Sozialarbeiter als Spielerberater!

Immer mehr und immer früher werden Kinder und Jugendliche, die gut gegen den Ball treten können, oder deren Eltern, von so genannten Spielerberatern angesprochen. Deutschlandweit gibt es über 700 Spielerberater. Nirgendwo anders gibt es so viele Berater wie in Deutschland.
Dazu kommt, dass die jungen Fußballtalente immer früher und offensiver von Beratern beobachtet und angesprochen werden. Erst kürzlich sagte Max Eberl im kicker: „Alle Vereine spüren, dass 12-, 13-, 14-Jährige kontaktiert werden”.
Weiter sagt Eberl, der schon öfter als Kritiker der Berater-Branche in Erscheinung getreten ist, dass auch die Eltern vermehrt angesprochen werden und ihnen neue Autos oder Urlaubsreisen versprochen werden.
Für mich ist solch ein Vorgehen ebenfalls ein absolutes Unding!
Spielerberater, die oftmals aus der Unternehmer- und Managerbranche kommen, haben meiner Meinung nach nicht die Fähigkeiten, einen Heranwachsenden und seine Eltern bedarfsgerecht zu beraten. Es ist kein Geheimnis, dass dem Spieler selbst und den Eltern ganz oft erzählt wird, wie toll er doch Fußball spielt und was er Großes erreichen kann. Dabei ist die Gefahr, dass u.a. ein ziemlich verzerrtes Selbstbild entstehen kann recht groß. Unternehmer und Manager können, wenn sie denn in ihrem Beruf gut sind, gute Verträge abschließen und kennen sich mit Geld bestens aus. Das heißt aber leider nicht, dass sie damit den wahren Bedürfnissen des Jugendlichen und seiner Familie gerecht werden.
Meiner Meinung nach braucht es einen ganz anderen Berufsstand, dem sich junge Fußballer und ihre Eltern zuwenden sollten: Sozialarbeiter!
Zwar gibt es in den heutigen Leistungszentren auch Sozialarbeiter bzw. pädagogische Hilfskräfte, diese haben aber bei weitem nicht den Einfluss wie ihn ein einzelner Spielerberater hat, der unabhängig vom Verein im ständigen Austausch mit dem einzelnen Spieler steht.
Der Sozialarbeiter ist per Definition ein qualifizierter Helfer, der Menschen in schwierigen Lebenslagen helfen kann. Der mögliche Übergang vom talentierten jugendlichen Fußballspieler ins knallharte millionenschwere Fußball-Business ist definitiv eine schwierige Lebenslage! Wer jetzt denkt, Sozialarbeiter können doch keine komplizierten Verträge mit den Vereinen aushandeln, geschweige denn überhaupt etwas davon verstehen, der irrt. Denn es gehört genauso zum Beruf des Sozialarbeiters mit seinem Klienten über mögliche Arbeitsverträge (nichts anderes ist ein Vertrag mit einem Fußballverein) zu reden, um ihm mögliche Hilfestellungen zu geben.
Zur Zeit gibt es kaum Einschränkungen seitens der Verbände dafür, wer Spielerberater sein kann und wen er wann ansprechen darf
Von mir aus darf natürlich jeder Spielerberater werden, nur sollte es zum Schutz der Kinder und Jugendlichen klare Richtlinien geben!
Zum Beispiel wäre eine Richtlinie seitens des DFB, dass generell erst Spieler ab 14 Jahren angesprochen werden dürfen! Gleichzeitig wären nur Spielerberater berechtigt das junge Talent anzusprechen, die ein Studium zum Sozialarbeiter o.ä. absolviert haben! Wenn der Spieler dann volljährig ist, würde diese Beschränkung entfallen. Dies ist nur einer von vielen Vorschlägen, die die menschliche Entwicklung des jugendlichen Spielers wieder bedeutend mehr in den Mittelpunkt stellen würden, wodurch jeder einzelne wieder mehr zu einem widerstandsfähigem und sozialeren Menschen werden kann. Von diesen Eigenschaften würde dann neben der Person selbst vor allem der Verein profitieren und die sind es schließlich, die sich zur Zeit am meisten über die aktuellen Zustände beschweren.
Bis zur nächsten Grätsche
Euer Grischa
Autor und Fußball-Experte Grischa Hindel ist bei unseren Freunden TorAlarm für redaktionelle Inhalte zuständig. In seiner Kolumne Grischas Grätsche schreibt er jede Woche ganz persönlich über das aktuelle Fußballgeschehen und alles, was ihn bewegt - begeistert, amüsiert, nervt. Seit seiner Kindheit dem runden Leder verschrieben, war er auf dem Fußballplatz selbst aktiv und später regelmäßig als Fan im Stadion. Heute ist er voller Fußball-Know-how, das wir Euch nicht vorenthalten wollen.
Ihr habt Fragen, Anmerkungen oder Anregungen? Dann kontaktiert Grischa unter grischa@toralarm.com