Im Ausgang des Nord-Süd-Duells Werder Bremen gegen Bayern München wurden in den 80er und frühen 90er Jahren etliche deutsche Meisterschaften entschieden. Das konträre Image der Vereine - höchste Ansprüche und Extravaganz in München, Bodenständigkeit und Understatement in Bremen - verführte zur Polarisierung. Eine Klaviatur, derer sich die Manager Lemke und Hoeneß in ihrem Privatkrieg gerne bedienten.
Besser Kaiserslautern, als Bayern
„Das ist eine neue Dimension der Bayernfeindlichkeit“, sagte FCB-Manager Uli Hoeneß im Juni 1991. Ursache dieser Aussage: Die Werderfans im Weserstadion bejubelten die 1:2-Niederlage des eigenen Teams gegen Kaiserslautern. Am 32. Spieltag der Saison 1990/91 bedeutete dieser Auswärtserfolg quasi den Titelerfolg für die Pfälzer - vor den Bayern. Bremen hatte keine Chance mehr, in den Titelkampf einzugreifen. Vor dem Spiel soll sich der Werder-Anhang nahezu geschlossen dahingehend geäußert haben, dass ihr Team verlieren müsse, um einen bayerischen Titelgewinn zu verhindern. Zu berücksichtigen ist bei dieser, auf den ersten Blick vielleicht masochistischen wirkenden Haltung, dass zwischen Bremern und Pfälzern eine intensive Fanfreundschaft besteht, und - mehr noch - dass Ex-Werder-Coach Otto Rehhagel als Trainer auf der FCK-Bank saß. Noch lieber als den der Pfälzer feierten die Bremer jedoch den eigenen Erfolg über die Münchner in den Jahren, als sie selbst härtester Konkurrent des Rekordmeisters waren.
Bayern wehrte erste Attacke ab
Das erste Nord-Süd-Duell um die Meisterschaft lieferten sich Bremen und der FC Bayern in der Saison 1984/85. Die Bayern beherrschten die Liga vom ersten Spieltag an und schüttelten im Verlauf der Rückrunde alle Verfolger ab - bis auf die Hanseaten. Am 19. Spieltag hatten die Münchner im Weserstadion anzutreten und unterlagen dort mit 2:4. Damit hatte Werder den Abstand zum FCB auf einen Punkt reduziert und hielt das Titelrennen bis zum letzten Spieltag offen. Da allerdings unterlagen sie in Dortmund (0:2) während Bayern zeitgleich beim Tabellenletzten Braunschweig mit 1:0 gewann und am Ende mit vier Punkten Vorsprung (die 3-Punkte-Regelung trat erst ab 1995 in Kraft) relativ deutlich als Meister feststand.
Foul vergiftete Atmosphäre
Noch wesentlich enger und dramatischer setzte sich der Zweikampf in der darauf folgenden Spielzeit 1985/86 fort. Diesmal waren es die Bremer, die fast die gesamte Saison über an der Tabellenspitze standen. Das seinerzeit ohnehin nicht sonderlich herzlich ausgeprägte Verhältnis der beiden Klubs - die Trainer Lattek (Bayern) und Rehhagel (Werder) versicherten sich in regelmäßigen Abständen gegenseitiger Geringschätzung - erfuhr am 16. Spieltag im Olympiastadion eine Wendung zu langjähriger offener Feindschaft. Auslöser war ein Foul Klaus Augenthalers an Werder-Stürmer Rudi Völler in der 25. Spielminute, das Völler fünf Monate außer Gefecht setzte. Bayern gewann die Partie 3:1 und rückte bis auf einen Zähler an die Norddeutschen heran. Während sich die Bremer ob des Foulspiel und dessen milder Ahndung, Augenthaler hatte lediglich Gelb gesehen, entrüsteten, wiegelten die Münchner in der Angelegenheit ab. Von da an herrschte Eiszeit zwischen den Klubs.
Elfmeterdrama im Weserstadion
Das Saisonfinale geriet zum Krimi. Am vorletzten Spieltag empfingen die Bremer den Verfolger aus Bayern. Werder führte mit zwei Punkten vor dem Gast aus München, ein Sieg hätte die Meisterschaft bedeutet. Völler spielte erstmals wieder nach dem Augenthaler-Foul aus der Hinrunde. Die Spannung in der hektischen Partie war auf dem Siedepunkt, als in der 90. Minute Michael Kutzop (ein zuvor sicherer Strafstoßschütze) beim Stande von 0:0 zum Elfmeter für Werder antrat - und das Leder zum Entsetzen der Bremer an den Pfosten setzte. Eine Woche später verlor Bremen mit 1:2 in Stuttgart das Spiel und den Titel, denn Bayern siegte gegen Mönchengladbach mit 6:0 und wurde aufgrund der besseren Tordifferenz Deutscher Meister.
Bremer Erfolg im dritten Anlauf
Beim dritten Anlauf, in der Saison 1987/88, behielt Werder dann erstmals das bessere Ende gegenüber den Bayern für sich. Im Zieleinlauf lag die Weserelf vier Punkte vor den zweitplatzierten Münchnern. Dieser Titelerfolg stand allerdings unter weniger dramatischen Vorzeichen, da er bereits drei Spieltage vor Saisonende feststand, als Werder nach dem 1:0-Auswärtserfolg in Frankfurt uneinholbar davongezogen war.
Bayern verspielte Titel auf den letzten Metern
Das vorerst letzte Kapitel dieses Nord-Süd-Duells wurde in der Saison 1992/93 geschrieben - und es war ein besonders bitteres für die Bayern. 32 Spieltage lang führte die von Erich Ribbeck betreute Bayern-Elf die Tabelle an, dann schnappten sich die punktgleichen Bremer am 33. Spieltag durch einen berauschenden 5:0-Heimsieg gegen den HSV erstmals die Tabellenführung - mit der hauchdünn um einen Treffer besseren Tordifferenz. Bayern hatte lediglich 3:1 gegen Bochum gesiegt. Die Entscheidung musste in einem Wimpernschlag-Finale am letzten Spieltag fallen. Die Münchner, mit der vermeintlich besseren Ausgangsposition, kamen bei den im Mittelfeld platzierten Schalkern nicht über ein 3:3-Remis hinaus, während Werder, wie schon 1986, das letzte Spiel in Stuttgart zu bestreiten hatte. Anders als damals ließen die Bremer jedoch nichts anbrennen und gewannen souverän mit 3:0 bei einem VfB, der aufgrund dieser Niederlage den UEFA-Cup verpasste. Wieder eine neue Dimension der Bayernfeindlichkeit?
Lemke und Hoeneß: Freunde fürs Leben
Im Juni 1999 gewann Werder den DFB-Pokal mit 6:5 nach Elfmeterschießen gegen Bayern. „Den Bayern den Pokal wegzunehmen, ist schon eine Wahnsinnssache. Deshalb ist dieser Erfolg der mit Abstand schönste überhaupt im DFB-Pokal“, feuerte Willi Lemke eine seiner letzten Breitseiten als Werder-Manager gegen die Münchner. Später wechselte er in die Politik. „Erstaunlich, dass ein Mann mit einem solchen Charakter Minister eines Bundeslandes werden kann und für die Erziehung zuständig ist“, schickte Uli Hoeneß im November 2000 eine Grußbotschaft zu Lemkes Wahl nach Bremen. Dies zeigt: In einer Zeit, da Mauern und Geschmacksgrenzen aller Art fallen, scheint eines von Bestand - die ehrliche Antipathie zwischen Lemke und Hoeneß. Mit dem Verhältnis zwischen den Vereinen Werder Bremen und Bayern München ist diese Sonderstellung nicht mehr zu vergleichen. Das Gift früherer Jahre ist verflogen. Die Rivalität indes bleibt. Ob jedoch das Traditionsduell (72 Spiele, 20 Bremer Siege, 33 Bayern-Erfolge, 19 Remis) wieder zum Duell um den Titel wird, ist fraglich. Den finanziell limitierten Bremern werden immer wieder Spitzenspieler weggekauft - unter anderem auch von den Bayern.
André Schulin
Als ich von Frankfurt nach Berlin gewechselt bin, habe ich Sergej Kirjakow kennengelernt. Das war ein Erlebnis. Sergej Kirjakow hat dem Zeugwart mal vor einem Spiel 250.000 Mark in die Hand gedrückt und gesagt: Pass mal kurz drauf auf.
— Ansgar Brinkmann über seinen Ex-Mitspieler Sergej Kirjakow.