Bundesliga

Rette sich, wer kann

Dass Mönchengladbach, trotz der starken letzten Saison - nach dem Wiederaufstieg - mit Abstiegssorgen konfrontiert werden würde, war nicht auszuschließen. Leverkusens Beteiligung hingegen kommt überraschend. Beide Klubs sind nicht als ausgewiesene Stammgäste im Abstiegskampf bekannt, gleichwohl, so ganz ohne Erfahrungen sind sie auch nicht.

Erfolgreiche Operation
In der Spielzeit 1989/90 zierten die Fohlen nach der Halbserie das Tabellenende der Liga. Man bediente sich also der üblichen „Erste-Hilfe“-Maßnahme: Trainerwechsel. Auf Wolfgang Werner folgte Gerd vom Bruch und das Rezept zeitigte Wirkung. Die „Fohlen“ mussten zwar bis zum 33. Spieltag auf ihre Gesundschreibung (= Klassenerhalt) warten, doch die Zahlen (11:23 Punkte in der Hinrunde, 19:15 Punkte in der Rückserie) rechtfertigten den Eingriff.

Maßarbeit
Auch in der Saison 1997/98 geriet Gladbach in Nöte, lag nach der Hinserie auf einem Abstiegsplatz (16.). Es kam was kommen musste: die Standardsituation Trainerwechsel. Bongartz ging, Norbert Meier kam. Besser wurde es allerdings diesmal nicht, und als Meier am 28. Spieltag seinen Sessel räumen musste, war Gladbach auf Platz 17 abgerutscht. Als „Retter“ kam Friedel Rausch. In einem denkwürdigen Saisonfinale schafften die „Fohlen“ am letzten Spieltag noch den Klassenerhalt (2:0-Auswärtserfolg in Wolfsburg): punktgleich, nur aufgrund der besseren Tordifferenz vor dem KSC.
Frühe Weichenstellung aufs Abstiegsgleis
Von einer solchen Punktlandung waren die Gladbacher in der nachfolgenden Spielzeit 1998/99 weit entfernt. Ab dem neunten Spieltag trugen sie die „Rote Laterne“ und behielten diese bis zum Schluss. Ohne den Antreiber Stefan Effenberg (ging zu Bayern) fehlte dem Team das kämpferische Element. Auch das bisher bewährte Hilfsmittel des Trainertausches (Rausch wurde durch Bonhof ersetzt) verfehlte seine Wirkung.

Bayers Trainer mit Abstiegskampf-Erfahrung
Die Beteiligungen Leverkusens im Abstiegskampf sind überschaubar. Lediglich zweimal in der Bundesligageschichte wandelte der Werksklub ernsthaft am Rande des Abgrunds, zunächst in der Saison 1981/82. Bis zum 14. Spieltag durfte Willibert Kremer damals als Coach die Fäden in der Hand halten. Bayer war zu dem Zeitpunkt auf Platz 14. Es übernahm Gerhard Kentschke. Unter dessen Regie rauschte Bayer sogar noch auf den 16. Rang herunter, was immerhin - da nur zwei Klubs abstiegen - noch den Klassenerhalt bedeutete. In der dramatischen Endphase verloren die Leverkusener nur eines der letzten fünf Spiele, gewannen zweimal und holten zwei Remis. Kentschke nutzte das nichts - er musste seinen Hut nehmen. Ein anderer aber blieb, der damals in Bayers Mittelfeld wirkte - Thomas Hörster, jetzt als Leverkusens Coach in einer vergleichbaren Situation wie 1982. Als Spieler konnte er den Abstieg vermeiden.
Rettung dank Münch-Treffer
Noch enger ging es in der Saison 1995/96 zu, als die Lauterer am letzten Spieltag in der Leverkusener Arena (damals noch Ulrich-Haberland-Stadion) gastierten. Beide Klubs waren akut abstiegsgefährdet und Bayer stand bereits mit einem Bein in der zweiten Liga, als Kuka die Lauterer Führung erzielt (58.) hatte. In der 82. Minute gelang Markus Münch der 1:1-Ausgleich - was Lauterns Abstieg, aber Leverkusens Rettung bedeutete.

Alles ist erlaubt
Der Treppenwitz, dass Münch, sieben Jahre nachdem er Bayer rettete, als Gladbacher seinen Ex-Klub Leverkusen im Abstiegskampf Richtung zweite Liga schießen könnte, entfällt, da sein Vertrag gerade erst (seit April) vorzeitig aufgelöst wurde. Dabei sollten die Gladbacher im Kampf um den Klassenerhalt alle Register ziehen - insbesondere gegen den Lokalrivalen Leverkusen, gegen den man schließlich bereits seit März 1994 (13 Spiele) auf einen Bundesligasieg wartet. Die Option Trainerwechsel hat Gladbach durch die Inthronisation Ewald Lienens (für Hans Meyer) bereits gezogen - mit dem Erfolg, dass die Heimbilanz seitdem makellos ist (drei Siege). Auch Leverkusen war in dieser Hinsicht bereits aktiv (Hörster für Toppmöller) und behält sich vor (oder auch nicht), noch einmal „die Reißleine“ zu ziehen. Erlaubt ist das alles - Hauptsache, man steigt am Ende nicht ab.

André Schulin