Bundesliga

Noch in der Findungsphase

Mehrere hilflose Vorstellungen, auch im eigenen Stadion, ließen durchblicken, dass dem Mittelfeld des FC Bayern bislang nur ein mäßiges Zeugnis ausgestellt werden kann. Kreativität und druckvolles Spiel kamen zu kurz, eine zwingende Offensiv-Formation drängte sich nicht auf. Die Ankündigung, viel Geld für einen „Kracher“ (Zitat K.-H. Rummenigge) ausgeben zu wollen, könnte die Verpflichtung eines Mittelfeldstrategen bedeuten.

Ballack-Abgang nicht kompensiert
Der einstige Bayern-Mittelfeldakteur Michael Ballack war während seines vierjährigen Engagements beim deutschen Rekordmeister des Öfteren damit konfrontiert, in der Öffentlichkeit seine Rolle zu definieren: Spielmacher oder Sechser - keines von beiden oder beides gleichzeitig? Führungsspieler oder nicht? Bei seinem Abschied war jedenfalls nicht zu leugnen, dass ein enorm torgefährlicher Spieler (107 Spiele/44 Tore) den Verein verließ. Viele Ballack-Treffer waren entscheidend; brachten entweder eine Führung oder führten unmittelbar zu einem Punktgewinn. „Seine Kopfball-Stärke fällt weg. Ich gehe davon aus, dass wir nun unser spielerisches Potential mehr ausschöpfen. Es wird mehr am Boden gespielt“, war FCB-Coach Felix Magath zunächst davon überzeugt, den Verlust mit dem vorhandenen Personal auffangen zu können. Relativ früh wurde klar, dass dies sich nicht wie gewünscht entwickelte.

Kreative ohne Bestform
Bayerns großem Hoffnungsträger für die kreativen Belange Bastian Schweinsteiger - ohnehin noch ein wenig in der Zwickmühle, ob er zentral oder links besser aufgehoben ist - fehlte, wie nahezu allen WM-Teilnehmern, in der ersten Saisonhälfte die Frische. Trotzdem kam der 22-Jährige von allen Mittelfeldakteuren Bayerns bislang auf die häufigsten Einsätze (15). Den Anspruch, ein Spiel über die gesamte Distanz leiten zu können, konnte er noch nicht bestätigen. Mehmet Scholl, nach wie vor technisch und schöpferisch auf Höhe der Dinge, steht nur für Kurzeinsätze zur Verfügung - seinem Alter und der körperlichen Verfassung geschuldet. Ein Muskelfaserriss beendete seine Verfügbarkeit für den Rest der Hinserie. Die weiteren Alternativen, Ali Karimi und Julio Dos Santos, konnten sich nicht empfehlen und stehen angeblich vor dem Abschied aus München. Karimis Vertrag läuft aus, für den Paraguayer Dos Santos könnte es allerdings nur eine Trennung auf Zeit sein, falls ein Ausleihvertrag (aus der Bundesliga zeigte der VfL Wolfsburg Interesse) zustande kommt. Inwiefern Sebastian Deisler das Vakuum in der Spielgestaltung beheben kann, bleibt abzuwarten. Schrittweise will der Langzeitverletzte seinen Platz in die Stammelf zurückgewinnen. Tempo, Ballfertigkeit und ein gutes Auge bringt er mit. Aber Deisler wurde in der Regel auf der rechten Seite eingesetzt - als Lösung für die zentrale Position müsste er sich erst noch beweisen, falls Magath diese Option ins Auge fassen sollte.
Ottl macht sich
Den Beweis, das Bayern-Spiel als Antreiber beleben zu können, hat Mark van Bommel zunehmend geliefert. Der Niederländer (fehlt gelb-gesperrt gegen Cottbus) wurde verpflichtet, als die Defizite in der FCB-Zentrale zu offensichtlich wurden. Die schwere Verletzung des abwanderungswilligen Owen Hargreaves (Wadenbeinbruch) durchkreuzte zudem Magaths Planung. Hargreaves’ Pech verhalf Youngster Andreas Ottl zu mehr Spieleinsätzen. Abwechselnd mit Demichelis, der teilweise in der Abwehrkette gebraucht wurde, übernahm der 21-Jährige die Absicherung im Rückraum des Mittelfeldes und lieferte ordentliche Vorstellungen ab. Als künftiger Lenker ist aber auch er nicht zu betrachten, ebenso wenig wie Routinier Hasan Salihamidzic, dessen Wirkungsbereich die Außenbahnen sind. „Falls einer im Rahmen von 30 Millionen Euro plus Gehalt auf dem Markt ist, sind wir bereit, einen Kracher zu holen“, erklärte unlängst Karl-Heinz Rummenigge, dass der FC Bayern zwecks Qualitätssteigerung für einen Stareinkauf tief in die Tasche greifen will - allerdings erst zur neuen Saison. Dies könnte durchaus ein kreativer Mittelfeldspieler sein, falls der vorhandene Kader dies nicht überflüssig macht.

André Schulin