Europameisterschaft

Hochspannung in Gruppe H

Deutschland, Italien und Spanien sicherten sich im September endgültig die EM-Endrundenteilnahme; die Niederlande quasi ebenfalls, auch England kam dem Ziel sehr nahe. Brisant wurde die Lage in der Gruppe H, die drei punktgleiche Mannschaften an der Spitze ausweist.

Mit der torlosen Punkteteilung gegen die Türkei erledigte sich Österreichs Resthoffnung auf den zweiten Platz der Gruppe A, hinter Deutschland. Die Gäste waren einem Erfolg im Ernst-Happel-Stadion näher, vergaben durch Arda sogar eine Elfmeterchance (90., Debütant Pascal Grünwald parierte). Nur den zwei Punkten hinter der Türkei platzierten Belgiern blieb die theoretische Chance, sich noch auf Rang zwei vorzuarbeiten. Der 3:2-Erfolg der von Berti Vogts gecoachten Auswahl Aserbaidschans über Kasachstan war lediglich die geglückte Revanche für den 2:1-Hinspielsieg der Kasachen, hatte für die Tabelle jedoch keine Bedeutung.

Sehr viel offener verhielt sich die Situation in Gruppe B, wo nach acht Runden noch vier Teams um die beiden ersten Plätze ringen. Tabellenführer Russland (17 Zähler) trieb seinen Trainer Dick Advocaat fast in den Wahnsinn ob der vergebenen Chancen im Heimspiel gegen die Iren (15), bei denen sich Schlussmann Shay Given hervortat. Dessen Übungsleiter, Giovanni Trapattoni, rieb sich wegen des eingefahrenen 0:0-Unentschiedens zufrieden die Hände. Armenien (14) tauschte nach dem glatten 4:0-Auswärtssieg in der Slowakei (14) den Platz mit den Gastgebern. Alle Treffer fielen erst nach dem Seitenwechsel. Für die abgeschlagenen Mazedonier (7) verhinderte Ivanovskis 1:0-Siegtreffer (59.), dass Andorra seinen ersten Zähler einfahren konnte.
Der enttäuschende Zuschauerzuspruch von lediglich rund 18.000 Besuchern war anwesend, als die „Azzurri“ mit einem dünnen, aber verdienten 1:0-Heimsieg (85., Pazzini) gegen Slowenien (11 Punkte) ihre Endrunden-Qualifikation klar machten. So ganz brauchten die Gäste die Hoffnung noch nicht aufgeben, hinter Italien (22) als Zweiter der Gruppe C abzuschneiden. Die eindeutig besseren Karten sicherte sich mit dem 3:1-Sieg gegen die Färöer jedoch Serbien (14), das zudem noch ein Spiel in Hinterhand hielt. Auch Estland (13) blieb im Rennen. Die Balten besiegten Nordirland mit 4:1.

In Gruppe D spitzte sich alles auf ein Duell um die beiden ersten Plätze zwischen Frankreich (17) und Bosnien-Herzegowina (16) zu. Außenseiterchancen blieben für die drittplatzierten Rumänen (12), die sich in einem beiderseitig wenig überzeugenden Match 0:0 unentschieden von Frankreich trennten. Bosnien setzte sich in einem ruppigen Spiel (die Gästespieler Kalachev und Martinovich wurden per gelb-roter Karte vom Platz gestellt) mit 1:0 gegen die nunmehr abgeschlagene Mannschaft Weißrusslands (12 Punkte, aber nur noch ein Spiel) durch. Matchwinner war der frühere Wolfsburger Zvjezdan Misimovic.
Der achte Sieg im achten Spiel, ein ungefährdeter 2:0-Erfolg in Finnland, verschaffte den Niederländern (24) die nahezu hundertprozentige Gewissheit, als Sieger der Gruppe E den direkten Sprung in die Endrunde vollbracht zu haben. Schwieriger blieb die Prognose für Platz zwei. Schweden und Ungarn bewegen sich mit jeweils 18 Zählern auf gleichem Niveau. Vorteil für die Skandinavier: Sie haben noch ein Spiel mehr in Hinterhand und liegen im direkten Vergleich mit den Ungarn aufgrund der besseren Tordifferenz vorn. Das Handikap des Dreikronenteams: Einer der Gegner der beiden letzten Spiele heißt Niederlande, der andere, Finnland, genießt im skandinavischen Nachbarschaftsduell Heimrecht.

Israels 1:3-Niederlage in Kroatien hatte Folgen. Einerseits warf sie die Israelis (13 Punkte), für die nur noch nur noch ein Spiel aussteht, aus dem Rennen. Zum anderen trug sie zum Platztausch an der Spitze der Gruppe F bei, da Griechenlands (18) 1:1-Unentschieden in Lettland nicht ausreichte, die Tabellenführung zu behalten. Kroatien (19) drehte nach 0:1-Halbzeitrückstand die Partie durch einen satten Distanztreffer Modrics, sowie einem Doppelpack des eingebürgerten, gebürtigen Brasilianers Eduardo. Hilfreich dabei war gewiss, dass Israel ab der 50. Minute nur noch zu zehnt spielte (Rote Karte für Tal Ben Heim).

Englands (17 Punkte) Vorstellung gegen Wales war ernüchternd. Am Ende stand zwar ein 1:0-Erfolg über Wales, der die sichere Tabellenführung in der Gruppe G bestätigte. Trainer Fabio Capello erklärte jedoch, dass 20 Minuten guter Fußball nicht genug seien. Am Ende mussten die überlegenen Engländer noch froh sein, dass der völlig freistehende Earnshaw bei einem der seltenen Waliser Gegenstöße nicht den Ausgleich markierte und die fehlende Durchschlagskraft der „Three Lions“ bestrafte. Für die Schweiz (8) blieb nach dem 3:1-Sieg gegen Bulgarien noch die Chance erhalten, dem spielfreien Team von Montenegro (11) den zweiten Platz abzujagen. Gefeierter Held der Eidgenossen war Xherdan Shaqiri, dessen Dreierpack (45./62./90.) die 1:0-Gästeführung (9., Ivanov) der am Ende dezimierten Bulgaren (65., Gelb-Rot für Milanov) zum bedeutungslosen Zwischenstand degradierte.

Gruppe H avancierte mit drei punktgleichen Teams an der Spitze zur spannendsten Gruppierung in der EM-Qualifikation. Dänemark (13) schob sich dabei dank seines hoch verdienten 2:0-Sieges gegen Norwegen (13) vorläufig auf Rang eins. Im Gegensatz zu den Dänen und den ebenfalls mit 13 Zählern ausgestatteten Portugiesen verblieb den Norwegern nur noch eine Gelegenheit, ihr Punktkonto auszubauen, derweil die Konkurrenten jeweils noch zwei Spiele offen haben - darunter am 11. Oktober das direkte Duell in Dänemark. Islands 1:0-Erfolg über Zypern hatte nur statischen Wert.

Europa- und Weltmeister Spanien (18 Punkte) machte mit seinem 6:0-Sieg gegen Liechtenstein die Endrunden-Qualifikation perfekt. Mühsam quälte sich derweil Schottland (8) zu einem 1:0-Erfolg über Litauen, der die Chance aufrecht erhielt, in Gruppe I die Tschechen (10) noch vom zweiten Platz verdrängen zu können. Beide haben jeweils zwei Partien offen, doch Tschechien hat neben dem Zweipunkte-Vorsprung noch den Vorteil des gewonnenen direkten Vergleichs (ein Sieg, ein Remis) auf seiner Seite.

André Schulin