Im englischen Fußball gibt es keine Trennung zwischen dem Posten des Trainers und dem des Managers. Sir Alex Ferguson, der hierzulande der Trainer, aber auf der Insel der „Manager“ von Manchester United ist, trägt die alleinige Verantwortung für den sportlichen Bereich. Mit der Entlassung von Felix Magath ist auch der Trainer englischen Typus in der Bundesliga gescheitert.
Nach seiner Entlassung bei Bayern München Anfang 2007 war Magath auf der Suche nach einer Arbeitsstelle, wo er die sportliche Oberbefehlshaberschaft ganz für sich alleine beanspruchen konnte. Mit dem Volkswagen-Werksverein VfL Wolfsburg fand er den richtigen Partner. Der Automobilkonzern hatte Millionen in seinen Fußballverein investiert. Doch seit dem Bundesliga-Aufstieg 1997 war bis dahin nur eine Teilnahme am UEFA-Pokal im Jahre 1999 herausgesprungen, obwohl im Konzern von Meisterschaften und der Champions League geträumt wurde. Magath brauchte nur zwei Jahre, um den Bossen ihren Traum zu erfüllen. Mit einer runderneuten Mannschaft belegte er nach seinen ersten 16 Spieltagen als Wolfsburger Trainer nur Platz 13 und hatte lediglich drei Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Dank einer starken Rückrunde zogen die Wölfe noch in den Europapokal ein. Und ein Jahr später holten sie den Meistertitel.
Magaths zweite Amtszeit in Wolfsburg begann ähnlich wie die erste. Nach dem Klassenerhalt in der Saison 2010/11 und einer schwachen Hinrunde in der Saison 2011/12 verpassten die Autostädter nur knapp die Europapokal-Ränge. Vor der aktuellen Spielzeit gehörten die VW-Kicker zu den Geheimtipps auf den Titel. Der Mainzer Trainer Thomas Tuchel ließ sich im „kicker“-Sonderheft sogar dazu hinreißen, auf den VfL Wolfsburg als Meister zu setzen. Doch dann stand dem Trainer Magath der Manager Magath im Weg. Mit Mario Mandzukic wurde der treffsicherste Stürmer verkauft, weil er eine Gehaltserhöhung vom Manager Magath haben wollte. Zudem wurde mit dem defensiven Mittelfeldspieler Petr Jiracek ein weiterer Leistungsträger abgegeben, den die Wölfe bislang noch nicht adäquat ersetzen konnten. Ohne Not baute Magath eine Mannschaft wieder auseinander, die in der Rückrunde der vergangenen Saison nach langer Anlaufzeit funktioniert hatte.
Nach der Entlassung des dreimaligen Meistertrainers in Wolfsburg wurden schon die Abgesänge auf den Bundesligatrainer Magath angestimmt. Ohne Frage: Die HSV-Legende muss ihre Machtfülle zurückschrauben, um bei einem Bundesligaklub wieder zu landen. Denn vor allem bei den etablierten Vereinen herrscht das „Checks-and-Balances“-Prinzip. Die sportliche Verantwortung wird gleich auf mehreren Schultern verteilt. Bezeichnend, dass der FC Schalke 04 als Nach-Nachfolger von Magath mit Huub Stevens einen Trainer holte, der sagt: „Nicht der Trainer, sondern der Verein ist das Allerwichtigste. Der Trainer ist den Zielen des Klubs verpflichtet, nicht umgekehrt.“
Welche Klubs können sich einen mächtigen Trainer nach dem Typus Magath überhaupt noch leisten? In Deutschland gibt es lediglich drei - die „Werksvereine“ aus Wolfsburg, Hoffenheim und Leipzig. Die Autostädter wollen nach dem Rauswurf von Magath die Posten des Managers und des Trainer wieder trennen. Die vom Softwaremilliardär Dietmar Hopp unterstützten Kraichgauer haben ihrem Trainer Markus Babbel vor ein paar Wochen mit Andreas Müller wieder einen Manager zur Seite gestellt. Und bei dem von einem österreichischen Gummibärchenbrause-Hersteller gegründeten RasenBallsport Leipzig, der sowieso nur ein Teil eines weltweiten Sportsponsoringkonzepts ist, wird die Verantwortung gleich auf mehreren international gestählten Schultern verteilt. Ralf Rangnick ist als Sportdirektor für die beiden Fußball-Zweigstellen in Leipzig und Salzburg verantwortlich. Gerard Houllier kümmert sich als sogenannter „Global Sports Director“ nicht nur um die beiden deutschsprachigen Vereine, sondern auch um den Klub in New York und die Jugendfußballschulen in Brasilien sowie Ghana. Aber Personen und Konzepte lassen sich austauschen, vor allem wenn ordentlich Geld zur Verfügung steht. Übrigens: Magath wurde in den vergangenen Jahren bereits zweimal (nach seiner ersten Saison als Schalker Trainer und nach seiner Entlassung bei den Königsblauen) mit einem Wechsel zum Leipziger Regionalligisten in Verbindung gebracht.
Senthuran Sivananda
Wir wollten alles holen und jetzt haben wir nur das Meiste geholt.
— Christian Streich