Deisler vor seinem C...

Einst gefeiert, dann verschmäht, und dann wieder von vorn. Sebastian Deisler kennt die strapaziösen Hochs und Tiefs aus dem Eff-Eff. Am Samstag beginnt das nächste Kapitel.
Sebastian Deisler und Comeback – das ist eine unglückliche, ja, beinahe schon verfluchte Verknüpfung. Besonders, wenn daraus eine Schlagzeile entstehen soll. Fünfmal wurde der 26-jährige bereits am Knie operiert, fünfmal hagelte es vorzeitige Entwarnungen, fünfmal war er so kurz davor, auf dem Sprung, zum Greifen nahe – und doch kam mindestens fünfmal alles anders, oder verzögerte sich bis ins Ungewisse, oder wurde der Erwartung nicht gerecht. Ohne den Psychodoktor spielen zu wollen, aber das kann doch nur an die Nerven gehen, oder? Dieses ständige Auf und Ab: erst der Wunderknabe, das größte Talent seit Franz Beckenbauer, die Hoffnung der Nation, Basti-Fantasti, und dann, der Wirbel um das Handgeld, sein Freundeskreis wird zur Sekte, das Max-Planck-Institut und zur Krönung Edmund Stoiber: „Deisler ist eines der größten Verlustgeschäfte, die der FC Bayern je gemacht hat.“ Bitter.
Daumen drücken, bitte
Was der Glühwein betankte Landesvater auf einer Weihnachtsveranstaltung der CSU herausposaunte, war nicht nur dumm, sondern in Anbetracht seiner zahlreichen Ämter auch noch reichlich rufschädigend. Darüber hinaus ist dies der Beweis: Die Karriere des schüchternen Basti wurde besungen wie kaum eine andere. Von jedem, wie es scheint, und in jeder nur erdenklichen Tonlage. Es gab Zeiten, nach der WM 1998 zum Beispiel, als der deutsche Fußball seinem Untergang entgegen stolperte, oder vor der WM 2002, als Kreativität gefragt war – ja, in diesen Zeiten sprach man besonders gerne über Deisler. Dabei wollte er das gar nicht. Der ganze Medien-Hype um seine Person, das war nichts für einen jungen und sichtlich überforderten Burschen. Also lassen wir das. Erinnern wir uns lieber an sein erstes Bundesligator im Anschluss an ein 60-Meter-Solo, damals noch im Trikot der Gladbacher. Vergessen wir hingegen die Berliner Tribünenzeit und die Münchner Verletzungsmisere. Wenn Deisler, wie verkündet, am kommenden Spieltag nach acht Monaten wieder im Kader der Bayern stehen wird, gilt es einfach nur die Daumen zu drücken. Und dann noch eine Bitte – bitte, keine Schlagzeilen lesen, die Deisler mit Comeback in Verbindung bringen. Das kann nämlich nur Unglück bedeuten.
Paul Linke