Blamiert ins Achtelfinale

Nach dem 3:0 des Hinspiels schien Werder in Amsterdam mit einem Pausenremis schon ein zweites Mal über alle Berge. Dann aber vergaßen die Bremer alles je Erlernte und zeigten eine derart schlimme Leistung, dass sich die mitgereisten Fans fast verhöhnt fühlten. Hätte Wiese nicht gleich mehrfach glänzend pariert, die Hanseaten wären gar noch ausgeschieden.
Amsterdams Trainer ten Cate hatte keinerlei Grund zur Zuversicht, fehlten ihm doch nicht nur mehrere Stammspieler verletzt, sondern andere auch noch gesperrt. Mit geballter Offensive wollte er dennoch das Wunder irgendwie schaffen, und nicht mal zwei Minuten waren gespielt, als Sneijder tatsächlich das 1:0 auf den Fuß bekam. Wiese konnte zwar klären, aber seine Vorderleute machten weitere Fehler, und so geschah das wirklich einzige, was die Bremer hätten vermeiden müssen: ein sehr frühes Gegentor. Mertesackers verunglückte Abwehr brachte Leonardo frei zum Schuss und setzte Amsterdams Aufholjagd in Gang (3.). Werder hatte Glück, dass auch Ajax nicht gefestigt war und schien die Lage kurzzeitig auch verstanden zu haben. Weil Roger ihm freies Geleit gab, konnte sich Borowski bis zur Grundlinie durchspielen und klug in die Mitte auf Almeida geben. Ohne dass der sich wehren konnte, tickte das Leder von seinem Fuß aus kurzer Distanz ins Netz (13.). Was der Portugiese dann im Anschluss zeigte, machte den Bremer Anhang zunehmend böse. Nicht weniger als drei Mal wurde er von Diego und Klose optimal eingesetzt, vergab aber sämtliche Torchancen kläglich (15./29./38.). Mit Leichtigkeit hätte Werder hier das Weiterkommen klarmachen können, denn gerade nach dem Gegentor zeigte auch Ajax etliche Schwächen. Dennoch blieben die Hanseaten dauerhaft anfällig. Allein durch Leonardo (16.) und Sneijder (31.). konnten auch die Gastgeber zur Pause leicht wieder führen.
Vier Tore hätte Werder zum Ausscheiden nun noch fangen müssen, und tatsächlich kam dieses Szenario ernsthaft in Betracht. Eine Viertelstunde lang ging Ajax der Glaube ans Wunder zwar verloren, aber auf mehrfaches Bremer Bitten kam die Lawine dann doch ins Rollen. Zum wiederholten Male ließ Babel Pasanen auf links alt aussehen und gab in die Mitte, wo Huntelaar seine erstarrten Gegenspieler mit einem Drehschuss düpierte (60.). Eine einzige Chance erspielte sich Werder nun noch, als Klose allein vor Stekelenburg versagte (67.), sonst aber wehrten sich die Bremer nicht mehr. Wie eine Schülermannschaft ließen sie sich ausspielen, erlaubten Leonardo einen Fallrückzieher (64.) und Babel einen gefährlichen Schuss (66.), die Wiese aber heldenhaft parierte. Als Naldo und Mertesacker dann gemeinsam das 3:1 verschuldeten, hatte Ajax aber immer noch eine Viertelstunde Zeit für zwei weitere Treffer. Und Werder hatte nur noch Wiese. Hätte er nur drei Minuten später nicht glänzend gegen den sträflich freien Huntelaar pariert, statt einer Blamage hätte Werder gar den GAU erleben können. Zwei weitere Male noch rettete der Keeper in allerhöchster Not; am Ende hatte Werder gar Glück, dass Ajax die Kräfte schwanden. Wie eine Erlösung erlebten die Bremer dann schließlich den Schlusspfiff, den zu bejubeln sich aber niemand traute. Trotz des Ausscheidens waren es die einheimischen Fans, die ihr Team am Ende beklatschten, während der zahlreich mitgereiste Bremer Anhang einzig Tim Wiese feierte. Als lange nach dem Spiel schließlich noch Thomas Schaaf in die Werder-Fankurve eilte, wirkte es fast wie eine Entschuldigung.
Maik Großmann