Ob 4-3-3 oder 4-5-1, Dänemarks Trainer Morton Olsen impft seinem Team beide Spielsysteme so ein, dass sie während einer Partie beliebig gehandhabt werden können. Nur ein Grund, warum der Europameister von 1992 für jeden Gegner unberechenbar und deshalb immer unbequem bleibt.
In der Gruppe 1 der Europa-Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika hatten es die Dänen mit den hoch eingeschätzten Teams aus Portugal und Schweden sowie den Ungarn und Albanern zu tun, die Olsens Elf auch jeweils mindestens ein Remis abringen konnten. Eine wahrlich gut besetzte Gruppe, in der Dänemark dennoch recht souverän Platz eins belegte. Den Grundstein für diesen Erfolg legte man durch Erfolge über die ärgsten Kontrahenten Portugal (3:2 und 1:1) und Schweden (1:0 und 1:0), die somit durchgehend auf Distanz gehalten werden konnten. Aufgrund von Verletzungssorgen musste Olsen in den zehn Begegnungen allerdings auf insgesamt 38 Spieler zurückgreifen, was für ein funktionierendes System spricht, das von den dänischen Auswahlkickern scheinbar absolut stimmig umgesetzt werden konnte. Als der Gruppensieger sein erstes und gleichzeitig letztes Spiel in der WM-Qualifikation abgeben musste (0:1 gegen Ungarn), war das WM-Ticket längst gebucht.
Auf die Achse Agger-Christian Poulsen-Bendtner wird der Coach beim Endturnier gegen die Niederlande, Kamerun und Japan indes kaum verzichten können, denn sie bildet das Herz seiner Mannschaft. Also mit Abwehrchef Daniel Agger vom FC Liverpool, der in jedes europäische Spitzenteam passen dürfte; dem Ex-Schalker Christian Poulsen als kompromisslosen „Sechser“, der zwar bei den enttäuschenden Turinern von „Juve“ kickte, im Nationalteam aber immer eine wichtige Rolle spielte, und nicht zuletzt mit Nicklas Bendtner, der sich mit seinen 22 Jahren beim FC Arsenal durchgesetzt hat, verfügt Olsen über außerordentliche Spielertypen. Hinzu kommen die erfahrenen, immer noch sprintstarken Außen Rommedahl und Grönkjaer, die zuverlässigen Mittelfeldarbeiter Daniel Jensen von Werder Bremen und Martin Jörgensen aus Aarhus (vorher AC Florenz) sowie die flexiblen Abwehrrecken Lars Jacobsen, Simon Kjaer, Patrick Mtiliga oder William Kvist und die soliden Schlussleute Thomas Sörensen bzw. Stephan Andersen. Zwischen diesen Stammkräften und der zweiten Garde klafft allerdings im Einzelfall schon ein Loch, doch Morton Olsen bewies gerade in der Quali, dass er Ausfälle durch seine akribische Vorbereitung in der Regel gut zu kompensieren weiß. Seit 2000 trägt der ehemalige Spieler des 1. FC Köln die Verantwortung für das besonders defensiv überaus erfolgreiche Team, das sich gute Chancen auf das Erreichen des Achtelfinales ausrechnen darf.
Dreimal erreichte Dänemark die WM-Endrunden. 1986 platzierte sich das Team in der Gruppenphase sogar als Erster vor den Deutschen, die 2:0 unterlagen. Gegen furios aufspielende Spanier war allerdings im Achtelfinale beim 1:5 Schluss. 1998 wurde Dänemark in der Vorrunde Zweiter hinter dem späteren Weltmeister Frankreich, fegte dann Nigeria mit 4:1 vom Platz und wurde erst im Viertelfinale mit viel Mühe in einer tollen Partie von Brasilien mit 3:2 gestoppt. Auch 2002 gelang in der Vorrunde der Gruppensieg vor Senegal, doch im Achtelfinale war gegen England (0:3) einmal mehr das Ende der Fahnenstange erreicht. Dänemarks immer noch größter Erfolg bleibt der verblüffende Titelgewinn bei der Europameisterschaft 1992 (für das Krieg führende Jugoslawien auf dem letzten Drücker ins Turnier gerutscht), wobei „Danish Dynamite“ den Deutschen im Finale verdient mit 2:0 die Show stahl.
Auch 2010 sollten die Dänen für die Niederlande, Kamerun und Japan ein besonders unbequemer Gegner werden, der an guten Tagen jedem noch so hoch gehandelten Favoriten ein Bein stellen kann. Sollte der Start gegen die Holländer gelingen, müssen sich alle weiteren Kontrahenten der Olsen-Elf, nicht nur aufgrund der zu erwartenden Witterungsbedingungen in Südafrika, warm anziehen.
Voraussichtliche Aufstellung: Sörensen – L. Jacobsen, Agger, Kjaer, Mtiliga (Kvist) – Jensen, C. Poulsen, Jörgensen – Rommedahl, Bendtner, Grönkjaer (Tomasson)
Nett? Das geht ja noch! Aber mitunter heißt es, ich sei zu anständig.
— Reinhard Saftig, entlassener Trainer bei Bayer 04 Leverkusen, auf den Vorwurf, er sei ,,zu nett."