Ein ‚Giganten’-Duell (Brasilien-England), ein Aussenseiter-Treffen (Senegal-Türkei), eine Gastgeber-versus-Geheimfavorit-Partie (Südkorea-Spanien) und natürlich ein Spiel mit deutscher Beteiligung (GER-USA) - so sieht das WM-Viertelfinale aus. Der Ausblick.
Deutschland-USA
Wie schon in den Gruppenspielen demonstriert, setzten sich die Amerikaner auch im Achtelfinal-Prestige-Duell gegen den südlichen Nachbarn Mexiko mit einfachen fußballerischen Mitteln durch (2:0): In Ballbesitz wurde ohne Schnörkel der freie Mann gesucht, gefunden (hohe Laufbereitschaft!) und angespielt. Einzig Regisseur Claudio Reyna variiert das einfache Spiel mit technischen Kabinettstückchen. Die spielerisch bessere Mannschaft aus Mexiko scheiterte an der Effizienz beim Torabschluss. Eine Disziplin, die das amerikanische Team derzeit vorzüglich beherrscht und für das deutsche Team gefährlich macht.
Der wenig attraktive 1:0-Erfolg Deutschlands über Paraguay mit dem Last-minute-Treffer Oliver Neuvilles (88.) gab keinen Aufschluss über das Leistungsvermögen der Völler-Schützlinge. Die Südamerikaner waren nicht imstande, der deutschen Elf das ‚Letzte’ abzuverlangen - und so zeigte diese eben jenes auch nicht. Mit Minimal-Aufwand, aber verdient, ging Deutschland als Sieger aus dieser Achtelfinal-Paarung hervor.
Deutschland gegen die USA - so schnell kann man sich wiedersehen. Noch im März bezwang eine absagengeplagte DFB-Auswahl die Amerikaner im WM-Vorbereitungsspiel in Rostock mit 4:2. Beide Teams verzichteten damals weitgehendst auf taktische Zwänge und boten den zufriedenen Zuschauern ein offenes, attraktives Fußballspiel in dem die Völler-Elf (ohne Kahn, Ballack und Klose) mit zunehmender Spieldauer dominierender wurde. Den agilen Clint Mathis (beide US-Treffer) bekam die deutsche Abwehr allerdings nicht unter Kontrolle. Bei den Amerikanern fehlte deren Spielmacher Claudio Reyna (FC Sunderland).
Deutschland geht bei der WM als Favorit in die Begegnung und sollte dieser Rolle auch gerecht werden. Das ‚Spielermaterial’, die US-Defensive zu knacken, hat die DFB-Elf. Höchste Aufmerksamkeit ist allerdings bei den Kontern gefordert. Man sollte Kahns Extraklasse nicht überstrapazieren.
Südkorea-Spanien
Nach dem 2:1-Thriller gegen Italien, mit „Golden-Goal-Entscheid“ durch Jung Hwan Ahn (AC Perugia), zog Südkorea ins Viertelfinale ein. Die Karriere des Stürmers in ‚Bella Italia’ dürfte damit allerdings beendet sein. Die Azzuri fühlten sich bei dieser WM verschaukelt und witterten eine Verschwörung gegen sich. Nur wenige Stimmen wiesen darauf hin, dass man durchaus auch anders, offensiver, hätte spielen können. Sicherlich haderten die Azzuri in der ein oder anderen Situation zurecht mit dem Schicksal oder auch mit den Schiris - allein, es lag an ihnen, ihr zweifellos vorhandenes spielerische Potential optimal umzusetzen. Die viel zu destruktive Spielweise mit derart guten Fußballern war das falsche Trappatoni-Mittel.
Auch Spanien musste nachsitzen, um die nächste Runde zu erreichen. Nachdem die normale Spielzeit plus Verlängerung 1:1 remis endete, traten Spanier und Iren zum allseits beliebten Elfmeterschießen an. Die Hälfte der zehn Elfmeterschützen ‚versemmelte’ - unglücklicherweise für die Iren bildeten sie in dieser Gruppe die Mehrheit: Gaizka Mendieta (Lazio Rom) verwandelte als letzter Schütze zum 4:3 für Spanien nach Elfmeterschießen.
Das Viertelfinalspiel Südkorea gegen Spanien hat gute Chancen, ein WM-Highlight zu werden. Südkorea überzeugte bislang mit kompromisslosem Offensivspiel und Einsatzwillen. Die Spanier sind sicherlich die technisch bessere Elf, doch schon die Iren brachten das Camacho-Team an den Rand einer Niederlage. Mit dem begeisterungsfähigen Publikum im Rücken werden die Koreaner Raul & Co. alles abverlangen - bis zur letzten Minute und solange die Füße tragen.
England-Brasilien
Mit einer nicht erwarteten Souveränität gewannen die Engländer ihre Achtelfinalpartie mit 3:0 gegen Dänemark. In keiner Phase des Spiels gelang es den Skandinaviern, die Briten ernsthaft zu gefährden. Das Eigentor ihres Keepers Tomas Sörensen (FC Sunderland) in der 5. Minute schockte die Dänen. England setzte nach (23., 2:0 Owen/ 44., 3:0 Heskey) und gab das Spiel nicht mehr aus der Hand.
Wesentlich mehr Mühe hatte Brasilien, sich gegen die starken Belgier durchzusetzen. Der 2:0-Erfolg basierte dann auch nicht auf der besseren Mannschaftsleistung der Südamerikaner, sondern vielmehr auf dem Ausnahmekönnen ihrer Stürmer. Rivaldos (67.) und Ronaldos (87.) Treffer konnten nicht die von den Belgiern aufgedeckten Abwehrschwächen Brasiliens kaschieren.
Mit England und Brasilien treten in Shizuoka zwei selbsternannte Titelkandidaten gegeneinander an. Beide Teams zeigten im Turnierverlauf jedoch durchaus Schwächen. Brasilien offenbarte gegen Costa Rica und Belgien erhebliche Abwehrprobleme. England spielte 90 Minuten gegen Nigeria und eine Halbzeit lang gegen Schweden schwach. Das Team scheint gegenüber Brasilien aber ausgeglichener in den Mannschaftsteilen. Torgefährlicher als Brasiliens bisherige Gegner sind die Briten ohnehin. Ronaldo und Rivaldo müssen wohl wieder für die Selecao die Kohlen aus dem Feuer holen.
Senegal-Türkei
Der Senegal entpuppt sich zusehends als Hecht im Karpfenteich. Der letzte Afrika-Vertreter bei der WM steckte gegen Schweden einen 0:1-Rückstand weg und zog mit der ersten ‚Golden-Goal’-Entscheidung (104. Minute) in diesem Turnier in die Runde der letzten Acht ein. Henri Camara (CS Sedan) erzielte beide Treffer für sein Team.
Das frühe Tor der Türken durch Ümit Davala (AC Mailand) aus der 12. Minute entschied die Achtelfinal-Partie gegen WM-Gastgeber Japan. Eine nachfolgend konzentrierte Leistung der Schützlinge von Senol Günes reichte gegen die an diesem Tag uninspirierten Japaner, um relativ ungefährdet das Viertelfinale zu erreichen.
Der Senegal oder die Türkei - einer dieser beiden krassen Aussenseiter wird in den Kreis der letzten vier verbliebenen WM-Teilnehmer einziehen. Wer diesem Druck am Besten standhält, erreicht das Halbfinale. Beide Mannschaften haben in den Achtelfinals Nervenstärke bewiesen, wobei die Defensivabteilung der Türken im Vergleich zu den Senegalesen den besseren Eindruck hinterließ. Ein klarer Favorit dieser Partie ist nicht auszumachen. Möglicherweise wird etwas Unvorhersehbares die Begegnung entscheiden - wie ein Geniestreich des Hakan Sükür (AC Parma) etwa, wenn er nach den letzten Darbietungen überhaupt aufgestellt wird. Kann aber auch sein, dass El Hadji Diouf (RC Lens) den türkischen Strafraum umpflügt und den Ball hinter der Torlinie einpflanzt. Schaun mer mal.
Wer es nicht schafft, gegen den HSV zu punkten, sollte nicht auf dem Rücken eines Flüchtlings, der niemandem etwas getan hat, versuchen, einen Vorteil herauszuholen, sondern besser auf die eigenen sportlichen Fehler schauen.
— Daniel Thioune zu den Vorwürfen gegen HSV-Profi Bakery Jatta. Dessen Einsatz hatten mehrere Vereine zu Protesten veranlasst.