Platz auf der Ersatzbank (wie auch Amoroso) im darauffolgenden Spiel. BVB-seitig wurde diese Maßnahme als Schonung für das Werder-Spiel deklariert, damit Frings gegen seine Ex-Kollegen „Gas geben“ könne. Im Spitzenspiel gegen Bremen wird „Lutscher“ also auf jeden Fall wieder mit von der Partie sein. Werder-Trainer Thomas Schaaf, unter dem Frings 1999 DFB-Pokalsieger wurde, meint: „Torsten hat sicher viele gute Erinnerungen an Bremen und den SV Werder. Aber jetzt steht er auf der Gegenseite. Und damit muss er sich auseinandersetzen“. Nicht, dass Werder seinem ehemaligen Mittelfeldstar die Karriere versauen will - den Samstagnachmittag aber allemal.

André Schulin