Klaus Toppmöller hat den kleinen Ort Rivenich an der Mosel, seine Geburts- und Heimatstätte, zumindest für Fußballinteressierte deutschlandweit auf die Landkarte gebracht. Mit Berichten über seine „kleine Kneipe“, deren Eigentümer Toppmöller ist, dokumentiert der einst erfolgreiche Torjäger des 1. FC Kaiserslautern und jetzige Bayer-Coach seine Volksnähe. Die Sprache seiner Spieler spricht er auch, sagt er. Derzeit dringt Toppmöller mit seinen Worten allerdings offensichtlich nicht durch. Nach einem, wenn auch titellosen, so dennoch erfolgreichen letzten Jahr mit Leverkusen steht der Verein momentan vor dem Abstiegskampf.
Selbstbewusst ins Getümmel
108 Treffer in 204 Bundesligaspielen lautet die überaus respektable Bilanz des Klaus Toppmöller, die er als Torjäger im Trikot des 1. FC Kaiserslautern (1972 bis 1979) erzielte. Mit zeitgemäßem Afro-Look und nicht gerade unterentwickeltem Selbstbewusstsein ausgestattet war Toppmöller ein Stürmer, der den Weg dorthin, „wo es wehtut“ - nämlich ins Getümmel des Sturmzentrums, nicht scheute. Gute Technik und viel Spielverständnis, sowie eine ausgeprägte Kopfballstärke waren die fußballerischen Pfunde, mit denen der „kleine Schweinehund aus Rivenich“ (Calmund-Zitat) wucherte. Dafür hielt er es mit der Lauffreudigkeit eher weniger. Im Mai 1976 feierte Klaus Toppmöller dann seinen Einstand in der Nationalelf. Beim 2:0-Erfolg im EM-Viertelfinalspiel gegen Spanien steuerte der Lauterer Goalgetter einen Treffer bei. Ein Autounfall wenig später unterbrach die DFB-Karriere abrupt. Erst 1979 berief Bundestrainer Jupp Derwall Toppmöller zu zwei weiteren Einsätzen im Nationaldress.
Viele Tore, kein Titel
Viele Tore konnte Toppmöller bejubeln, aber keinen Titelerfolg. Zwei dritte Plätze (1978/79 und 79/80) blieben die besten Ligaresultate mit Kaiserslautern. Nahe dran war er mit den Pfälzern in der Saison 1975/76, als Lautern ins DFB-Pokalfinale einzog. Pech für die „Roten Teufel“ und ihren Goalgetter: als mit acht Treffern erfolgreichster Torjäger im laufenden Pokalwettbewerb musste Toppmöller ausgerechnet im Finale aufgrund einer Verletzung passen - und der 1. FCK unterlag dem HSV mit 0:2. Vor dem Engagement bei den Pfälzern spielte Toppmöller bei seinem Heimatverein SV Rivenich und Eintracht Trier. Nach dem Bundesliga-Ausstieg (1980, wegen einer schweren Knieverletzung) überquerte der fußballverrückte Torjäger den „großen Teich“ - und spielte eine Saison für die „Dallas Tornados“. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück und verpflichtete sich beim FSV Salmrohr, mit dem er in Doppelfunktion als Spieler-Trainer bis in die zweite Liga (1986) aufstieg.
Die Krönung blieb aus
Nach Salmrohr hängte Toppmöller - abgesehen von seinen Einsätzen im Rivenicher Altherrenteam - die Fußballstiefel an den Nagel und lebt fortan seine Fußballleidenschaft als Trainer aus. SSV Ulm, RSV Petersberg, Wismut Aue, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, VfL Bochum, 1. FC Saarbrücken und schließlich Bayer Leverkusen bilden die zahlreichen Stationen seiner Lehrtätigkeit. Überall beschwor er den technisch feinen Offensivfußball und immer wieder gelang es ihm, diese Vorstellungen umzusetzen. Besonders die Erfolge mit Frankfurt in der Saison 1993/93, als die Hessen den „Fußball 2000“ zelebrierten und in Bochum, wo Toppmöller in der Spielzeit 1996/97 den Klub erstmals in den UEFA-Cup-Platz führte, brachten ihm den Ruf eines großen Motivators ein. Allein, die Krönung des Ganzen, ein Titelgewinn, blieb Toppmöller mit seinen Teams bislang versagt. Die dreifache Vizemeisterschaft mit Leverkusen aus der vergangenen Saison, wo die Mannschaft anerkannterweise den attraktivsten Fußball der Bundesliga, wenn nicht gar in Europa, ablieferte und dennoch am Ende mit leeren Händen dastand, ist schon beinahe als tragisch zu bezeichnen. Verdient, darin sind sich die breite Fußballanhängerschaft und Experten einig, wäre ein Titelerfolg allemal gewesen.
„Trainer des Jahres“ mit Problemen
Immerhin, eine Auszeichnung wurde Klaus Toppmöller zuteil: Deutschlands Sportjournalisten wählten ihn, vor Meister-Trainer Matthias Sammer und DFB-Teamchef Rudi Völler, zum „Trainer des Jahres 2002“. „Das ist eine schöne Anerkennung für das gesamte Trainer-Team von Bayer und für mich“, erklärte der Leverkusener Coach. Indes, lange durfte er sich über diesen Lorbeer nicht freuen. Bayer fiel in der aktuellen Spielzeit aus dem Fußballolymp und steht in der Bundesliga mit dem Rücken zur Wand. Die Abgänge der Schlüsselspieler Ballack und Zé Roberto konnten nicht kompensiert, die vorab als Hoffnungsträger gefeierten Neuzugänge Simak und Franca nicht integriert werden. Hinzu kam eine ausgeprägte Verletzungsmisere von Stammkräften, sowie eine die Mannschaft zusätzlich verunsichernde Torwartdiskussion.
„Kleine Fußbällchen“ gegen die Krise
„Andere haben weiße und rote Blutkörperchen, ich habe kleine Fußbällchen im Blut“, beschrieb Klaus Toppmöller seine Fußballbesessenheit. Diese „kleinen Fußbällchen“ dürften derzeit den Puls des Bayer-Coaches mächtig beschleunigen - angesichts der drohenden Abstiegsgefahr gerät auch sein Arbeitsplatz, vor der Saison bis 2005 verlängert, ins Wanken. Noch steht man bei Bayer hinter dem Trainer, der allerdings die Gesetzmäßigkeiten der Branche kennt: Bei anhaltendem Misserfolg wird auch ein „Trainer des Jahres“ keinen Artenschutz genießen. Dass er Mannschaften an die Spitze bringen kann, hat Toppmöller hinreichend bewiesen. Nun ist seine Kunst auf einem anderen Feld gefragt: Krisenbewältigung, heißt dieses.
André Schulin
Wir arbeiten jede Woche wie die Schweine, da können wir im Karneval auch mal die Sau raus lassen.
— Christian Beeck