Borussenduell

von dpa16.02.2007 | 13:38 Uhr

Die halbe Liga steckt im Sog der Abstiegsränge, darunter auch die beiden Borussias. Eine Rückkehr der „Preußen“ (Borussen)-Klubs zu altem Glanz und Gloria ist kurzfristig nicht absehbar, was in Mönchengladbach auch nicht erwartet wurde; in Dortmund jedoch hatte man sich insgeheim mehr ausgerechnet. Die Abschlussschwäche durchkreuzte höhere Pläne.

Letzter MG-Sieg vor neun Jahren
Das leichte Übergewicht der Mönchengladbacher in der Bundesligabilanz gegen Borussia Dortmund (25 Siege, 21 Niederlagen, 25 Remis) ist für den anstehenden Vergleich ohne Aussagekraft; ebenso wenig, wie ein ganz klarer Favorit im Borussenduell zu benennen ist. Der Auswärtsschwäche der Gladbacher - kürzlich durch den 2:0-Erfolg bei Arminia Bielefeld unterbrochen - steht Dortmunds dürftige Ausbeute auf eigenem Platz gegenüber (drei Heimsiege). Zur Betrachtung des letzten Gladbacher Sieges in Dortmund ist allerdings eine Rückblende auf den 31. Spieltag des Jahr 1998 erforderlich, als Jörgen Pettersson und „Kalla“ Pflipsen (Gegentreffer Julio Cesar) das 2:1 sicherstellten. Seinerzeit war die Tabellensituation für beide Klubs vergleichbar der jetzigen: Der BVB, auf Platz 8, war dem Tabellenende deutlich näher als der Spitze, während Gladbach, auf Platz 17, um den Klassenerhalt fürchtete. Erst am letzten Spieltag retteten sich die Fohlen. Einen einzigen „Überlebenden“ aus dem Spiel gibt es noch, der erneut am Borussenduell teilnehmen könnte: BVB-Urgestein Lars Ricken.

Keeper verhinderten Schlimmeres
Den Stammkeepern ist es am wenigsten anzulasten, dass man mehr oder minder mit dem Rücken zur Wand steht. Kasey Keller kam zwar nicht ohne punktuelle Schwächen durch die Hinrunde, rettete hinter einer oftmals überforderten Abwehr aber so manchen Punkt für Gladbach. Und Roman Weidenfeller unterstrich im bisherigen Saisonverlauf, eine Alternative für die DFB-Auswahl zu sein. Sein Fehltritt im HSV-Spiel sollte nicht überbewertet werden. Dedés Aktion traf die Dortmunder schon härter, denn der Brasilianer schadete seiner Elf nicht nur in Hamburg. Drei Spiele Sperre zog das rotwürdige Foul für den Linksverteidiger nach sich, dessen Vorstöße über links zuletzt wieder zu einem wichtigen Element der BVB-Offensive geworden waren. Nicht in gewünschtem Maße trumpfte der schwarz-gelbe Angriff auf, der mit Alexander Frei, Nelson Valdez und Ebi Smolarek spielerisch gutklassige Substanz aufweist, doch - Ausnahme Frei (acht Treffer) - im Abschluss zu viel ausließ. Das vor der Saison nicht unrealistische Ziel, an der UEFA-Cup-Platz-Peripherie eine Rolle zu spielen, geriet so außer Sichtweise.

So gut schießen die Preußen nicht
Mönchengladbach trifft die Torarmut indes noch härter. 16 Treffer sind Minuswert in der Liga. Der in den Vorjahren als Goalgetter und Scorer fungierende Oliver Neuville litt unter Verletzungen sowie Nichtberücksichtigungen von Ex-Coach Jupp Heynckes. Kahe hatte seine vier Saisontreffer bereits nach dem fünften Spieltag abgefeiert und Neuzugang Rafael Nando ist kein Vollstrecker. Das wäre schon eher Wesley Sonck, doch der Belgier tobte seinen Frust im Training an Teamkollegen aus. „Alles ist ausgeräumt“, erklärte VfL-Trainer Jos Luhukay die vereinsinterne Fehde als beendet. Verletzungen und Trainingsrückstände sorgten dafür, dass Sonck erst zweimal die 90 Minuten durchspielte, dazu kamen vier Teilzeitauftritte ohne Torerfolg. Erschwerend für Mönchengladbach ist, dass sich bislang auch kein Mittelfeldakteur durch Torgefahr auszeichnen konnte. „Das Passspiel trainieren, Bewegungsabläufe einstudieren und uns bei den Torabschlüssen Sicherheit holen“, gab Luhukay deshalb Mitte der Woche als Trainingsschwerpunkt für seine Offensivabteilung vor. „Eins-gegen-Eins-Situationen, Dribblings, Abschluss…“, lautete derweil das von BVB-Coach Jürgen Röber verordnete Programm, das die Treffsicherheit seiner Schützlinge fördern soll. Ob es was genützt hat, und für wen - das beantwortet das 72. Bundesliga-Borussenduell.

André Schulin