3. Liga

Herrschaft der Wenigen

Beim Startschuss in ihre erste Saison war sie noch eine Wundertüte gewesen. Dann aber brauchte es nur wenige Wochen, ehe vier der 20 Auserwählten die Liga dominierten und den Rest des Feldes wohl schon auf Dauer aus dem Aufstiegsrennen ausschließen konnten. Dennoch gilt: Der nagelneue Unterbau hat nach einer halben Saison schon eine Menge erlebt und die großen Erwartungen bislang keineswegs enttäuscht.

Sieben ehemalige Bundesligisten, darunter ein Deutscher Meister, ein DFB-Pokal-Sieger und vier DDR-Titelträger waren am Start, als Ende Juli die eingleisige Drittklassigkeit ausgerufen wurde. Trotz aller Prominenz lag ein Teil des Reizes auch darin, dass sich einige Mannschaften noch niemals begegnet waren, so etwa Regensburg und Dresden oder auch der Unterbau von Werder Bremen und Unterhaching, die gleich in der ersten Runde miteinander zu tun bekamen. Über die Rolle der U23-Teams war lange diskutiert worden. Letztendlich störten sie nicht so sehr wie gedacht, zumal speziell Stuttgart und der FC Bayern das Niveau auch zeitweise hoben. Krass aber blieb das Gefälle der Zuschauerzahlen, die sich zwischen knapp 20.000 in Braunschweig (gegen Erfurt) und kaum 300 in Bremen (gegen Stuttgart II) bewegten. Wahre Welten taten sich auch sportlich bald auf. Was in den ersten Wochen noch beliebig wirkte, wurde allmählich zum Schaulauf der Elite, besonders des SC Paderborn, der die Hinrunde mit einem Kantersieg in Düsseldorf eröffnete und schließlich als souveräner Herbst- und Wintermeister abschloss. Die Ostwestfalen spielten den zwingendsten Fußball, hatten mit Frank Löning den besten Torschützen in ihren Reihen und führten die Liga zudem häufiger an als anderen Mannschaften zusammen.

Bis ganz an die Spitze schafften es ohnehin nur wenige, nämlich lediglich vier Vereine. Einer von ihnen war der FC Bayern II, dem ein prächtiger Start gelang und der als letztes Team der Liga seine erste Pleite kassierte. Aus dem Verfolgerfeld an die Fleischtöpfe zu kommen, versuchten auch noch Andere, so etwa Erfurt, der OFC und Unterhaching, die jedoch alle für den großen Sprung nicht konstant genug spielten. Als Letzter die Phalanx durchbrechen konnte noch der SV Sandhausen. Nach kurzem Zwischenspiel auf Rang vier traten auch die Kurpfälzer dann aber zur Seite und machten ab der elften Runde Platz für jene drei Klubs, die gemeinsam mit Paderborn fortan dauerhaft die Topplätze unter sich aufteilen sollten: Fortuna Düsseldorf, Union Berlin und Kickers Emden. Die Ostfriesen waren dabei nicht nur die größte Überraschung, sondern ein wahres Phänomen: Nicht weniger als sieben seiner 13 Saisonerfolge fuhr das Emmerling-Team mit einem einzigen Treffer ein – ganz im Stile von Juventus Turin. Zusammen mit den Eisernen, von denen man erst spät bemerkte, wie stark sie eigentlich waren, sollte Emden dem Tabellenführer in der Rückrunde nun eine heiße Verfolgungsjagd liefern. Düsseldorf, der aktuelle Vierte, hat sich eine bessere Ausgangsposition dagegen verspielt. Spannender aber dürfte wohl der Abstiegskampf werden. Hier sahen sich bislang Teams involviert, die zumindest heimlich etwas völlig anderes anvisiert hatten. Altmeister Braunschweig bekam schließlich doch noch die Kurve, ebenso wie die haarsträubend fehlgestarteten Jena und Aue. Die Stuttgarter Kickers waren nur an drei Spieltagen nicht Allerletzter, schossen erst im fünften Anlauf überhaupt mal ein Tor. Viel mehr als Abstiegskampf hatte man von ihnen aber auch nicht erwartet. Wer dagegen wirklich etwas schuldig blieb, waren Dresden und der Wuppertaler SV. Beide fielen zunächst überhaupt nicht ins Auge und rutschten durch ihre beklemmende Torungefährlichkeit dann immer weiter ab. Während Dynamo seine Lage eher verkannte, gab es beim WSV noch ein spätes Machtwort: Zwei Tage nach dem letzten Spiel des Jahres, einem verheerenden 0:3 gegen Emden, feuerte der Traditionsverein nach langem Stillhalten Trainer Christoph John. Es war die letzte von insgesamt fünf Entlassungen in einer aufregenden halben Premierensaison.
Maik Großmann