Bundesliga

Wenig Harmonie

Nur zwei Vereine tauschten in der Vorrunde ihren Übungsleiter aus, darunter befremdlicherweise der VfB Stuttgart, der wieder unglücklich einkaufte und genau wie im Vorjahr auch auf dem Rasen seinen hohen Ansprüchen nicht hinterherkam. Als der Meistertrainer fort war, schien der Schritt zur Genesung tatsächlich geschafft. Zu trauen scheint dem Frieden allerdings nicht.

Mit dem späten Erreichen der Nottür UI-Cup war die alte Saison noch so eben versöhnlich geendet. Trotzdem baute der VfB seinen Kader im großen Stil um – und lag erneut damit vielfach verkehrt. Raphael Schäfer durch Jens Lehmann zu ersetzen erwies sich zumindest kurzfristig noch als gelungener Kniff, ebenso wie Martin Lanig dem Mittelfeld durchaus Impulse gab. Mit Simak und Boulahrouz kamen aber erneut zwei streitbare Köpfe, die wie in der Vorsaison Bastürk und Cacau dem vorhandenen Kader eher aufgepfropft schienen als ihn tatsächlich auch sportlich zu verstärken. Als außerdem mit Gentner und Beck zwei unterschätzte Talente woanders erblühten, gab das dem Personalkonzept von Horst Heldt und Armin Veh endgültig den Anstrich von Glücklosigkeit. Die Hinrunde wurde unter diesen Voraussetzungen zum Schlingerkurs. Beispielhaft allein die ersten drei Spiele mit einem cleveren Sieg in Mönchengladbach, einer schlimmen Darbietung im Heimspiel gegen Leverkusen (0:2) und einem Duselerfolg über Hannover 96 (2:0). Aus den Derbys gegen Hoffenheim und Karlsruhe stahl sich der VfB dann erfolgreich davon, um gleich darauf in Dortmund baden zu gehen (0:3) und dann wiederum Werder Bremen wie gewohnt an die Wand zu spielen (4:1). Nach sieben Runden standen die Schwaben damit sogar auf Platz drei - doch gerade das tat ihnen keinen Gefallen.

Was folgte, war genau jener Einbruch, den man hatte vorausahnen dürfen, für den der Vorstand vor seinen seit jeher nicht geduldigen Fans allerdings einen Sündenbock brauchte. Nach Pleiten in Hamburg und Berlin und vor allem zu Hause gegen Köln geriet die Personalpolitik immer stärker in die Diskussion. Die Meistermacher Heldt und Veh trieb die Kritik auseinander, auch weil die Klubführung ihren Sportdirektor schützte und den Übungsleiter im Regen stehen ließ. Als über eine mittelfristige Trennung schon immer offener gemutmaßt wurde, ließ auch die Mannschaft den Trainer nun hängen, fuhr erst keinen Pflichtsieg gegen Bielefeld ein (0:0) und fiel dann in Wolfsburg entscheidend auseinander (1:4). Damit war es amtlich: Armin Veh, vor anderthalb Jahren noch auf Schultern getragen, war den Schwaben nicht mehr gut genug und musste sein Team - obwohl noch auf drei Hochzeiten tätig - an Markus Babbel abtreten. Dieser hatte nun wenig zu verlieren und sah sich prompt in der Rolle des Messias, kaum dass die Mannschaft erst Schalke (2:0) und dann gleich Cottbus (3:0) bezwang. Souverän waren die Siege zwar nicht, aber es waren nun mal Siege. Und so war es nur zu logisch, dass nach einem rauschenden Abschluss gegen die Bayern, als ein Traumtor kurz vor Schluss noch einen Punkt rettete, das Volk zu enthusiastischen Babbel-Fans wurde. Der Trainer müsse bleiben, so die Parole, ob mit Lizenz oder ohne, was der Vorstand nur zu gern bewilligte. Die Probleme allerdings scheinen nur aufgeschoben, nicht nur weil der Europameister ohne die nötige Ausbildung arbeitet, sondern weil auch er den gehobenen Ansprüchen kaum wird gerecht werden können. Der VfB Stuttgart 2009 besteht aus Lehmann, Tasci, Khedira und Hitzlsperger sowie immer noch viel zu sehr aus Mario Gomez. Der meiste Rest scheint beliebig und austauschbar und muss nun von Markus Babbel entweder zwanghaft zu einem Team geformt oder aber sorgfältig ausgelesen werden. In einer halben Saison aber ist das kaum zu schaffen.
Maik Großmann