Außenseiter aus dem Kaukasus

von Günther Jakobsen12:14 Uhr | 06.10.2006

Seit 1991 ist Georgien unabhängig; zur Ruhe gekommen ist der am Schwarzen Meer gelegene Kaukasusstaat dadurch nicht. Auf einer Landesfläche von 69.700 km² (fast so groß wie Bayern) verteilen sich geschätzte 26 Volksgruppen. Die Regionen Abchasien und Südossetien fordern Autonomie und entziehen sich den Weisungen aus Tiflis. Aktuell ist zudem das Verhältnis zum nördlichen Nachbarn Russland stark angespannt - alles in allem keine idealen Bedingungen für Klaus Toppmöller, die Nationalelf voran zu bringen. Und die Gegner in der EM-Qualifikation sind hochkarätig…

Ein hartes Los
„Jvarosnebi“, Kreuzfahrer, werden die georgischen Nationalspieler genannt, in Anlehnung an das im Landeswappen abgebildete rote Kreuz auf weißem Grund. Ihrer Mission, sportliche Erfolge für das Fünf-Millionen-Volk einzufahren, konnte die Auswahl noch nicht gerecht werden. Erst der Zerfall der Sowjetunion ermöglichte den Aufbau eines eigenen nationalen Verbandes (GFF, Georgian Football Federation, gegr. 1990) der im Mai 1990 das erste Länderspiel, ein 2:2-Unentschieden in der Landeshauptstadt Tiflis gegen Litauen, ausrichtete. 1992 trat Georgien der FIFA bei und nahm seitdem an den Qualifikationen zu den großen Turniere des Weltverbandes teil, eine Endrundenteilnahme sprang jedoch weder für eine WM noch eine EM heraus. In der laufenden EM 2008-Quali haben es die vom Ex-Bundesligacoach Klaus Toppmöller (löste im Februar 2006 Alain Giresse ab) betreuten Georgier mit den WM-Finalisten Italien und Frankreich zu tun, außerdem wurden die Ukraine, Schottland, Litauen und die Färöer zugelost. Toppmöller spricht angesichts dieser harten Konkurrenz von einer „großen Außenseiterchance“ - nur die beiden Gruppenersten erreichen das Ziel. Nach zwei Partien bewegt man sich im erwarteten Bereich: Dem erhofft klaren Auswärtssieg bei den Färöern (6:0) folgte die 0:3-Heimniederlage gegen Frankreich. Das Freundschaftsspiel gegen die DFB-Mannschaft, die beide bisherige Vergleiche für sich entschied, ist die Generalprobe für das am 11. Oktober anstehende Spiel Georgiens gegen Italien, dem letzten Qualifikationsspiel im Jahre 2006.

„Vili“-Hochburg Freiburg
Der Großteil der von Klaus Toppmöller in den Nationalmannschaftskader berufenen Spieler steht bei osteuropäischen Klubs auf der Lohnliste; immerhin acht Profis schafften den Sprung in den Westen. Dank dem Freiburger SC, der die erste ausländische Anlaufstation für die Mittelfeldspieler Levan Kobiashvili (Schalke) und Levan Tskitishvili (Panionios Athen) war, sind einige georgische Auswahlspieler in Deutschland gut bekannt. Derzeit tragen die Nationalspieler Alexander Iashvili und Otar Khizaneishvili das Freiburger Trikot in der Zweiten Liga. 1860 Münchens Abwehrspieler Mate Ghvinianidze steht ebenfalls im erweiterten Kader. Gesetzte Abwehrstützen in der georgischen Mannschaft sind Kakhaber Kaladze (AC Mailand) und Zurab Khisanishvili (Blackburn Rovers). Über die reichhaltigsten internationalen Erfahrungen dürfte wohl Stürmer Shota Arveladze (60 Länderspiele) verfügen. Der 33-Jährige ist der älteste Feldspieler des Teams; er verdingte sich nach verschiedenen Engagements bei in Tiflis beheimateten Klubs bei Trabzonspor, Ajax Amsterdam, Glasgow Rangers und AZ Alkmaar, seinem derzeitigen Arbeitgeber. Arveladze ist allerdings angeschlagen, sein Einsatz fraglich. Wie schon erwähnt - ideale Voraussetzungen sehen anders aus.

André Schulin



Lieber mit Basler Meister als mit elf grauen Mäusen Zwölfter.

— Werder Bremens Präsident Dr. Franz Böhmert zur Saison 1994/95.