Berichte vom 6. Spieltag, Teil 1

von Günther Jakobsen19:47 Uhr | 15.09.2001

Bayern München - SC Freiburg 1:0 (0:0)
Nicht nur aus der Statistik der letzten Jahre ging hervor: Freiburg dürfte normalerweise
beim FC Bayern keinen Blumentopf gewinnen. Zudem ging der FCB nach dem
souveränen 2:0-Erfolg der letzten Woche in Dortmund gestärkt in die Partie. Freiburg
hatte die beschwerliche UEFA-Cup-Reise nach Puchov unter den dramatischen
Eindrücken des Terroranschlags zu verkraften. Bayern ohne Effenberg, Jeremies und
Scholl. Freiburg standen alle Stammspieler zur Verfügung.

Den besseren Start legte der Gast hin, aber Tanko scheiterte nach einem FCB-Abwehr-
Missverständnis an Kahn (10.). Bereits im Gegenzug die erste Bayern-Chance, doch
Zikitischwili rettete kurz vor Salihamidzic (11.). Nach ca. 20 Minuten ohne nennenswerte
Situationen vergab Iaschwili in der 32. Minute aus gut acht Metern mit einem Schuss
über das Tor. Bayern machte einzig mit einem Niko Kovac-Kopfball in der 43. Minute auf
sich aufmerksam. Doch das Leder ging einige Meter am Tor vorbei.
Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich das Bild nicht. Bayern mit mühevollen
Angriffen, aber kaum zwingend. Freiburg harmlos. Irgendwie merkte man beiden
Mannschaften die bedrückende Woche an. Einige Chancen wurden zwar
herausgespielt, doch erst ein Abstimmungsproblem zwischen Kondé und Diarra in der
letzten Minute ermöglichte Elber - der plötzlich alleine vor Golz auftauchte - den
Siegtreffer. Aufgrund der durchgehend leichten Überlegenheit war es ein verdienter,
wenn auch glücklicher Sieg für den Meister.


1. FC Nürnberg - 1. FC Kaiserslautern 0:2 (0:0)
Nach dem äußerst schwachen Bundesligastart hatte der in der 2. Liga souveräne
Aufsteiger Nürnberg den Überraschungstabellenführer aus der Pfalz zu Gast, der vor
allem durch seine starken Leistungen in den 2. Halbzeiten seiner Spiele beeindrucken
konnte. Nürnberg konnte Kapitän Driller endlich wieder von Beginn an einsetzen,
während Mittelfeldmann Stoilov ausfiel. Beim FCK fehlten die erkrankten Basler und
Marschall.

Die Clubberer starteten mit viel Druck. In den ersten 20 Minuten kamen die Gäste kaum
aus der eigenen Spielhälfte. Doch Driller (6.), Michalke (14.), Johansson (16.) und
Lars Müller mit einem 16m-Schuss (19.) vergaben die größten Möglichkeiten.
Ein Konter in der 21. Minute, den Ramzy freistehend abschloss, landete an der Latte. Drillers 20m-
Ball wurde von Keeper G. Koch im Gegenzug gehalten und läutete eine
ausgeglichenere Phase ohne Höhepunkte ein. Erst in der 40. Minute erhielt FCN-
Verteidiger Nikl freistehend vor G. Koch die größte Chance des bisherigen Spiels, doch
der Pfälzer Torhüter klärte glänzend.
Kämpferischer Gleichstand in der Zeit nach dem Pausentee. Doch Vorteile für den
FCN: Michalke (52.), Driller (54.) und Jarolim (59.) kriegten das Leder jedoch nicht
im Pfälzer Tor unter. Dann Lautern: Innerhalb von sechs Minuten sorgten die
treffsicheren Gäste durch Lincoln (67.) und Klos (73.) eiskalt für die Umkehrung des
Spielverlaufes. Die Moral der Gastgeber war somit gebrochen. Die letzte Viertelstunde
brachte keine nennenswerten Szenen mehr. Wenig verwunderlich.


Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach 3:3 (2:1)
Nach einem äußerst durchwachsenen Saisonstart stand der ambitionierte HSV ähnlich
der letzten Saison im unteren Tabellendrittel. Medien und Vorstand schossen sich
mehr oder weniger direkt im Vorfeld des Spieles auf Trainer Pagelsdorf ein. Die
Gladbacher konnten bis dato überzeugen. Der Sieg gegen den FC Bayern am ersten
Spieltag und die guten Auftritte des Torjägers Arie van Lent sorgten für Schlagzeilen.
Zuletzt gab es allerdings eine, wenn auch unglückliche, Niederlage gegen Leverkusen.
Der HSV musste wieder auf den erneut verletzten Barbarez verzichten, während bei den
Mönchen Eberl wieder einsatzfähig war, aber Münch den Vortritt lassen musste.

Nach zurückhaltendem Beginn weckte Gladbachs Witeczek HSV-Keeper Pieckenhagen
mit einem 35m-Freistoß: Gehalten (14.). In der selben Minute dribbelte sich
Jungstürmer Benjamin an Witeczek und Torhüter Stiel vorbei und schiebt aus 11m ein.
Etwas später drang Albertz in den Strafraum ein. Hausweiler legte ihn und Albertz
schoss den Elfer selbst: 2:0 (18.). Gladbach konterte. Ein Freistoß aus 17m wurde
erkämpft. Münch trat an, Benjamin fälschte unglücklich für Pieckenhagen ab: 2:1-
Anschluss (23.). Weitere Chancen auf beiden Seiten (Hausweiler, Bester und Ketelaer)
sorgten weiter für Spannung aber vor der Pause nicht mehr für Tore.
Gladbach startete besser in die 2. Hälfte. Als Korrell nach einer Direktabnahme
knapp übers Tor zielte (47.), gelang van Houdt aus kurzer Entfernung nach Münch-
Flanke der Ausgleich (56.). Bis zur letzten Spielminute konnten beide Teams keine
Möglichkeit nutzen (van Lent, Hertzsch, Witeczek und Präger vergaben). Dann der
Showdown in der 90. Minute: Albertz sorgte mit einem 22m-Schuss nach einer Freistoß-
Abwehr und Aufsetzer für das 3:2. Doch wieder versagte die HSV-Abwehr in der
allerletzten Minute: Mieciels 15m-Seitfallzieher, nachdem die Hamburger den Ball nicht
aus der Gefahrenzone bekamen, ließ Pieckenhagen keine Chance.


Bayer Leverkusen - FC St. Pauli 3:1 (1:0)
Leverkusen war sich sicher, gegen die in dieser Saison bieder auftretenden St. Paulianer
zu punkten, um ganz oben in der Tabelle dranzubleiben. Die Hamburger Kiez-Kicker
wären dagegen bereits mit einer Punkteteilung zufrieden gewesen.
Bayer verzichtete auf Zivkovic aus disziplinarischen Gründen, während Pauli seine
südamerikanischen Angreifer Marcao und Cenci nicht einsetzen konnte.

Das Toppmöller-Team übernahm sofort die Initiative und ließ Angriff auf Angriff gegen das Hamburger
Abwehrbollwerk laufen. Doch Neuville, Kirsten und Bastürk brachten ihre gute Chancen
in der ersten Viertelstunde nicht im Tor von Keeper Bulat unter. Das Spiel auf ein Tor
setzte sich fort. Die größte Tormöglichkeit der nächsten halben Stunde vergaben
Neuville und Kirsten in der 43. Minute. Doch als sich bereits alle auf ein torlosen Remis
zur Pause eingestellt hatten, konnte sich Ze Roberto am linken Flügel durchsetzen.
Seine Flanke verwandelte Ballack per Kopf zur verdienten Führung (45.).
Bayer stürmte nach dem Wechsel sofort weiter. Bastürk und Lucio vergaben, doch
war es wieder eine Flanke von Ze Roberto, die diesmal Kirsten (60.) aus kurzer
Entfernung verwandelte. Hochverdient. Erst als Ballack (Gelb-Rot wg. Foulspiel) die
Bayer-Truppe dezimierte, kamen die Gäste auf. Rath fälschte dann in der 79. Minute
einen Schuss von Meggle vom Sechzehner unhaltbar für Butt ins Bayer-Tor ab. Doch die
schnelle Antwort der Werkself ließ Pauli nur kurz vom Ausgleich träumen. Schneiders
Dribbling mit abschließendem 12-Meter-Abschluß entschied postwendend die
Partie.


Schalke 04 - Borussia Dortmund 1:0 (1:0)
Die politische Großwetterlage verlangte von den Lautsprechern beider Mannschaften,
diesmal auf die gegenseitigen verbalen Spitzen im Vorfeld zu verzichten. Die
Voraussetzungen waren zudem ähnlich. Beide Teams mussten am 11. September in
der Champions League antreten (Schalke 0:2;Dortmund 2:2). Beide fanden die
Ansetzungen der UEFA unverhältnismäßig und beide mussten zuletzt eher Federn
lassen: Schalke gegen Athen und der BVB gegen die Bayern. Ebbe Sand
(Trainingsrückstand) und Sunday Oliseh (Formkrise) standen nicht in der
Anfangself.

Hand in Hand standen alle Teams während der Schweigeminute auf dem Spielfeld.
Ein Zeitdokument.
So ging es auch die erste Viertelstunde weiter - man tat sich nichts. Doch plötzlich
übernahm der Ex-Dortmunder Andi Möller nach einem Kopfballduell zwischen Agali
und Kohler das Leder, ließ Kohler geschickt aussteigen und schoss stramm an
Lehmann vorbei ins Netz (17.). Nach einem Rosicky-Alleingang - er zielte knapp am
Tor vorbei - sorgten Freistöße von Böhme und nochmals Rosicky für Spannung. Ohne
Torerfolg. Zwei Möglichkeiten der Schalker durch Nemec und van Kerckhoven (beide
36.) stand vor der Pause nur noch Rosickys Freistoß-Versuch gegenüber, der eher als
gefährliche Flanke gedacht, von Keeper Reck rechtzeitig entschärft wurde (43.).
Wieder ein Freistoß. Diesmal nahm Möller aus 30 Metern Maß (51.). Lehmann konnte
den nassen, schnellen Ball allerdings entschärfen. Trotz Überlegenheit erarbeiteten
sich die Schalker zuwenig zwingende Chancen. Zudem blieben vereinzelte BVB-Konter
gefährlich. Oliseh (30m-Freistoß, 61.) und Stevic (aus halblinker Position, 70.)
scheiterten nur knapp. Acht Minuten vor dem Abpfiff stand dann Agali plötzlich allein vor
Torwart Lehmann. Sein gelupfter Ball strich jedoch knapp übers BVB-Gehäuse. Das
wars. Somit rückten beide Teams auch sportlich enger zusammen.


Werder Bremen - 1. FC Köln 1:1 (0:1)
Während die Kölner ihr erwartetes Soll in den ersten Spieltagen erfüllen konnten,
standen die Bremer bereits mit dem Rücken an der Wand. Zwar machte die
unglückliche 1:2-Niederlage beim Tabellenführer FCK in der letzten Woche Hoffnung,
weil es spielerisch besser lief, doch das 1:3 gegen den TSV 1860 den Spieltag davor
war doch sehr bedenklich. Trainer Schaaf ließ Herzog, Eilts und Ernst wieder auf der
Bank. Abwehrstammspieler Krstajic war zwar wieder fit, musste allerdings ebenfalls
draußen warten. Die Kölner starteten wieder mit dem letztmaligen Matchwinner Lottner,
doch Kurth und Donkov waren diesmal nur Reserve, Marco Reich wegen Krankheit
zuhause geblieben.

Die ersten 15 Minuten konnten nicht überzeugen. Werder konnte und Köln wollte
(noch) nicht. So fiel die Kölner Führung nach einer kläglich vergebenen Ailton-
Möglichkeit (13.) durch einen Freistoß (natürlich Lottner, 15.) äußerst überraschend.
Rost ohne Abwehrchance. In den nächsten zwanzig Minuten spielte zwar nur Werder,
doch vor dem Tor endet das oft zu umständlich angelegte Spiel für die Hausherren in
halbherzigen Aktionen. Bade im Kölner Tor wurde nur punktuell und wenig zwingend
geprüft. Die Zuschauer entließen die Bremer mit Missfallen in die Pause.
Nach einer kleinen Lottner-Aktion - Werders Abwehr blockte ab - kamen die
Platzherren dank Herzog (für Banovic) besser ins Spiel. Der Österreicher und Ailton
prüften Bade kurz hintereinander (56.), dann endlich der mittlerweile verdiente
Ausgleich. Goalgetter Ailton nahm dankbar eine gut getimte Tjikuzu-Flanke auf und
lochte kurz bevor Gegenspieler Sichone retten konnte im Kölner Tor ein. Doch die
Kölner besaßen in der Schlussphase die besseren Möglichkeiten. Donkov (76., 86.
und 90.) hätte das Spiel alleine entscheiden können, doch er scheiterte an Skripnik,
schoss am Tor vorbei oder setzte den Ball nur ans Außennetz. Auch Sichones Aktion
vor dem nahezu leeren Bremer Tor hätte der Kölner Sieg sein müssen. Bremen
enttäuschte wieder. Köln verlor zwei Punkte.


VfL Wolfsburg - VfB Stuttgart 0:2 (0:1)
Der schlechteste Start der Wölfe seit ihrem Bundesligaeinstieg legte die Nerven im
Umfeld der Mannschaft teilweise blank. Besonders die Abwehrleistungen konnten
bisher nicht überzeugen. Somit war ein Abstiegsplatz zum aktuellen Zeitpunkt das
Resultat. Der VfB konnte in den Heimspielen bei den Nullnummern nur Hausmannskost
abliefern, war Auswärts allerdings schon für Überraschungen gut. Der VfL konnte
Weiser, Nowak, Plassnegger und vor allem Abwehrchef Thomsen nicht einsetzen.
Stuttgart trat ohne Dundee, Todt und Schneider (alle verletzt) und den gesperrten
Wenzel an.

Der VfB hatte den besseren Start. Doch Rau und Reitmeier retteten gemeinsam vor
Ademahr (2.). Nach der ersten Kopfballchance von Youngster Kennedy (6.) gelang den
Schwaben der Führungstreffer durch Seitz (7.). Sein abgefälschter 25m-Schuss landete
leicht abgefälscht und unhaltbar im Winkel des VfL-Kasten. Das Spiel der ersten
Halbzeit wurde dann eindeutig vom VfB beherrscht. Vor den Toren blieb es allerdings
ruhig. Erst in der Schlussphase der 1. Hälfte sorgten Chancen für Ponte (39.), Bordon
(42.) und Ademahr (44.) für dezente Spannung.
Nach der Pause schienen die Wolfsburger stärker zu werden. Doch bissen sich die
Wölfe-Angreifer immer wieder in der sattelfesten VfB-Abwehr fest. Maric und Kühbauer
vergaben in dieser Phase den Ausgleich. Dann die 65. Minute: Kryger foulte den
schnellen Seitz und Balakov verwandelte den Foulelfmeter zum entscheidenden 2:0-
Endstand. Da die Wolfsburger an diesem Tag nichts mehr hinzuzusetzen hatten,
Akonnor und Petrov scheiterten in den letzten fünf Minuten, brachten die VfB-Spieler die
Punkte unter Dach und Fach.



Wie lange Lothar Matthäus mit seinen 38 Jahren noch spielt, ist für uns alle eine bewegende Frage. Wenn ich ihn und seine Fitness so sehe, würde ich sagen – warum nicht noch mit 60, wenn er das mit seinem Job als Bundeskanzler vereinbaren kann.

— Mehmet Scholl