UEFA-Cup

Wehrlos überrumpelt

Trotz eisiger Kälte und Kunstrasen hielt Bayer in der ersten Halbzeit gut mit, lullte Spartak ebenso ein wie umgekehrt. Kaum drehten die Russen dann aber etwas auf, kam Leverkusen völlig aus der Ruhe und verschenkte hektisch zwei Elfmeter, die Moskau zum sicheren Heimsieg nutzte. Freiers Anschlusstor kam viel zu spät.

Bayer bekam genügend Zeit, sich an die unwirtlichen Bedingungen zu gewöhnen, denn der erste Abschnitt verlief reichlich reizarm. Moskaus erwartete Anfangsoffensive fiel nahezu aus, bis der Brasilianer Mozart eine Ecke hereinschlug und Kovac dank eines Fehlers von Rene Adler zu einer Kopfballchance kam (14.). Drei Minuten später ging Moskau wirklich beinahe in Führung, weil Adler sich wieder verschätzte und Kalinichenko das Spielgerät zukommen ließ. Dessen Querpass donnerte Titov aus zwölf Metern in die Wolken. Nach diesem kurzen Schreckmoment bekam Bayer das Spiel gut in den Griff, auch wenn ein verunglückter Barnetta-Abschluss lange Zeit die einzige Torszene blieb (9.). Zumindest defensiv gab sich Leverkusen aber keinerlei Blöße. Moskau schien eigentlich am Zug und hatte mit Pavlyuchenko und dem Brasilianer Welliton auch einen nominell gefährlichen Sturm. Bis zum wärmenden Pausentee tat die Platzelf trotzdem aber nichts anderes als Bayer, nämlich abwarten und lauern auf Lücken, die sich nicht auftun sollten.

Spartaks Energiesparmodus erwies sich als Methode, denn schon ein bisschen mehr Kraftaufwand brachte das Gleichgewicht sofort ins Wanken. Einen ersten Vorstoß Wellitons konnte Manuel Friedrich noch unterbinden (48.). Acht Minuten später aber hatte die Skibbe-Elf großes Glück, weil eine hohe Flanke von rechts wieder den Brasilianer erreichte und dieser völlig ungehindert aus kurzer Distanz an die Längsstange köpfte. Immer mehr fanden die Russen nun zu ihrer Stärke, dem schnellen und direkten Spiel, gespickt mit technisch hochansehnlicher Ballbehandlung. Auch ohne Kießlings Dummheit wäre Bayer insofern wohl fällig gewesen, dennoch war es völlig unnötig, wie plump der Nationalstürmer Torbinsiky im Strafraum umrempelte. Pavlyuchenko nahm das Geschenk an und verwandelte den Strafstoß sicher (63.). Das Spiel hatte nun eine Einseitigkeit, die man sich vor dem Wechsel nicht hatte vorstellen können. Wie im Training passten sich die Russen das Leder hin und her und wurden von Bayer so gut wie überhaupt nicht gestört. Gelegenheit zur Antwort bekamen die Deutschen gar nicht, weil sich Spartak so lange austobte, bis es 2:0 stand. Diesmal war es Adler, der den Strafstoß verursachte, jedoch wollte er nur ausbügeln, was seine Vorderleute verunstaltet hatten. Ehe Kalinichenko völlig allein vor Bayers Torwart stand und vor dem sicheren Einschuss von ihm umgesenst wurde, hatten die Gastgeber wie eine Spinne ihre Fäden die Pässe durch den Strafraum gezogen. Vom Punkt holte Mozart den Treffer nach (77.). Ein wenig bäumte sich Bayer nun noch auf und kam durch einen haltbaren Freier-Schuss sogar noch zum Anschluss (90.). An der gerechten Strafe für eine bräsige zweite Halbzeit änderte das aber gar nichts mehr. Nicht nur fehlte Bayer das technische Rüstzeug, sondern auch die entscheidende Reife, um den anvisierten Zähler tatsächlich mitzunehmen.
Maik Großmann