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von Günther Jakobsen23:22 Uhr | 22.06.2006

Mit Herz, Moral und Leidenschaft hüpften die Socceroos ins Achtelfinale. Kroatien beschränkte sich bei seiner zweimaligen Führung zu sehr auf das Verwalten des knappen Vorsprungs und erhielt dafür die gerechte, wenngleich bittere Quittung.

Die Kroaten überrollten die Socceroos in den ersten Minuten förmlich. Angetrieben von einem scheinbar unbändigen Siegeswillen setzten sie sich am gegnerischen Strafraum fest und gingen nach nicht einmal 180 Sekunden in Front. Srna knallte einen Freistoß aus gut 25 Metern unwiderstehlich in den Winkel. Für Kalac, der Schwarzer im Tor der Aussies vertrat, ein denkbar ungünstiger Auftakt in diesem Turnier, obwohl er gegen diese Granate absolut chancenlos war. Die Australier zeigten sich vom Gegentreffer kurz beeindruckt, antworteten dann aber mit ansprechenden Kombinationen. Die große Möglichkeit zum schnellen Ausgleich vereitelte Schiedsrichter Poll, der ein klares Foul von Simunic an Viduka im Strafraum nicht erkannte (7.). Die Hiddink-Schützlinge blieben in der Folgezeit trotzdem klar am Drücker, da Kroatien das Mittelfeld ohne Not preisgab. Doch aus der klaren optischen Überlegenheit resultierten zunächst nur Fernschüsse, die zumeist neben dem Tor landeten oder sich in einer vielbeinigen Abwehr verfingen. Und auch die Flanken waren für Simunic & Co. eine leichte Beute. Der Dauerdruck der Australier führte allerdings zwangsläufig zu guten Gelegenheiten. Cahill versuchte es mit Kopf (28.) und Fuß (31.), fand aber jeweils in Torhüter Pletikosa seinen Meister. Derweil führte Trainer Kranjcar, ob der zurückhaltenden Gangart seiner Spieler, an der Seitenlinie einen wahren Veitstanz auf. Dass seine Sorgen berechtigt waren, zeigte sich in der 38. Minute, als Tomas ein unnötiges Handspiel im Sechzehner beging. Moore nutzte die Gelegenheit vom Punkt zum längst überfälligen Ausgleich. Erst jetzt rafften sich die Kroaten wieder zu einigen Offensivaktionen auf, kamen aber über eine Mini-Chance von Prso nicht hinaus (43.). Das Remis zur Pause garantierte enorme Spannung für den zweiten Durchgang.

Die zweite Halbzeit gestaltete sich zu Beginn deutlich ausgeglichener, da die Kroaten wieder voll dagegen hielten. Klare Vorteile oder große Chancen waren auf beiden Seiten zunächst nicht auszumachen. Bis sich der fehleranfällige Kalac im Gehäuse der Aussies einen ganz dicken Klops leistete: Ein harmloses Ei von Niko Kovac aus 18 Metern halbrechter Position legte sich der lange Schlussmann praktisch selbst ins Nest (57.). Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte Hiddink seine Entscheidung bei der Wahl des Torhüters bereut haben. Lamentieren war jedoch nicht das Ding der Socceroos, die erneut mit aller Vehemenz den Vorwärtsgang einlegten. Doch das forsche Auftreten in den ersten 45 Minuten hatte viel Kraft gekostet. Bis in die anbrechende Schlussphase hinein fehlte den Angriffen der Australier die nötige Zielstrebigkeit. Das nahende Unheil für Kroatien kündigte sich erst mit einem Schuss von Kewell an, gegen den Pletikosa im letzten Moment noch die Fäuste hochriss (71.). Vier Zeigerumdrehungen später übersah Poll ein weiteres Handspiel von Tomas im Strafraum. Der Gerechtigkeit wurde mit dem Ausgleich von Kewell genüge getan, der aus dem Gewühl heraus die Kugel über die Linie bugsierte (79.). Damit waren höchst interessante letzte Minuten angebrochen, in denen Simic auf Seiten der Kroaten die Nerven verlor und mit der Gelb-Roten Karte vorzeitig vom Feld musste (85.). Der numerische Vorteil hielt jedoch keine 60 Sekunden. Dann musste Emerton ebenfalls mit der Ampelkarte den Platz verlassen. Dazwischen tauchte plötzlich Tudor frei vor Kalac auf, wurde aber im letzten Moment noch rechtzeitig gestört. So nahm eine irrsinnige Partie ihren Lauf, die an Dramatik kaum zu überbieten war. Das Wechselbad der Gefühle endete lediglich für Australien mit einem absoluten Hoch. Ein weiterer Platzverweis, diesmal für Simunic, schmerzte die Kroaten nicht so sehr wie das bittere Ausscheiden.

Kai Endres



Fußball ist auf der Bank ein Leidensgeschäft. Ich bin leidender Angestellter hier in Nürnberg.

— Klaus Augenthaler