In allen neun Gruppen werden am Wochenende Punkte ausgespielt. Auf halber Strecke der Qualifikation stehen etliche Teams schon mit dem Rücken zur Wand. In mehreren Gruppen treten die derzeit Führenden zu richtungweisenden Duellen gegeneinander an.
In Gruppe A dürfte das Gastspiel der Belgier in Österreich darüber Aufschluss geben, ob die Mannschaft von Trainer Georges Leekens überhaupt noch in die Entscheidung um Platz zwei eingreifen kann. Nur ein Sieg könnte die „Roten Teufel“ noch heranbringen. Dietmar Constantini, Coach der noch ungeschlagenen Gastgeber, zeigt Respekt („Ein wahrhaft schwerer Gegner …“), glaubt aber nicht, dass seine „Adler“ gerupft werden: „Das Match ist aber nicht nur für Belgien wichtig, sondern auch für uns. Wir wollen Platz zwei verteidigen“. Den Ausbau der Tabellenführung erwartet man von der deutschen Elf, wenn es in Kaiserslautern gegen die noch punktlose Auswahl Kasachstans geht. Im Hinspiel, das Deutschland 3:0 gewann, saß noch Bernd Storck auf der Trainerbank des Gegners - nun ist es der Tscheche Miroslav Beranek. Der Ausfall von sechs wichtigen Akteuren macht es für den Underdog noch schwerer. Beranek geht es nur darum sich achtbar aus der Affäre zu ziehen.
Am Samstag sind alle sechs Teams der Gruppe B im Einsatz, die noch viele Optionen offen hält. Den mit neun Zählern knapp führenden Russen könnte ein Bigpoint gelingen, sollten sie in Armenien (7 Punkte) gewinnen. Die ebenfalls mit sieben Zählern ausgestatteten Iren (gegen Mazedonien) und Slowaken (in Andorra) gehen jeweils als Favoriten in diese Runde und sollten den Russen zumindest vorläufig als hartnäckige Konkurrenten erhalten bleiben.
Gruppe C bietet das Topduell zwischen dem zweitplatzierten Team Sloweniens (7 Punkte) gegen den Tabellenführer Italien (10) an. „Wir wissen, dass das keine einfache Aufgabe wird“, meint Gianluigi Buffon, der Kapitän der Squadra Azzurra. Wesentlich schwerer noch dürfte es für Serbien werden, sich für die Endrunde zu qualifizieren. Aufgrund von Zuschauerausschreitungen war das letzte Spiel der Balkankicker am grünen Tisch zugunsten Italiens entschieden worden (3:0); allerdings hatte die Elf von Trainer Radomir Antic auch zuvor enttäuscht. Gegen die noch ungeschlagenen, schwer einzuschätzenden Nordiren ist ein Sieg notwendig. Nordirlands guten Ergebnissen in Slowenien (ein 1:0-Auswärtssieg) sowie beim 0:0 gegen Italien steht die ernüchternde 1:1-Punkteteilung bei den Färöern gegenüber.
Unter normalen Umständen ist davon auszugehen, dass Luxemburg keinen Stolperstein für die unter Laurent Blanc restaurierte Equipe Tricolore darstellt. Auch wenn der dünne 2:0-Hinspielerfolg von Metz als nicht standesgemäß erscheint und die Luxemburger sich bislang beachtlich gut schlugen. Stürmer Karim Benzema befindet sich in Topform und die Nominierung der nach den WM-Vorfällen begnadigten Ribery und Evra dürfte auch keine sportliche Schwächung bedeuten. Ohne den Ausrutscher in Luxemburg (0:0) hätte Weißrussland sich die Tabellenführung schnappen können. Beim Gastspiel in Albanien dürften die Auswärts-Trauben für die Mannschaft von Bernd Stange höher hängen. In einem weiteren Spiel der Gruppe D müssen Gastgeber Bosnien-Herzegowina und Rumänien darauf bedacht sein, nicht noch mehr Boden zu verlieren.
In der von den Niederlanden dominierten Gruppe E steht nur eine Begegnung an: Das Gastspiel des verlustpunktfreien Tabellenführers in Ungarn. Robben (FCB), Janssen (Twente), Huntelaar (Schalke) und van Bommel (Milan) können verletzungsbedingt nicht mitspielen - eine Chance für die Ungarn, ihren derzeitig gehaltenen zweiten Platz zu sichern. Dank ihres 8:0-Kanterersieges über San Marino könnten die Magyaren im Erfolgsfall sogar per Tordifferenz auf Augenhöhe zum Gruppenfavoriten heranrücken.
Kroatien (10 Punkte) und Griechenland (8) haben die besten Aussichten, die beiden vorderen Platzierungen der Gruppe F unter sich auszumachen. Am Wochenende scheint es für die Griechen (auf Malta) einfacher zu sein, drei Zähler einzusammeln. Slaven Bilics Kroaten müssen zu den drittplatzierten und noch ungeschlagenen Georgiern (6) reisen. Im Spiel zwischen Israel und Lettland (jeweils vier Zähler) nutzt beiden Kontrahenten nur ein Sieg, um im Rennen zu bleiben. In der WM 2010-Qualifikation traf man sich zuletzt, und da hatte Lettland (ein Sieg, ein Remis) die besseren Karten.
Unmittelbar vor dem Nachbarschaftsduell Wales gegen England (Gruppe G) traf die Kelten ein schwerer Schlag: Gareth Bale, von Englands Coach Fabio Capello als bester Spieler der Premier League benannt, muss wegen einer Verletzung passen. Damit steigerte sich Englands ohnehin schon vorhandene Favoritenrolle. Der Führungsübernahme in der Gruppe steht nichts mehr im Weg; Tabellenführer Montenegro hat am Wochenende kein Spiel. Das Kräftemessen zwischen Bulgarien und der Schweiz (jeweils nur drei Punkte) hat derzeit keinen Einfluss auf die Lage in der Gruppe - beide liegen zu klar zurück.
Im skandinavischen Duell mit Dänemark könnte Tabellenführer Norwegen (9) mit einem Sieg den Fehlstart der Portugiesen (7) in die Qualifikation bestrafen und sich fünf Punkte von den Südeuropäern absetzen. Die Dänen (6) ihrerseits haben aber auch noch alle Möglichkeiten, sich im Kampf um die Spitzenplätze einzuschalten und die Spannung hochzuhalten. Das Spiel zwischen Zypern und Island führt die beiden abgehängten Schlusslichter der Gruppe H zusammen.
Der amtierende Europameister Spanien (9 Punkte) begrüßt im einzigen Wochenendspiel der Gruppe I mit Tschechien (6) seinen ärgsten Verfolger. Die beiden spanischen Sturmspitzen Torres (Chelsea) und Villa (Barca) konnten bei ihren Klubs zuletzt nicht die erhofften Tore erzielen, was Nationalmannschaftscoach Del Bosque unbeeindruckt lässt. „Sie freuen sich beim Team zu sein und ihre Qualitäten zu zeigen. Wir haben Vertrauen in sie …“
André Schulin
Ich hatte alles gegeben. Menschlich, sprachlich.
— Giovanni Trapattoni in einem Playboy-Interview über die legendäre Pressekonferenz bei Bayern München.