Spitzenspiel mit tschechischer Prägung
von Günther JakobsenDas Bundesligaspitzenspiel HSV gegen Borussia Dortmund ist auch ein kleines Gipfeltreffen tschechischer Nationalspieler. Dabei treffen die Hamburger „Abwehr-Tschechen“ Tomas Ujfalusi und Milan Fukal auf ihre offensiv ausgerichteten Landsleute vom BVB, Tomas Rosicky und Jan Koller. Allesamt wichtige Spieler in ihren Teams.
Stammplatz nach Trainerwechsel
Das Kapitel Milan Fukal beim HSV schien ausgangs des Jahres 2001 schon beendet. Nur zwölf Einsätze in seiner ersten Saison (2000/01) und in der nachfolgenden Spielzeit von HSV-Coach Pagelsdorf, auch wegen Verletzungen, gar nicht berücksichtigt - die Trennung schien unvermeidlich. Dann musste jedoch Pagelsdorf seinen Hut nehmen und der neue Hamburger Trainer Kurt Jara formierte die Abwehr neu. Er setzte in der Viererabwehrkette auf den tschechischen Abwehrspieler, und Fukal nutzte diese Chance. Der von Champions-League-Teilnehmer Sparta Prag zu den Hanseaten gestoßene Nationalspieler etablierte sich auf den Außenbahnen der Abwehrformation, wo er seine Schnelligkeit ausspielen kann. Seine Kopfballstärke (vier Treffer in der letzten Saison) konnte der oft offensiv auftretende Tscheche in dieser Spielzeit noch nicht zu einem direkten Torerfolg nutzen.
Fels in der Abwehr
Sowohl beim HSV wie auch in der tschechischen Nationalelf stellt Tomas Ujfalusi eine tragende Säule in der Abwehr dar. Der 24-Jährige besticht durch Übersicht, Technik und einen großen Aktionsradius. Aus der Innenverteidigung der Hamburger ist Ujfalusi (kam im Dezember 2000 von Sigma Olmütz) nicht mehr wegzudenken. Deswegen zögerte man bei den Hanseaten nicht lange, den Vertrag vorzeitig bis 2007 zu verlängern. Neben der nationalen Konkurrenz (Bayern und Dortmund) hatten immerhin auch die Premiere-League-Klubs Arsenal London und der FC Liverpool Interesse am aufstrebenden Abwehrkünstler bekundet.
Nach kurzem Gezerre zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund um die Dienste eines der größten europäischen Fußballtalente wechselte Tomas Rosicky zur Rückserie der Saison 2000/01 für die damalige Bundesliga-Rekordablöse von 25 Millionen Mark von Sparta Prag zu den Westfalen. In der darauf folgenden Spielzeit trug der elegante Mittelfeldregisseur erheblich zum Titelerfolg der Schwarz-Gelben bei; mit fünf Treffern und - mehr noch - vielen exakten Pässen und Zuspielen auf seine Mitspieler. „Ich spiele für die Mannschaft, nicht für die Galerie“, gibt sich der auf dem Platz mit seiner perfekten Ballbehandlung und Übersicht auffällige 22-Jährige verbal eher zurückhaltend. In Tschechien wurde Rosicky zuletzt zweimal in Folge zum „Spieler des Jahres“ gewählt.
Der Vielseitige
Nicht nur aufgrund seiner Körpergröße (2,02 Meter) ist Jan Koller ein außergewöhnlicher Spieler. Die Profi-Karriere des gelernten Werkzeugmachers kam, obwohl er mit Sparta Prag 1995 tschechischer Meister wurde, erst in Belgien richtig auf Touren. Hier wurde er zweimal Torschützenkönig und gewann mit dem RSC Anderlecht zweimal die Meisterschaft (2000 und 2001). Diese Erfolge wurden in seiner Heimat registriert und mit der Berufung in die Nationalelf belohnt. Zur Saison 2001/02 kam Koller nach Dortmund. Der hoch gewachsene Stürmer ist nicht nur immens torgefährlich, er ist auch eine sichere Anspielstation bei weiten Schlägen in die Spitze und versteht es, seine Mitspieler geschickt in Szene zu setzen. Den Gipfel seiner Vielseitigkeit bewies Koller beim Gastspiel des BVB in München: Lehmann war verletzt, das Wechselkontingent ausgeschöpft. Koller musste ins Tor und überzeugte, in des Wortes reinster Bedeutung, auf ganzer Linie.
André Schulin