Betriebswirt im Kasten

von Günther Jakobsen15:01 Uhr | 08.06.2006

Die letzten Testspiele vor der WM waren nicht dazu angetan, Costa Ricas Gegnern aus der Gruppe A den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben. Mit ihrer dritten WM-Teilnahme innerhalb eines kurzen Zeitraumes festigten sich die Ticos als dritte Kraft des Nord- und Mittelamerikanischen Verbandes CONCACAF.

Kein Gold, aber Wohlstand
Costa Rica (Reiche Küste) nannten Kolumbus & Co. seinerzeit im 16. Jahrhundert den neu entdeckten Landstrich Mittelamerikas, in der Hoffnung, hier wertvolle Bodenschätze zu finden. Eine Fehleinschätzung, an mineralischen Rohstoffen ist Costa Rica sogar ausgesprochen arm. Dennoch entwickelte sich das kleine Land (4 Mio. Einwohner, flächenmäßig kaum größer als Niedersachsen) im regionalen Vergleich äußerst positiv, weist einen vorzeigbaren Wohlstand und hohes Bildungsniveau seiner Bevölkerung aus (mit 4,2 % die niedrigste Analphabetenquote Mittelamerikas). Die Ticos, wie sich die die Costaricaner nennen, gründeten 1921 ihren Fußballverband (FEDEFUTBOL) und traten sechs Jahre später der FIFA bei.

Nur die dritte Kraft
Das erste Länderspiel war im September 1921 ein 7:0-Erfolg gegen El Salvador. Ein durchschlagender Erfolg bei offiziellen Turnieren auf kontinentaler Ebene blieb Costa Ricas Kickern versagt; Mexiko und die USA dominieren den Fußball Mittel- und Nordamerikas und räumten bislang nahezu alle Pokale ab. Ein zweiter Platz beim CONCACAF Gold Cup 2002 (0:2 im Finale gegen die USA) steht für Costa Rica als größter Erfolg zu Buche. Bei Vorgänger-Turnieren des Gold-Cups konnten die Ticos allerdings mehrfach gewinnen. Nach 1990 (Achtelfinale) und 2002 (Vorrunde) erreichte Costa Ricas Nationalelf zum dritten Mal eine WM-Endrunde. Der dritte Platz, hinter Mexiko und den USA, der abschließenden Mittel- und Nordamerika-Ausscheidung sicherte die direkte Qualifikation. In Gruppe A trifft Costa Rica nur mit Ecuador auf einen gut bekannten Gegner. In acht Vergleichen gab es einen Sieg und zwei Niederlagen gegen den südamerikanischen Nachbarn. Fünf Spiele blieben ohne Sieger. Gegen Deutschland spielte man noch nie, die beiden Partien gegen Polen gingen verloren.

Erfolg mit Guimaraes
Trainer Alexander Guimaraes war bei allen WM-Auftritten der Ticos dabei. 1990 kam er als Mittelfeldspieler zu drei Einwechslungen, insgesamt spielte er 16 Mal für Costa Rica. Die WM-Teilnahme 2002 erlebte er bereits von der Trainerbank aus. Guimaraes ist gebürtiger Brasilianer. Als er elf Jahre alt war, zog seine Familie nach Costa Rica, wo er nach seiner Heirat mit einer Einheimischen zusätzlich zur brasilianischen auch die Staatsbürgerschaft seiner neuen Heimat annahm. Guimaraes’ professionelle Spielerkarriere (377 Spiele/95 Tore für drei Erstligisten, darunter der Topklub Deportivo Saprissa) war von Erfolgen gekrönt; vier Landesmeistertitel sammelte er ein.

Betriebswirt im Kasten
Für die WM in Deutschland berief Guimaraes neun Aktive in den Kader, die Costa Rica schon in Japan und Südkorea vertraten. Cesar Paulo Wanchope (CS Herediano) zählt dazu, der sich als einer der wenigen Fußballer des lateinamerikanischen Landes auch bei europäischen Klubs (u.a. FC Malaga, West Ham United, Manchester City) verdingen konnte. Nach auskurierten Knieproblemen soll der Stürmer gegen die DFB-Auswahl in der Startelf stehen. Kapitän Jose Porras stand 2002 noch nicht im Kader. Der 35-jährige Keeper spielt für den Rekordmeister Deportivo Saprissa, der mit sieben Spielern den größten Block stellt, gefolgt von fünf Aktiven des LD Alajuelense. Porras ist eine Ausnahmeerscheinung im Team, da er parallel zur Sportlerkarriere ein Studium absolvierte und nun als Betriebswirt antreten könnte - sein Klub Saprissa hat schon mit einem Angebot reagiert.

André Schulin



,,Yeboah hat gesagt: Das System ist nicht verstanden worden." - ,,Yeboah hat Schwierigkeiten, sich zu artikulieren."

— Jupp Heynckes, Trainer von Eintracht Frankfurt, bei SAT 1, nach einem 0:3 gegen Bayer Uerdingen.