Auf bekannten Pfaden

Schon einmal geriet der VfB Stuttgart in den Verdacht, zu seinem Glück gezwungen worden zu sein. Als, aus finanzieller Not, Felix Magath mit Nachwuchskräften, den „Jungen Wilden“, ab 2001 einen erfrischenden Fußball spielen ließ. Verletzungen und Leistungsdellen etablierter Spieler führten heuer dazu, dass Armin Veh ebenfalls eine Verjüngungskur einleitete. Die Erfolge können sich sehen lassen.
Siege in den Topspielen
Kam man nach den ersten Spielen noch ins Spekulieren, ob dem VfB Stuttgart vielleicht eine harte Saison am Rande der Abstiegszone drohen könnte, hat sich die Lage vollkommen gedreht. Zur Erinnerung: Erst beim vierten Anlauf wanderten drei Heimspielpunkte auf das Konto, davor gab es zwei Niederlagen und ein Remis. Es fing schon wieder an, unruhig im „Ländle“ zu werden und Trainer Armin Veh ärgerte sich über die rein ergebnisfixierten Statements: „Dass ist typisch hier, dass immer kritisiert wird.“ Schnee von gestern. Mittlerweile, nach acht Spielen ohne Niederlage, muss gefragt werden, zu was die Schwaben fähig sind, in dieser immer noch für unvermutete Entwicklungen offenen Spielzeit. Die Siege gegen Schalke (3:0) und in Bremen (3:2) belegen, dass die Stuttgarter mit den Spitzenklubs Schritt halten können. Der glücklich zustande gekommene 2:0-Erfolg über den Hamburger SV zeigte zuletzt aber auch auf, dass der umgebaute VfB noch ein fragiles Gebilde ist.
Aufgefrischt
Einige Änderungen waren gewollt, andere nicht. Dass Kapitän Fernando Meira seit dem dritten Spieltag wegen Wadenproblemen nicht mehr auflaufen konnte, Markus Babbel nicht an die Form aus der Vorbereitung anknüpfte, Silvio Meißner nach seiner Schambeinverletzung in die zweite Reihe rückte, Ludovic Magnin in ein Leistungsloch fiel und Jon Dahl Tomasson (laboriert an einer Sehnenverletzung) sich nicht zwingend für die Startelf aufdrängte, zogen von Veh nicht geplante Umstellungen nach sich. Naheliegend war, dass den beiden neu verpflichteten mexikanischen Nationalspielern Ricardo Osorio (fehlt wegen Muskelfaserriss in Hannover) und Pavel Pardo, sowie dem aus Mainz transferierten Antonio da Silva Stammplätze zukamen. Dass aber die jungen Spieler wie Arthur Boka, Roberto Hilbert, Serda Tasci und Sami Khedira die Lücken derart beherzt ausfüllten, wie sie es bislang taten, konnte nicht vorausgesetzt werden. Gemeinsam mit den Routiniers des VfB-Kaders formten sie eine Einheit, die die anfänglichen Schwächen in der Abwehr abstellte und auf einen Stürmer mit einem grandiosen Lauf bauen kann.
Eisbrecher Gomez
Sechs Tore erzielte Mario Gomez in seinen 30 Spielen der vergangenen Saison, sieben sind es bereits jetzt, nach zehn Einsätzen. Das 21-jährige Stuttgarter Eigengewächs (seit 2001 beim VfB) ist der Eisbrecher der Stuttgarter - fünf Mal markierte er bereits die wichtige 1:0-Führung für sein Team; außerdem legte er vier Mal für Treffer seiner Mitspieler auf. Kein Zweifel, dass Gomez’ Vielseitigkeit (traf mit rechts, links und Kopf) und Effizienz enorm zum Höhenflug des VfB beitrugen, der aktuell bis auf Platz zwei der Tabelle führte. Ob die umgebrochene Mannschaft schon die Stabilität hat, sich in diesen Sphären zu halten, muss mit einiger Skepsis betrachtet werden. „Wir stecken in einem Umbruch, wollen natürlich vorne dabei sein. Und vielleicht können wir das auch, aber vielleicht können wir diese Erwartungshaltung auch nicht erfüllen“, meinte Armin Veh bereits im September sibyllinisch. An der Aussagekraft dieses Wortes hat sich seitdem - wen wundert’s - nichts geändert. Aber die Schwaben sind ganz offensichtlich auf einem guten Weg.
André Schulin