Einst waren die Spiele beim 1. FC Kaiserslautern ein rotes Tuch für den FC Bayern. In der jüngsten Vergangenheit flatterte beim Besuch des Rekordmeisters jedoch oftmals die weiße Fahne auf dem Betzenberg. Farbspiele hatten einen gewissen Einfluss darauf, dass sich die Verhältnisse zwischen den Bundesligakonkurrenten änderten.
Unter falscher Flagge
Die Zeiten, da die Bayern mit Magenschmerzen zum Betze reisten, und Paul Breitner vorschlug, sich die Anfahrt zu sparen und die Punkte mit der Post zu schicken, sind längst passé. Bis Anfang der 80er-Jahre währte die Lauterer Heimdominanz gegenüber den Bayern, die in den Jahren zwischen 1965 bis 1983 nur drei Heimpleiten zuließ. Die Wende beschworen die Bayern im November 1983 herauf, als sie in ihrer Verzweiflung tief in die Trickkiste griffen. Statt des üblichen rot-weißen Trikots spielten sie plötzlich im blau-gelben Outfit der brasilianischen Nationalelf. Wohl, um den Gegner mit Assoziationen an südamerikanische Ballfertigkeit einzuschüchtern. Den Lauterern war dieser Farbwechsel natürlich schon vor dem Anpfiff bekannt gemacht worden und sie reagierten darauf, indem sie in ihre grünfarbenen Ersatzklamotten schlüpften. Inwiefern diese psychologische Trickserei Einfluss auf den Spielausgang nahm, dürfte wohl schwer zu belegen sein. Als Fakt bleibt festzuhalten: Dank eines abgefälschten Augenthaler-Freistoßtores und eines brillanten Jean-Marie Pfaff, der neben einem abgewehrten Foulelfmeter Glanzparaden im Dutzend ablieferte, gewannen die Gäste mit 1:0. Von da an waren Bayern-Siege auf dem Betzenberg nichts Außergewöhnliches mehr.
Bayern vor dem Double
FCK-Trainer Wolfgang Wolf hat die einstige Pfälzer Heimhoheit, wie auch deren Ende, gegenüber dem damals schon übermächtigen FC Bayern als Spieler noch selbst miterlebt. Und er kennt die triste Bilanz, die besagt, dass es seit nunmehr 13 Spielen - darunter sechs in der Pfalz ausgetragen - keinen FCK-Sieg mehr zu feiern gab. Zu einem Zeitpunkt, da dem 1. FC Kaiserslautern das Wasser bis zum Hals steht, ist dieser Gegner alles andere als der Wunschpartner für das letzte Saisonheimspiel. Die Bayern sind der erklärte Favorit, und sie haben keinen Grund, dies zu negieren. „Im letzten Jahr haben wir es auch in Kaiserslautern klargemacht“, erinnert Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge an das Meisterstück aus der vorigen Saison, als am 31. Spieltag nach einem 4:0-Spaziergang die Schale wartete. „Wir freuen uns, dass wir jetzt nach Kaiserslautern fahren und das Double machen“, wagte sich FCB-Coach Felix Magath nach dem Erfolg über Stuttgart dann auch optimistisch in die Offensive. „Wir dürfen nicht überheblich werden“, schränkte Rummenigge schließlich noch ein - den ´83er Trikot-Trick wird er dennoch kaum in Erwägung gezogen haben.
Mit dem Rücken zur Wand
Für die Lauterer ist die Situation allerdings eine völlig andere als im Vorjahr. Seinerzeit standen sie tabellarisch jenseits von Gut und Böse. Jetzt könnte, abhängig von den Resultaten auf anderen Plätzen, bereits ein Unentschieden zum Abstieg führen. Trotz dieser prekären Situation haben es die Roten Teufel unter Trainer Wolfgang Wolf geschafft, das heimische Publikum wieder stärker hinter sich zu bringen. Wird erkennbar, dass die Spieler bereit sind alles zu geben, ist die Unterstützung von den Rängen da. Sowohl für Torjäger Halil Altintop, dem zeitweilig sein Weggehen zu Schalke verübelt wurde, als auch für Marco Engelhardt, dem mit dem Übertragen der Kapitänsbürde kein Gefallen erwiesen wurde. Eine kleine Chance auf den Klassenerhalt haben die Pfälzer noch; eine Einheit müssten sie dazu aber schon sein, wie in den frühen Bundesligajahren.
André Schulin
Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben.
— Johannes B. Kerner