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Der Wolfsburg-Effekt

von dpa05.10.2005 | 11:47 Uhr

Jedes Jahr gibt es so um den neunten, zehnten Spieltag herum beim Blick auf die Tabelle einen Aha-Effekt. Irgendeine Mannschaft nimmt eine Platzierung ein, die man ihr nicht zugetraut hatte. Vor vier Jahren stand Kaiserslautern nach dem ersten Saisondrittel auf Platz eins und schaffte es am Ende nicht einmal in den UEFA-Cup. Vor drei Jahren war es 1860 München, nach zehn Spielen auf Rang vier, am Ende im Niemandsland der Tabelle. Und vergangenen Herbst wollten sie in Wolfsburg nach gutem Saisonstart schon einen Balkon ans Rathaus kleistern, damit Klimowicz und Konsorten die Meisterschale präsentieren. Am Ende der Spielzeit stand für den Klub mit Müh´und Not ein einstelliger Tabellenplatz zu Buche.

Dieses Jahr scheint es der sechste Tabellenplatz von Borussia Mönchengladbach zu sein, der nicht so recht ins Bild passen will. Die Fohlen schnuppern am UEFA-Cup-Platz, oder was? Wer die Spiele der Gladbacher gesehen hat, wird dies sicherlich verneinen. Fußball internationalen Formats sieht anders aus. Recht rumpelfüßig und mit einem abgefälschten Verzweiflungsschuss wurde der erste Punkt gegen Wolfsburg errungen. Auf Schalke gab es ein glückliches 1:1, und beim ersten Saisonsieg gegen Duisburg profitierten die Fohlen zunächst von einem verschossenen Elfmeter der Gäste und hatten später beim Kullertor von Zé Antonio mächtig Dusel. Krönung des Ganzen war der beinahe unverschämte 2:1-Sieg gegen Werder Bremen. Nach 45 Minuten hieß es nur 0:1 statt eines verdienten 0:3, und dank eines absolut unerklärlichen Eigentores von Frank Baumann stand plötzlich ein glücklicher Sieg zu Buche.

Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen: Gladbach hatte in der vergangenen Saison viel Pech, da darf man auch einmal glücklich Spiele gewinnen. Der VfL wirkt momentan wesentlich kompakter in der Defensive, hat in Zé Antonio und Kasper Bögelund die fehlenden guten Verteidiger geholt und in Kasey Keller einen Torwart in Ausnahmeform. Zudem ist die Mannschaft auf dem Weg, endlich Ordnung im Mittelfeld zu erlangen. Die Borussia hat sich verbessert im Vergleich zur letzten Saison. Was aber dennoch überhaupt nicht angemessen ist, ist dieser sechste Platz. Gut, einen Balkon müssen sie am Alten Markt in Gladbach nicht bauen, den haben sie zudem schon, aber UEFA-Cup-Träumereien müssen unterbunden werden. Mit dieser Erwartungshaltung tut man vor allem Horst Köppel keinen Gefallen, der einfach nur in Ruhe arbeiten will. Der ehemalige Wolfsburg-Coach Erik Gerets lässt grüßen.

Man sollte eine Tabelle am besten erst so ab dem 25. Spieltag betrachten dürfen. Vorher nicht. Als Borussia Mönchengladbach am ersten Spieltag der Saison 1998/1999 3:0 gegen Schalke gewonnen hat, habe ich die Tabelle ausgeschnitten und an meine Pinnwand gepappt. Die Abschlusstabelle dieser Saison habe ich nicht mehr. Da steht – und wir wissen alle, dass nur die Abschlusstabelle die wahre Geschichte einer Saison erzählt – 18. Borussia Mönchengladbach 41:79 Tore, 21 Punkte.

Michael Lessenich (11FREUNDE)