Die Cottbuser Hinrunde bot eigentlich wenig Grund zur Freude. Sowohl mit der Kraft als auch der Disziplin bekam Energie überraschend Probleme, fand außerdem nie eine spielerische Linie, geschweige denn einen Weg zur alten Heimdominanz. Drei ausgewählte Siege waren aber dennoch schon genug, um den Hausfrieden soeben zu wahren und für die Rückrunde alle Türen offen zu halten. Inklusive Ausgang.
Grausige Starts war man in Cottbus gewohnt. Die Brutalität aber, mit der die TSG Hoffenheim in die Lausitz einfiel und gleich mit 3:0 gewann, sorgte für große Verstörung, zumal man sich als alter Ligahase gegen den Neuling doch einiges ausgerechnet hatte. Nun tat Energie sich umso schwerer. Mit großer Vorsicht sowie einer ersten Systemänderung reichte es zum 0:0-Mauerfest bei Hannover 96. Der erste Punkt war damit im Sack. Ehe erstmals auch ein Cottbuser Tor bejubelt wurde, musste es allerdings schon später September werden. Jenes 1:1 gegen Bochum war für sich eine weitere Enttäuschung. Eine Woche später aber siegte Energie bei seiner Lieblingsgegnerin Hertha und schaffte damit ein Kunststück, für das es kein zweites Mal reichen sollte, nämlich zwei Spiele in Folge nicht zu verlieren. Denn anschließend ging es wieder bergab – und zwar so weit, bis es weiter nicht mehr ging. Bitter besonders die Pleiten gegen Hamburg (1:2 in der 90. Minute) und daheim gegen Eintracht Frankfurt, als Cottbus ein 2:0 noch komplett aus der Hand gab. Zu schlecht platziert wirkte die Prasnikar-Elf aber wiederum nicht, da in vielen Spielen der Faden entweder verloren ging oder gar niemals gefunden wurde. Dass immer wieder auch Führungen vertändelt wurden, zeigte außerdem ein bisher unbekanntes Kraftproblem auf, das sich mit der spielerischen Armut nur noch potenzierte. Ein unattraktiveres Team als Energie Cottbus war gegen Mitte der Hinrunde daher schwerlich zu finden.
Dann aber überraschten die Lausitzer doch noch, erstens weil Bojan Prasnikar wie selbstverständlich im Amt blieb, zweitens weil sie tatsächlich noch zwei Mannschaften hinter sich ließen. Das Rezept war so einfach wie genial: Die erwartbaren Niederlagen (0:3 gegen Wolfsburg und Stuttgart, 1:4 bei den Bayern) nahm Cottbus ungerührt hin und konzentrierte sich auf die direkte Konkurrenz. Schon die Nicht-Niederlage in Bielefeld (1:1) war insofern ein bedeutender Schritt, effektiver aber noch der erste und einzige Heimerfolg der gesamten Hinserie (1:0 gegen Karlsruhe), mit dem überhaupt erst wieder der Anschluss gelang. Am 15. Spieltag setzte Cottbus dann ein Glanzlicht und siegte dank der durchdachtesten Saisonvorstellung mit 3:1 in Gladbach. Als wie aus Versehen auch noch ein Zähler aus Leverkusen hinzukam (1:1), wirkte die Hinrunde plötzlich fast schon akzeptabel. In Wahrheit aber wurden die Lausitzer bestens bedient. Kein anderes Team schoss so wenige Tore, schaffte es so selten von den Abstiegsplätzen weg und zeigte trotzdem nur so wenig Luft nach oben. Geschlossenheit und Leidenschaft waren immer Cottbuser Marken gewesen. In diesem Halbjahr aber stimmten weder Kampf noch Harmonie, geschweige denn die Disziplin, was sich speziell in Dimitar Rangelov, der zudem auch nur drei Mal ins Tor traf, mehrfach öffentlich zeigte. Platz 16, der letzte Notausgang zum Klassenerhalt, sollte Energie daher keine falsche Hoffnung sein, sondern vielmehr eine Warnung.
Maik Großmann
Eines Tages sagt Uli Hoeneß: Otto, das Training macht jetzt der Augenthaler. Du kannst schon mal die Wand streichen.
— TV-Lästermaul Harald Schmidt über Otto Rehhagel beim FC Bayern.