Der wehmütige Blick zurück

von Günther Jakobsen11:27 Uhr | 29.08.2003

Von der großen Fußballbühne entfernt, fristen viele Traditionsvereine ein Dasein im Abseits und träumen von einer Renaissance im Fokus der Öffentlichkeit. Der DFB-Pokal bietet die Chance, sich wieder einmal zu zeigen und möglicherweise an vergangene sportliche Erfolge anzuknüpfen.

Kickers schrieben Pokalgeschichte
Die Offenbacher Kickers, derzeit im Mittelfeld der Regionalliga Süd beheimatet, treffen im Hessen-Derby auf Eintracht Frankfurt. In den 70er-Jahren war dies noch ein Bundesliga-Duell, das mit Vorteilen für die Offenbacher zu Buche steht: sieben Siege, fünf Niederlagen, zwei Remis. Zuletzt gastierten die Kickers in der Saison 1983/84 im Oberhaus. Neben so prominenten Persönlichkeiten wie Rudi Völler, Siggi Held und Uwe Bein, die einst in Offenbach spielten, blieb der Klub hauptsächlich aufgrund seines ehemaligen Präsidenten Gregorio Canellas im Gedächtnis. 1971 offenbarte er Unregelmäßigkeiten in der Ersten Liga, die als „Bundesligaskandal“ Geschichte machten. Den größten Pokalerfolg feierten die Kickers im August 1970, als sie, noch zweitklassig aber bereits als Bundesligaaufsteiger feststehend, mit einem 2:1-Sieg über den 1. FC Köln den Pott holten.

Mit Pepita-Hut war alles gut
In Zeiten der allgemeinen Revival-Manie dürften bei den Mannheimer Fußballfans die 80er-Jahre besonders angesagt sein. Zwischen 1983 und 1990 kickten die „Waldhof-Buben“ in der Bundesliga, in die sie ihr Pepita-Hutträger-Trainer Klaus Schlappner geführt hatte. Bekanntester Akteur dieser Ära war Jürgen Kohler, dessen Profikarriere 1983 in Mannheim begann. Heute spielt der Verein in der Oberliga Baden-Württemberg. Der größte Pokalerfolg der Mannheimer datiert aus dem Jahr 1940. Damals hieß der Wettbewerb noch „Tschammer-Pokal“ und Waldhof unterlag im Finale dem 1. FC Nürnberg mit 0:2. In der ersten Runde des diesjährigen DFB-Pokals trifft der SV Waldhof auf Union Berlin.

Likör bekam den Löwen nicht
Die wechselvolle Geschichte der bereits 1895 gegründeten Braunschweiger Eintracht erlebte ihren Höhepunkt im Jahr 1967, als das von Trainer Helmut Johannsen gecoachte Team um die Nationalspieler Horst Wolter und Lothar Ulsaß überraschend Deutscher Meister wurde. Als erster Bundesligaklub liefen die Niedersachsen im März 1973 mit Trikotwerbung auf, indem ein Hirsch (Jägermeister) den traditionellen Löwen im Vereinswappen ersetzte. 100.000 Mark kassierte der Verein dafür von seinem Sponsor, dem Likörfabrikanten Günther Mast. Sportlich zahlte sich diese Maßnahme nicht aus, der Verein stieg im selben Jahr ab. In der Folgezeit pendelte Braunschweig zwischen Erst- und Drittklassigkeit und belegt derzeit den Spitzenplatz in der Regionalliga Nord. Im Pokal treffen die Niedersachsen auf den 1. FC Kaiserslautern.

Vom Europacupteilnehmer bis zum Oberligisten
Dynamo Dresden, der achtfache DDR-Meister und somit auch langjährige Europapokal-Teilnehmer, müht sich derzeit in der Regionalliga Nord, wo das Team auf dem elften Platz rangiert. Nach der Wende qualifizierten sich die Dresdner für die Bundesliga, wo sie sich zunächst auch sportlich bewährten. Misswirtschaft seitens der Vereinsführung führte dann jedoch zum wirtschaftlichen wie sportlichen Niedergang, der den Klub bis in die Oberliga zurückwarf. Im DFB-Pokal kam Dynamo 1994 bis in das Halbfinale, wo Werder Bremen die Sachsen mit einem 2:0-Erfolg stoppte. In einem reizvollen Duell der Elbmetropolen erwartet Dynamo nun den Hamburger SV als Gegner in der ersten DFB-Pokalrunde.

André Schulin



Die erste wichtige Fußspitze des Abends geht an die Köpenicker.

— Wolff-Christoph Fuss, Sky, beim DFB-Pokalspiel RB Leipzig gegen Union Berlin.