Mixed Zone

EM 2024 - Kein Sommermärchen in Sicht!

von Günther Jakobsen09:11 Uhr | 29.09.2018

Vorgestern hat Deutschland, überraschend eindeutig, den Zuschlag zur Austragung der Europameisterschaft 2024 bekommen. Angeführt von Reinhard Grindel und Philipp Lahm will der Deutsche Fußball-Bund nun ein zweites Sommermärchen auf die Beine stellen.

Es ist der einzige Strohhalm, an den sich der Verband aktuell klammert. Mit der EM 2024 soll nun alles gut werden. Dabei liegen die Baustellen erstmal ganz woanders.

Der Unterschied zwischen der Eigenwahrnehmung innerhalb des DFB und der Außenwahrnehmung war zuletzt riesig. Immer mehr Fans wenden sich sowohl von der Nationalmannschaft als auch vom Vereinsfußball ab. Am sichtbarsten wird das, wenn man auf die Ränge der Bundesliga-Stadien schaut. Protestierten vor zehn Jahren nur die Ultras gegen die Machenschaften von DFB und DFL, formiert sich heutzutage ein viel breiterer Protest, auch wenn dieser nicht immer sicht- bzw. spürbar ist. Die Gründe sind vielfältig: Teure Eintrittskarten, immer mehr Pay-TV, Aufblähung der Wettbewerbe und immer wieder neue Anstoßzeiten zu abenteuerlichen Uhrzeiten. Dies sind nur die meist genannten Punkte, warum viele Fans, egal ob Stadiongänger oder Fernsehzuschauer, sich vom Fußball entfernen.

Dazu kommt, dass sich auch “normale” Fans immer mehr abwenden. Bestes Beispiel dafür ist die völlig realitätsfremde Vermarktung bzw. Außendarstellung der Nationalmannschaft: Schon seit langer Zeit gibt es einen vom DFB ins Leben gerufenen Fanclub-Dachverband, der allen Ernstes einen Sponsorennamen trägt, die neue Marke “Die Mannschaft” und eine Führungsriege, die sich für kein Fettnäpfchen zu schade ist. Getoppt wird dies aktuell nur noch von den Spielern auf dem Platz, die alles andere als eine Mannschaft sind, wie der Fall Özil beweist. All dies sind Themen, die außerhalb des DFB durchaus kritisch diskutiert werden. Leider schafft es der Verband nicht, diese Kritik zu moderieren, auf die Kritik einzugehen und glaubhaft zu vermitteln, dass man sich die angesprochenen Punkte zu Herzen nimmt und Sachen ändert. Die Vorzeichen für ein feucht fröhliches Sommermärchen 2.0 stehen, Stand jetzt, also denkbar schlecht.

Einzig und allein das Auftreten eines Philipp Lahm lässt in diesen Tagen die Hoffnung nach neuen Ideen und frischem Wind aufkommen. Aber da auch ein Lahm noch keinen Sommer(-märchen) macht, benötigt der Deutsche Fußball-Bund ganz dringend eine Verjüngungskur, diverse Positionen sollten neu besetzt und altbackene Strukturen aufgebrochen werden und dann muss endlich wieder mehr auf die Bedürfnisse der Fans eingegangen werden. Denn in dem Punkt sind sich alle einig: Der Fußball braucht die Fans und ein Sommermärchen braucht sie erst recht!

Bis zur nächsten Grätsche

Euer Grischa

Autor und Fußball-Experte Grischa Hindel ist bei unseren Freunden von TorAlarm für redaktionelle Inhalte zuständig. In seiner Kolumne Grischas Grätsche schreibt er jede Woche ganz persönlich über das aktuelle Fußballgeschehen und alles, was ihn bewegt - begeistert, amüsiert, nervt. Seit seiner Kindheit dem runden Leder verschrieben, war er auf dem Fußballplatz selbst aktiv und später regelmäßig als Fan im Stadion. Heute ist er voller Fußball-Know-how, das wir Euch nicht vorenthalten wollen.

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