Bundesliga

Quo vadis, Aufsteiger

Es gab Jahre, in denen die Bundesligaaufsteiger den Schritt in die höhere Klasse erstaunlich gut bewältigten. Der Durchmarsch der Lauterer, die aus der zweiten Liga kommend anno 1998 gar die Schale eroberten, ist der extremste Ausreißer im Positiven. Im Normalfall finden sich die Neulinge jedoch im nackten Existenzkampf um den Klassenerhalt wieder - das ist in dieser Saison nicht anders.

Cottbus: Nah am Ziel
Energies Rückrundenbilanz von 21 Punkten ist vorzeigbar - schon jetzt sind es mehr als in der gesamten Hinserie (17 Zähler), die Cottbus auf Rang 15, direkt hinter den Mitaufsteigern Bochum und Aachen abschloss. Dennoch sind die Lausitzer, mittlerweile Tabellenachter, mit ihren 38 Zählern noch nicht aus dem Schneider. McKenna, Rost & Co. galten bei Saisonstart als unangenehm bespielbares, massiertes Abwehrbollwerk, das vor allem im heimischen Stadion der Freundschaft die notwendigen Punkte einzufahren trachtet. So ganz bestätigte sich dieses Vorurteil nicht, auch wenn Werder Bremen diesen Eindruck unlängst (0:0, 27. Spieltag) bestätigt haben dürfte. Andererseits jedoch blieb Energies vermutete Heimstärke in der Hinrunde hinter den Erwartungen zurück. Zudem offenbarten drei Siege (in Dortmund, Berlin, Frankfurt) aus den letzten vier Auswärtsspielen, dass die Lausitzer sich nicht weigern, auch in der Fremde zuzuschlagen. Die wie Routinier Steffen Baumgart in allen 30 bisherigen Spielen eingesetzten Rumänen Vlad Munteanu (11 Treffer) und Sergiu Radu (12) verfügen über Offensivqualitäten, die Cottbus spielerisch aufwerten und unberechenbarer machen. An den Mitaufsteigern Bochum und Aachen sind Petrik Sanders Mannen vorbeigezogen. Bei einem Heimsieg gegen Leverkusen dürfte schon mal der Sekt kalt gestellt werden.

Bochum: Steigende Tendenz
Das Vergnügen der Mitaufsteiger, die sich im Laufe der Saison kurzfristig auf Uefa-Cup-Rängen sonnen konnten, teilt der VfL Bochum nicht. Noch nicht einmal ein einstelliger Tabellenplatz war bislang drin - der derzeitig gehaltene elfte Rang markiert die höchste Sprosse, die das Team von Marcel Koller bislang erklomm. 17 Spieltage verbrachte der VfL auf einem Abstiegsrang. Unter diesen Gesichtspunkten ist es bemerkenswert, dass Bochum nicht zu einem Schauplatz der immerhin zehn Trainerwechsel dieser Saison wurde. Dass Neuzugang Theofanis Gekas aufgrund seiner Treffsicherheit (derzeit mit 18 Toren bester BL-Goalgetter) den Verein umgehend wieder verlässt, ist für den VfL ein großer Verlust. Dem Griechen (wechselt nach Leverkusen) kommt das auf ihn zugeschnittene Bochumer Spiel zugute: viele Anspiele, viele Chancen - viele Tore. Eines davon bei der 1:2-Niederlage in Gelsenkirchen. VfL-Trainer Marcel Koller äußerte vor dem Rückrundenvergleich gegen die Knappen einen verständlichen Wunsch: „Unser Ziel muss sein, nicht nur - wie im Hinspiel - die ersten 20 Minuten gut zu stehen, sondern über 90 Minuten.“ Ein Überraschungserfolg gegen den Tabellenführer könnte bei der engen Tabellenlage sogar einen einstelligen Rang zur Folge haben. Positiv: Drei der letzten vier Spiele wurden gewonnen.
Aachen: Ruhe ist erste Alemannen-Pflicht
Dem ungewöhnlichen Trainerwechsel - Dieter Hecking bat nach dem dritten Spieltag um seine Freigabe für Hannover 96 und erhielt sie - folgte ein kurzfristiger Höhenflug in der Tabelle, der die Alemannia am siebten Spieltag auf den vierten Rang trug. Der neue Coach, Michael Frontzeck, maß der Momentaufnahme keine nachhaltige Bedeutung zu und sollte Recht behalten. Acht sieglose Spiele am Stück sorgten für Erdhaftung und einen Platz im Mittelfeld, was in dieser Spielzeit, bis seit wenigen Wochen, immer einer bedrohlichen Nähe zur Abstiegsregion gleichkam. Mit bislang nur 14 Rückrundenpunkten schnitt Aachen schlechter ab als die beiden Mitaufsteiger und belegt einen Abstiegsrang (16.). Besonders unerfreulich ist, dass die letzten vier Spiele allesamt verloren gingen. Drei davon allerdings gegen Teams, die um die internationalen Startplätze kämpfen. Das anliegende Kräftemessen mit der Hertha ist der erste von vier verbliebenen Gängen gegen Mannschaften, die derzeit noch nicht gesichert sind. Frontzeck beschwört Team und Umfeld, die Ruhe zu bewahren: „Wir werden nicht irgendwelche Harakiri-Aktion starten, sondern kontrolliert offensiv und defensiv kompakt agieren.“ Die kuriose Saison lässt tatsächlich noch vieles möglich erscheinen. Zum Beispiel, dass alle drei Aufsteiger sich retten. Dass sie komplett wieder rausrutschen, was kein Novum wäre, geht allerdings nicht. Cottbus hat bereits 13 Zähler mehr als das Schlusslicht aus Mönchengladbach.

André Schulin