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Dürftiger Auftritt eines WM-Geheimfavoriten

von Günther Jakobsen23:10 Uhr | 11.06.2006

Portugals Team musste gegen Angola nicht an seine Leistungsgrenze gehen. Der 1:0-Sieg wurde dem Team von Trainer Scolari sehr leicht gemacht, da Körperkontakt den Angolanern offensichtlich verpönt schien. Umso enttäuschender die Vorstellung der Portugiesen, die sich in der zweiten Hälfte Pfiffe gefallen lassen mussten.

Auch ohne den angeschlagenen Mittelfeldmaestro Deco fiel Portugal im Spiel gegen die ehemalige Kolonie Angola die Favoritenrolle zu. Und fast hätte Pauleta, nach Pass von Simao, nach 14 Sekunden das erste Tor erzielt. Es sollte jedoch nicht lange dauern, bis er zu seiner nächsten Chance kam. Die Portugiesen fingen einen Abschlag von Angola-Keeper Joao Ricardo im Mittelfeld ab, Figo überrannte Abwehrspieler Jamba, passte zur Mitte und servierte Pauleta die Vorlage zum 1:0 auf einem goldenen Tablett (4.). Angola war beeindruckt. Die Chance Mendoncas, der Portugals Schlussmann Ricardo mit einem Flatterball (11.) prüfte, blieb zunächst eine Ausnahme. Den Portugiesen wurde erstaunlich viel Raum gelassen, den diese jedoch nicht energisch genug nutzten, die knappe Führung auszubauen. So konnte Angola sich sukzessive finden und Stürmer Akwa seine zweite Fallrückzieher-Einlage anbringen, die aber ebenso fruchtlos blieb (24., übers Tor), wie die erste (Ball verfehlt). Zwei gute Torchancen ließ auch Cristiano Ronaldo liegen. Erst prallte ihm im Strafraum eine Flanke zu weit vom Oberschenkel weg (32.), dann wuchtete er einen Eckball per Kopfstoß an die Latte (34.). Gegen Ende der ersten Halbzeit hatte das Spiel noch zwei brandheiße Szenen zu bieten, in denen die Keeper auf beiden Seiten sich mächtig strecken mussten: Zunächst zog Makanga aus vollem Lauf ab und zwang Portugals Schlussmann zu einer Glanzparade (43.), während Ronaldo mit einer schönen Direktabnahme an Angolas Ricardo scheiterte. Portugal, mit einem lauf- und spielstarken Figo als Antreiber, hatte mehr vom Spiel und sich die Pausenführung verdient.

Gegen Ende der ersten Hälfte ansatzweise durchschimmernde Offensivbemühungen der Angolaner waren nach der Pause wie weggeblasen; die Afrikaner spielten wie mit angezogener Handbremse. Portugals Akteure konnten sich fast bis zum gegnerischen Sechzehner unbehelligt den Ball zuspielen. Wie schon zuvor fehlte allerdings der Biss, mit einem zweiten Treffer für eine Vorentscheidung zu sorgen. Gute Ausgangssituationen wurden leichtfertig und teilweise schlampig vergeben. Das Spielniveau näherte sich dem Nullpunkt, da Angola offensichtlich die Klasse fehlte, das Ruder herumzureißen und bei Portugal der Energiespargang eingerastet war. Einzelne Aktionen, wie ein Simao-Kopfball, der nach Figos Freistoßflanke einen Meter über die Latte segelte (84.), mussten schon als Höhepunkt herhalten. So hallten noch während der Spielzeit deutlich vernehmbare Pfiffe durchs Stadion. Die nach dem Abpfiff einsetzende Musik über die Lautsprecheranlagen übertönte die Missfallenskundgebungen der Zuschauer, die die bis hierhin schwächste Halbzeit dieser WM überstanden hatten.

André Schulin



Wenn jeder Spieler 10 Prozent von seinem Ego an das Team abgibt, haben wir einen Spieler mehr auf dem Feld.

— Rechnen mit Berti Vogts.