Saison 1967/68: Nürnbergs neunte Meisterschaft (Teil I)
von Günther Jakobsen
Jede Saison ein anderer Meister - auch im fünften Jahr ihres Bestehens wartete die Bundesliga mit einem neuen Titelträger auf: Max Merkel "schleifte" die Clubberer zum Erfolg. Im Regelwerk tat sich auch einiges. Erstmals durfte ausgewechselt werden.
Wofür der Kabarettist Wolfgang Neuss (Stachelschweine) vor der Saison noch milde belächelt wurde traf tatsächlich ein. "Der Club wird`s machen", hatte der als "Mann mit der Pauke" bekannt gewordene Neuss prophezeit. Zum neunten Mal in der DFB-Geschichte und zum ersten Mal innerhalb der Bundesliga-Ära hatten die Nürnberger die deutsche Meisterschaft ins Frankenland geholt. Um das Glück der Club-Mitglieder und Fans vollständig zu machen, wurde 1968 auch die neue Sportanlage am Valznerweiher fertig gestellt. Die Finanzierung wurde durch einen enormen Zuschauerzuwachs - dank des sportlichen Erfolges - erleichtert. Bereits am 23. Spieltag war die Marke des Vorjahres geknackt, am Ende hatten 610.000 Gäste den Club-Heimspielen beigewohnt. Damit stand Nürnberg gegen den Trend, denn in der Gesamtheit strömte eine runde Million Zuschauer weniger in die Stadien als im Vorjahr. 19.400 Besucher waren durchschnittlich pro Spiel zugegen. Auf den Torhunger der Bundesligakicker hatte dies keinen negativen Einfluss. 993 Mal landete das Runde im Eckigen - so oft wie nie zuvor.
Aachen endlich, Neunkirchen erneut am Ziel
Wie in der vorangegangenen Saison hatten sich zwei Teams durch die erfolgreich absolvierte Knochenmühle namens "Aufstiegsrunde" für die Bundesliga qualifiziert. Eines davon war ein guter alter Bekannter: Borussia Neunkirchen, das zuvor bereits zwei Spielzeiten (1964-1966) der Eliteklasse angehörte. Alemannia Aachen kam als Frischling hinzu. Nachdem man sich schon bei der Bundesligagründung durch die Nichtberücksichtigung benachteiligt sah und später in zwei Aufstiegsrunden scheiterte, kam Aachens Erfolg in Gruppe 2 als Erlösung nach jahrelangen Enttäuschungen daher. Als härtester Konkurrent (dem 1. FC Saarbrücken, Göttingen 05 und Tennis Borussia mangelte es an Durchschlagskraft) hielten die Offenbacher Kickers die Entscheidung bis zum letzten Spieltag offen und wurden schließlich um zwei Punkte distanziert. Um den kommenden Herausforderungen gewachsen zu sein, erweiterte man den Kader um zwei Kicker aus Uruguay, von denen sich zumindest einer (Troche) als Verstärkung erwies. In Gruppe 1 entbrannte ein heißer Kampf zwischen Neunkirchen und Schwarz Weiß Essen um den begehrten Spitzenplatz. Arminia Hannover, der FC Bayern Hof und Hertha BSC Berlin spielten nur Nebenrollen. Am Ende hatten die Borussen einen Punkt mehr auf dem Konto als die Schwarz-Weißen.
Gewöhnungsbedürftiges und Bewährtes
Eine längst überfällige Neuerung hielt mit Saisonbeginn Einzug: Jedes Team durfte einmal während der 90 Minuten einen Spieler austauschen, egal, ob aus taktischen Erwägungen oder durch gesundheitliche Erfordernis begründet. Die Keeper waren indes von einer weiteren Regelneuheit genervt. Sie durften den Ball beim Abschlag aus der Hand nur vier Schritte lang halten - ein Schritt mehr brachte dem Gegner einen indirekten Freistoß. Diese Vorgabe sollte das Spiel schneller machen, ein Zeitschinden durch die Torwächter ausschalten. "Diese Regel wurde von Leuten entworfen, die sicherlich noch nie im Tor gestanden haben", zürnte Nationalkeeper Hans Tilkowski. Gewöhnungsbedürftig war es allerdings auch, Tilkowski, den langjährigen Dortmunder, jetzt als Schlussmann der Frankfurter Eintracht zu sehen. Prominente "Überläufer" waren noch Werner "Eia" Krämer, der vom MSV zum HSV wechselte; Günther Herrmann, der nach etlichen Schalker Jahren wieder zum Karlsruher SC zurückkehrte; sowie die ehemaligen Gladbacher Stürmer Jupp Heynckes (zu Hannover) und Bernd Rupp (Werder), die es in den Norden verschlug. Der Ex-Herthaner und Ex-Duisburger Carl-Heinz Rühl hatte mit dem 1. FC Köln einen dritten Bundesliga-Unterschlupf gefunden. Tschik Cajkovski war nach wie vor Trainer des FC Bayern und nahm mit launigen Sprüchen so mancher schmerzhaften Situation, wie sie die 3:7-Demontage beim Club zweifellos darstellte, die Schärfe. "Du großes Gangster" titulierte er Franz Brungs charmant, der mit fünf Treffern die Bayern fast allein erschossen hatte. Brungs´ Treffer zum 7:1 markierte übrigens den 4.000 Bundesligatreffer. Für große Gangster mögen die Clubberer indes die Kölner gehalten haben, die ihren Gästen zum Warmspielen vor dem Match doch tatsächlich einen kaputten Ball unterjubelten. "Er war an den Nähten aufgeplatzt, und die Blase quoll heraus", berichtete das "Sport-Magazin".
André Schulin
Wofür der Kabarettist Wolfgang Neuss (Stachelschweine) vor der Saison noch milde belächelt wurde traf tatsächlich ein. "Der Club wird`s machen", hatte der als "Mann mit der Pauke" bekannt gewordene Neuss prophezeit. Zum neunten Mal in der DFB-Geschichte und zum ersten Mal innerhalb der Bundesliga-Ära hatten die Nürnberger die deutsche Meisterschaft ins Frankenland geholt. Um das Glück der Club-Mitglieder und Fans vollständig zu machen, wurde 1968 auch die neue Sportanlage am Valznerweiher fertig gestellt. Die Finanzierung wurde durch einen enormen Zuschauerzuwachs - dank des sportlichen Erfolges - erleichtert. Bereits am 23. Spieltag war die Marke des Vorjahres geknackt, am Ende hatten 610.000 Gäste den Club-Heimspielen beigewohnt. Damit stand Nürnberg gegen den Trend, denn in der Gesamtheit strömte eine runde Million Zuschauer weniger in die Stadien als im Vorjahr. 19.400 Besucher waren durchschnittlich pro Spiel zugegen. Auf den Torhunger der Bundesligakicker hatte dies keinen negativen Einfluss. 993 Mal landete das Runde im Eckigen - so oft wie nie zuvor.
Aachen endlich, Neunkirchen erneut am Ziel
Wie in der vorangegangenen Saison hatten sich zwei Teams durch die erfolgreich absolvierte Knochenmühle namens "Aufstiegsrunde" für die Bundesliga qualifiziert. Eines davon war ein guter alter Bekannter: Borussia Neunkirchen, das zuvor bereits zwei Spielzeiten (1964-1966) der Eliteklasse angehörte. Alemannia Aachen kam als Frischling hinzu. Nachdem man sich schon bei der Bundesligagründung durch die Nichtberücksichtigung benachteiligt sah und später in zwei Aufstiegsrunden scheiterte, kam Aachens Erfolg in Gruppe 2 als Erlösung nach jahrelangen Enttäuschungen daher. Als härtester Konkurrent (dem 1. FC Saarbrücken, Göttingen 05 und Tennis Borussia mangelte es an Durchschlagskraft) hielten die Offenbacher Kickers die Entscheidung bis zum letzten Spieltag offen und wurden schließlich um zwei Punkte distanziert. Um den kommenden Herausforderungen gewachsen zu sein, erweiterte man den Kader um zwei Kicker aus Uruguay, von denen sich zumindest einer (Troche) als Verstärkung erwies. In Gruppe 1 entbrannte ein heißer Kampf zwischen Neunkirchen und Schwarz Weiß Essen um den begehrten Spitzenplatz. Arminia Hannover, der FC Bayern Hof und Hertha BSC Berlin spielten nur Nebenrollen. Am Ende hatten die Borussen einen Punkt mehr auf dem Konto als die Schwarz-Weißen.
Gewöhnungsbedürftiges und Bewährtes
Eine längst überfällige Neuerung hielt mit Saisonbeginn Einzug: Jedes Team durfte einmal während der 90 Minuten einen Spieler austauschen, egal, ob aus taktischen Erwägungen oder durch gesundheitliche Erfordernis begründet. Die Keeper waren indes von einer weiteren Regelneuheit genervt. Sie durften den Ball beim Abschlag aus der Hand nur vier Schritte lang halten - ein Schritt mehr brachte dem Gegner einen indirekten Freistoß. Diese Vorgabe sollte das Spiel schneller machen, ein Zeitschinden durch die Torwächter ausschalten. "Diese Regel wurde von Leuten entworfen, die sicherlich noch nie im Tor gestanden haben", zürnte Nationalkeeper Hans Tilkowski. Gewöhnungsbedürftig war es allerdings auch, Tilkowski, den langjährigen Dortmunder, jetzt als Schlussmann der Frankfurter Eintracht zu sehen. Prominente "Überläufer" waren noch Werner "Eia" Krämer, der vom MSV zum HSV wechselte; Günther Herrmann, der nach etlichen Schalker Jahren wieder zum Karlsruher SC zurückkehrte; sowie die ehemaligen Gladbacher Stürmer Jupp Heynckes (zu Hannover) und Bernd Rupp (Werder), die es in den Norden verschlug. Der Ex-Herthaner und Ex-Duisburger Carl-Heinz Rühl hatte mit dem 1. FC Köln einen dritten Bundesliga-Unterschlupf gefunden. Tschik Cajkovski war nach wie vor Trainer des FC Bayern und nahm mit launigen Sprüchen so mancher schmerzhaften Situation, wie sie die 3:7-Demontage beim Club zweifellos darstellte, die Schärfe. "Du großes Gangster" titulierte er Franz Brungs charmant, der mit fünf Treffern die Bayern fast allein erschossen hatte. Brungs´ Treffer zum 7:1 markierte übrigens den 4.000 Bundesligatreffer. Für große Gangster mögen die Clubberer indes die Kölner gehalten haben, die ihren Gästen zum Warmspielen vor dem Match doch tatsächlich einen kaputten Ball unterjubelten. "Er war an den Nähten aufgeplatzt, und die Blase quoll heraus", berichtete das "Sport-Magazin".
André Schulin