Der mediterrane Fußballzwerg

von Günther Jakobsen11:36 Uhr | 26.05.2004

Sieben Länderspiele hat Malta gegen Deutschland ausgetragen. Sechs davon gingen verloren; die einzige Punkteteilung steht als herausragender sportlicher Erfolg in den Annalen des maltesischen Verbandes. Das frisch beigetretene EU-Mitglied als ernsthaften EM-Testgegner darzustellen, dürfte schwer fallen.

Lange Tradition, aber keine Erfolge
Kaum eine europäische Region musste derart viele Fremdherrschaften über sich ergehen lassen wie Malta. Unter anderem residierten auch die Briten auf der Mittelmeerinsel. Sie sorgten dafür, dass Fußball schon früh Verbreitung auf Malta fand. 1900 wurde der nationale Verband gegründet und in der Saison 1909/1910 die erste Meisterschaft ausgespielt. Schnell wurde Fußball Volkssport Nummer eins, doch bedeutende internationale Erfolge konnte das kleine Eiland (knapp 400.000 Einwohner) nicht erringen. Das 0:0 im Februar 1979 (in Gzira) aus der EM-Qualifikation gegen den späteren Europameister Deutschland stellt schon ein Highlight der Malteser-Fußballgeschichte dar.

International ohne Chance
Die Qualität der maltesischen Kicker reichte nie, bei führenden europäischen Klubs unter Vertrag genommen zu werden und sich so an internationalen Maßstäben orientieren zu können. Im aktuellen Kader steht mit Abwehrmann Luke Dimech auch nur ein Akteur, der sein Geld im Ausland verdient - und das beim viertklassigen englischen Klub Mansfield Town. Ein hierzulande alter Bekannter indes wird doch für Malta auflaufen: Michael Mifsud, der beim 1. FC Kaiserslautern 21 Bundesligapartien bestritt (2001 bis 2003). Der Stürmer spielt derzeit beim maltesischen Meister Sliema Wanderers, der die Korsettstangen der Nationalelf stellt. Der Platz zwischen den Pfosten gehört Mario Muscat (Hibernians FC), mit 54 Einsätzen einer der Routiniers im Team. Sechs gegen Deutschland nominierte Spieler haben weniger als fünf Länderspiele absolviert.

Abgeschlagen hinter anderen Zwergen
Maltas Landesauswahl wird von Ex-Bundesligaprofi Horst Heese trainiert. Er löste Siegfried Held ab, der die Mittelmeerkicker von Juni 2001 bis September 2003 betreute und mit dem Versuch, Malta für ein Topturnier zu qualifizieren, ebenso scheiterte, wie alle seine Vorgänger. Die EM-Qualifikation für Portugal endete mit dem frustierenden letzten Platz (ein Punkt) in Gruppe 1, noch weit abgeschlagen hinter den anderen Fußballzwergen Israel (neun Punkte) und Zypern (acht Punkte). Für Heese ist es der zweite Anlauf mit Malta. Zwischen Februar 1988 und Mai 1991 versuchte er erstmals, die Nationalelf nach vorn zu bringen. Die damalige Bilanz von drei Siegen, acht Unentschieden und 25 Niederlagen aus den 36 Spielen setzt schon einiges an Leidensfähigkeit voraus, einen weiteren Versuch zu wagen. Als Assistent steht ihm Carmel Busuttil zur Seite, mehrfacher „Fußballer des Jahres“ und während seiner 113 Länderspiele für Malta mit 23 Toren erfolgreich.

Der Roten Laterne überdrüssig
Busuttil soll als Nachfolger Heeses aufgebaut werden. Mittelfristiges Ziel ist es, wie Verbandspräsident Dr. Joseph Mifsud, vorgibt: „In den Qualifikationsspielen zu den Topereignissen des internationalen Fussballs den einen oder anderen Punkt mehr zu holen, als uns das in der Vergangenheit gelungen ist. Auch wollen wir nicht mehr ständig Gruppenletzter sein“. In der Qualifikation zur WM 2006 nicht Gruppenletzter zu werden - mangelndes Realitätsbewusstsein ist dem 129. der FIFA-Weltrangliste nicht vorzuwerfen.

André Schulin



Für mich als Aufsichtsratsvorsitzender des Bundesliga-Klubs Werder Bremen ist eine Welt zusammengebrochen. Hier wird der Fußball mit Füßen getreten.

— Franz Böhmert