Als feststand, dass 2006 die Welt zu Gast bei Freunden sein muss, wurde schnell klar, dass man weder einen Ronaldinho, noch einen Thierry Henry und schon gar nicht eine Victoria Beckham in Bretterbuden empfangen kann. Also machten sich alle Städte, die Spiele ausrichten dürfen, rasch an die Erneuerung ihrer alten Stadien.
In München hatten sie dafür bereits seit geraumer Zeit ein besonderes Unterfangen im Schreibtisch liegen: den Bau einer großbayerischen Fußball-Arena. Das Vorhaben wurde verwirklicht, das Teil gebaut und sorgt seither für erhöhte Unfallgefahr auf einem Teilstück der A9 kurz vor den Toren der Stadt. Beide Bundesligisten, so damals der Plan, sollten sich der Arena künftig annehmen, die Bayern und die 60er. Rund 66.000 Zuschauern würde sie nach Fertigstellung Platz bieten, dazu Luxus pur: VIP-Lounges, geheizte Sitze, womöglich Schwimmbad und Saunalandschaft. So träumte man.
Doch die Sache hat einen Haken: Um die Hütte voll zu kriegen, sollte man entweder über den Popularitäts-Grad des FC Bayern verfügen oder aber attraktiven Fußball spielen. Ziemlich schnell wurde deutlich, dass die 60er beides nicht bieten können. Und schon lagen die Nerven blank. Auch bei den Spielern: Je näher die WM rückte, desto schlechter spielten die Löwen. Einige Male entkamen sie dem Abstieg. Nach der Saison 2003/04 war dann wirklich Schluss; der Verein musste nach zehnjähriger Erstliga-Zugehörigkeit eine Etage tiefer.
Und damit begann, wie sooft, das Dilemma. Denn ob man in einer Spielzeit Partien gegen Schalke, Bremen, Dortmund absolviert und das Ganze noch zweimal im Jahr mit dem Derby gegen die großen Bayern garniert - oder gegen Erzgebirge Aue, Braunschweig bzw. Karlsruhe anzutreten hat, ist dem Fan logischerweise mitnichten egal. Die Arena stand in ihrer vollen weißen Muschel-Pracht am Rande der Autobahn, die Zuschauer drosselten das Tempo, verdrehten die Hälse, fuhren nur leider weiter.
Während die Bayern nach den Heimspielen auf den Statistik-Bögen ruhigen Gewissens die Zuschauerzahl weglassen könnten, weil eh klar ist, dass die Bude wieder mal ausverkauft war, kamen zu Partien der 60er "nur" knapp 40.000 im Schnitt. Ein für die Zweite Liga sensationeller Wert. Nur Schalke kann über einen ähnlich hohen Zuspruch berichten, als sie damals, Anfang der 90er, in der Zweiten Liga spielten. Mehr als doppelt soviel, wie der nächste in der Liste, Alemannia Aachen (ca. 18.000). Aber eben nicht hoch genug, wie sich jetzt zeigt. Denn wie bekannt wurde, drücken die Löwen gewaltige Schulden. Auf eine Zahl zwischen zehn und zwölf Millionen Euro taxiert der Vorsitzende der Geschäftsführung, Stefan Ziffzer, die Belastung. Und der wird es wissen.
Da das Leben in Deutschland unterhalb der Bundesliga-Grenze ein hartes und nicht mit der "Nach-mir-die-Sintflut"-Mentalität der Schulden-Könige aus Spanien, Italien, England oder Dortmund vergleichbar ist, macht natürlich die Aufsichtsbehörde Stress. Die Lizenzvergabe läuft nämlich über die Deutsche Fußball Liga (DFL), und die ist bekanntlich bürokratisch-skeptisch. So traut sie den 60ern den für die kommende Saison angekündigten Zuschauer-Schnitt von 32.000 nicht zu.
Woher die Leute ihre Vermutungen nehmen, ist unklar, jedenfalls sehen sie in ihrem visionären Eifer nur 20.000 in die Arena strömen. Das bedeutet, dass sie den Löwen zu ihren Schulden auch noch mächtig viele Auflagen aufs Auge drücken könnten. Etwa 7,5 Millionen Euro Verlust werde der Verein in dieser Saison machen, sagt Ziffzer. Das ist viel, aber Ziffzer wäre nicht der clevere Geschäftsmann, hätte er nicht bereits einen Plan B in der anderen Schublade seines Schreibtisches. So erwägt man nun den teilweisen Verkauf der Anteile am Stadion. "Wenn eine Änderung der Besitzverhältnisse am Stadion dazu beitragen könnte, die Strukturprobleme von 1860 zu lösen, wäre es nahezu kriminell, dieses Instrument nicht zu nutzen", so Ziffzer gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Und so könnten sie bald offiziell werden, was sie eigentlich immer gewesen sind: Ein Unterpartner des großen FC Bayern.
Ozan Sakar
Lokvenc ist nicht wirklich Bezwinger der Erdanziehungskraft.
— ARD-Moderator Gerhard Delling über FCK-Stürmer Vratislav Lokvenc.