Zwischen Extravaganz und Tragik
von Günther Jakobsen
Wer Brasilien, Argentinien und Uruguay in der Nachbarschaft hat, dem fallen kontinentale Erfolge im Fußball nicht in den Schoß. Diese bittere Erfahrung mussten die Kicker des kolumbianischen Verbandes (COLFUTBOL, gegr. 1924, FIFA-Beitritt 1936) in ihrer Geschichte immer wieder machen.
Die erste Millionenliga
Gleichwohl verlor das Spiel mit der Lederkugel für die Bevölkerung (mit 58 % mehrheitlich europäisch-indigener Abstammung) des nördlichsten Andenstaates nichts von seiner Faszination. In den 40er und 50er Jahren rühmte man sich in Kolumbien, die beste und reichste Liga der Welt zu unterhalten, die es sich leisten konnte, Ausnahmekönner wie Alfredo di Stefano (Millionarios Bogota) oder den Engländer Neil Franklin (Santa Fe/Bogota) zu präsentieren. Anno 1949 sollen 109 Profis aus aller Welt in Kolumbiens erster Liga ein nicht eben geringes Salär bezogen haben. Während auf Vereinsebene also höchstes Niveau erreicht wurde, musste man bis 2001 warten, um einen großen Wurf der Nationalelf zu feiern. Der 1:0-Finalsieg gegen Mexiko besiegelte Kolumbiens bislang einzigen Erfolg bei einer Südamerikameisterschaft (Copa America). Mexiko war auch Opponent des ersten offiziellen Länderspiels (Febr. 1938, 3:1 für Mexiko).
WM ohne Südamerikas beste Abwehr
Die Qualifikation zur WM in Deutschland endete enttäuschend für Kolumbien. Das Team von Trainer Reinaldo Rueda stellte mit nur 16 Gegentreffern in den 18 Spielen zwar die beste aller südamerikanischen Abwehrreihen, büßte als Sechstplatzierter - hinter Uruguay, das im Play-off an Australien scheiterte - aber jedwede Chance auf seine fünfte WM-Teilnahme ein. Für die Turniere 1962 (Vorrunde), 1990 (Achtelfinale), 1994 und 1998 (jeweils in der Vorrunde stecken geblieben) hatten sich die Kicker des Andenstaates erfolgreich qualifiziert. 1986 sollte Kolumbien eigentlich WM-Gastgeber sein; die entsprechende FIFA-Zusage lag vor. Finanzierungsprobleme sprengten jedoch diese Pläne und bescherten Mexiko als Alternativ-Ausrichter seine zweite WM. 1990, bei der WM-Endrunde in Italien, traf Kolumbien zum ersten Mal auf die DFB-Auswahl. In Gruppe D nutzte das 1:1-Unentschieden beiden Teams zum Einzug in die nächste Runde. Danach traf man in Freundschaftsbegegnungen noch zweimal aufeinander: 1998 (in Frankfurt, 3:1 für Deutschland) und 1999 (in Miami, 3:3).
Extravaganz und Tragik
Vor dem Testspiel gegen Deutschland sorgte Kolumbiens Keeper Luis Enrique Martinez (Independiente Santa Fe) unlängst bei einem Test gegen Polen für Schlagzeilen. Mit einem weiten Torabschlag riss er den polnischen Schlussmann Kuszczak unsanft aus dem Tiefschlaf und erzielte die zwischenzeitliche 2:0-Führung für seine Elf. Ein eher zufälliger und ungewollter Paukenschlag. Ganz anders, als sein für Extravaganzen berühmt/berüchtigter Vorgänger Rene Higuita, der lebenden Wundertüte im Tor der Kolumbianer. Sein Harakiri-Trick, einen aufs Tor kommenden Schuss - Arme angelegt, Körper nach vorn fallend - mit den Fußsohlen ins Feld zurück zuspielen, ist Legende. Auch Feldspieler, wie Faustino Asprilla und Carlos Valderrama (mit 111 Länderspielen Kolumbiens Rekordhalter) wurden weit über die Landesgrenzen bekannt. Traurige Berühmtheit erlangte der Fall des ehemaligen Nationalspielers Andres Escobar, dem bei der WM 1994 ein Eigentor im Spiel gegen die USA unterlief. Wenige Tage nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde der Abwehrspieler wegen des Eigentores erschossen. Hartnäckig hielten sich Gerüchte, dass der Täter nicht aus Enttäuschung, sondern als von der Wettmafia gedungener Killer agierte.
André Schulin
Die erste Millionenliga
Gleichwohl verlor das Spiel mit der Lederkugel für die Bevölkerung (mit 58 % mehrheitlich europäisch-indigener Abstammung) des nördlichsten Andenstaates nichts von seiner Faszination. In den 40er und 50er Jahren rühmte man sich in Kolumbien, die beste und reichste Liga der Welt zu unterhalten, die es sich leisten konnte, Ausnahmekönner wie Alfredo di Stefano (Millionarios Bogota) oder den Engländer Neil Franklin (Santa Fe/Bogota) zu präsentieren. Anno 1949 sollen 109 Profis aus aller Welt in Kolumbiens erster Liga ein nicht eben geringes Salär bezogen haben. Während auf Vereinsebene also höchstes Niveau erreicht wurde, musste man bis 2001 warten, um einen großen Wurf der Nationalelf zu feiern. Der 1:0-Finalsieg gegen Mexiko besiegelte Kolumbiens bislang einzigen Erfolg bei einer Südamerikameisterschaft (Copa America). Mexiko war auch Opponent des ersten offiziellen Länderspiels (Febr. 1938, 3:1 für Mexiko).
WM ohne Südamerikas beste Abwehr
Die Qualifikation zur WM in Deutschland endete enttäuschend für Kolumbien. Das Team von Trainer Reinaldo Rueda stellte mit nur 16 Gegentreffern in den 18 Spielen zwar die beste aller südamerikanischen Abwehrreihen, büßte als Sechstplatzierter - hinter Uruguay, das im Play-off an Australien scheiterte - aber jedwede Chance auf seine fünfte WM-Teilnahme ein. Für die Turniere 1962 (Vorrunde), 1990 (Achtelfinale), 1994 und 1998 (jeweils in der Vorrunde stecken geblieben) hatten sich die Kicker des Andenstaates erfolgreich qualifiziert. 1986 sollte Kolumbien eigentlich WM-Gastgeber sein; die entsprechende FIFA-Zusage lag vor. Finanzierungsprobleme sprengten jedoch diese Pläne und bescherten Mexiko als Alternativ-Ausrichter seine zweite WM. 1990, bei der WM-Endrunde in Italien, traf Kolumbien zum ersten Mal auf die DFB-Auswahl. In Gruppe D nutzte das 1:1-Unentschieden beiden Teams zum Einzug in die nächste Runde. Danach traf man in Freundschaftsbegegnungen noch zweimal aufeinander: 1998 (in Frankfurt, 3:1 für Deutschland) und 1999 (in Miami, 3:3).
Vor dem Testspiel gegen Deutschland sorgte Kolumbiens Keeper Luis Enrique Martinez (Independiente Santa Fe) unlängst bei einem Test gegen Polen für Schlagzeilen. Mit einem weiten Torabschlag riss er den polnischen Schlussmann Kuszczak unsanft aus dem Tiefschlaf und erzielte die zwischenzeitliche 2:0-Führung für seine Elf. Ein eher zufälliger und ungewollter Paukenschlag. Ganz anders, als sein für Extravaganzen berühmt/berüchtigter Vorgänger Rene Higuita, der lebenden Wundertüte im Tor der Kolumbianer. Sein Harakiri-Trick, einen aufs Tor kommenden Schuss - Arme angelegt, Körper nach vorn fallend - mit den Fußsohlen ins Feld zurück zuspielen, ist Legende. Auch Feldspieler, wie Faustino Asprilla und Carlos Valderrama (mit 111 Länderspielen Kolumbiens Rekordhalter) wurden weit über die Landesgrenzen bekannt. Traurige Berühmtheit erlangte der Fall des ehemaligen Nationalspielers Andres Escobar, dem bei der WM 1994 ein Eigentor im Spiel gegen die USA unterlief. Wenige Tage nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde der Abwehrspieler wegen des Eigentores erschossen. Hartnäckig hielten sich Gerüchte, dass der Täter nicht aus Enttäuschung, sondern als von der Wettmafia gedungener Killer agierte.
André Schulin