Dass im DFB-Pokal unterklassige Mannschaften höher angesiedelte Teams aus dem Rennen werfen, ist nicht weiter ungewöhnlich. Der Vergleich der „Kleinen“ gegen die „Großen“ spornt die Underdogs, sofern sie nicht vor Ehrfurcht erstarren, zu Höchstleistungen an, während die erklärten Favoriten Mühe haben, den Gegner nicht zu unterschätzen. In nur einem Spiel ist vieles möglich, auch dass höherklassige Teams den Kürzeren ziehen.
Blamabel wird es jedoch, wenn Elitekicker aus der höchsten deutschen Spielklasse gegen so genannte Feierabendfußballer, dritt-, viert- oder gar fünftklassige Amateure, die Segel streichen müssen. Diese Pleiten sind selbstverständlich nicht auf den Briefköpfen der Vereine ausgewiesen, haften allerdings auch ohne diese Würdigung ebenso lange im Gedächtnis des Fußballvolks, wie die dort vermerkten Erfolge.
Bayerns Schwäche für die Kleinen
Als besonders anfällig für solche Ausrutscher hat sich in der Vergangenheit ausgerechnet das Flaggschiff des deutschen Fußballs, der FC Bayern, gezeigt. In der Saison 1994/95 unterlagen die Bayern, erstmals von Giovanni Trappatoni gecoacht, mit 0:1 in der ersten Pokalrunde beim Regionalligisten Vestenbergsgreuth. „Drei Worte hat Trappantoni bisher in Deutsch gelernt“, spottete die Presse anschließend: „Danke, Bitte und - Vestenbergsgreuth“. Für Harry Koch, dem heutigen Lauterer Abwehrspezialisten (damals im Trikot des „stärksten Dorfes Deutschlands“), bot die Pokalpartie gegen die Bayern die Chance, sich für höhere Aufgaben zu empfehlen - er nutzte dies.
Pleiten, Pech und Pannen
Weitere Pleiten gegen Amateure leistete sich der FCB 1990/91, als man, ebenfalls in der Auftaktrunde, mit 0:1 am Viertligisten FV Weinheim scheiterte. Das letzte Kapitel dieser unrühmlichen Geschichte schrieben die Bayern in der Saison 2000/01. Da behielten in der zweiten Hauptrunde die Amateure vom 1. FC Magdeburg mit 5:3 nach Elfmeterschießen die Oberhand. Dabei hätten die Münchner gewarnt sein müssen, denn zuvor hatten die Magdeburger das Bundesligateam des 1. FC Köln mit 5:2 aus dem Wettbewerb verabschiedet.
Düpierte Bundesligisten
Aber auch andere Bundesligagrößen sind in Pokalspielen von Amateuren entzaubert worden. Der Hamburger SV muss in seiner Biographie mit den Makeln der Pokalpleiten gegen den VfB Eppingen (1:2, 1974/75) und SC Geislingen (0:2, 1984/85) leben. 1995/96 bezwang der SV Beckum den 1. FC Köln mit 4:3 nach Elfmeterschießen. Ebenfalls 95/96 lieferte sich der VfB Stuttgart ein packendes Erstrundenduell mit dem SV Sandhausen. Nach Elfmeterschießen bejubelte der Regionalligist einen 13:12-Erfolg. Eine böse Pokalschlappe musste die Frankfurter Eintracht in der Saison 2000/01 einstecken, als sie den Amateuren des VfB Stuttgart mit 1:6 unterlag. Borussia Dortmund blieb im letzten Jahr gleich an der ersten Hürde hängen, den Amateuren des VfL Wolfsburg (0:1).
Überraschungen erwünscht
Die Erfolge der Amateurklubs blieben meist auf einzelne Sternstunden beschränkt. Einzig 1970 gelang den Offenbacher Kickers als Regionalligist der Pokalgewinn (2:1-Sieg gegen den 1. FC Köln). Allerdings existierte damals noch keine Zweite Liga, die Regionalliga war somit die zweithöchste Spielklasse (offiziell mit Amateurstatus). Ins Finale gelangten daneben noch die Amateure von Hertha BSC (1992/93, 0:1 gegen Leverkusen) und der damalige Regionalligist Union Berlin (2000/01, 0:2 gegen Schalke). Den Amateurteams der Bundesligisten, mehr oder minder unter Profibedingungen arbeitend, gelingt das Husarenstück, einen Erstligisten rauszuschmeißen, öfter mal. Packt es hingegen ein „Dorfverein“, ist die Schadenfreude bundesweit noch größer. Zurecht, denn dies spricht für die Unberechenbarkeit des Spektakels DFB-Pokal - sein größtes Plus.
André Schulin
Seine Härte war gefürchtet. Wenn mich mal ein Gegenspieler nervte, drohte ich ihm mit Werner. Nach dem Motto: Ich hetz' den Lorant auf dich. Schon war Ruhe.
— Bernd Hölzenbein über seinen früheren Mitspieler Werner Lorant