Eine Frage der Zeit

von Günther Jakobsen16:48 Uhr | 30.09.2005

Es gab Bundesligatrainer die nur wenige Tage amtierten, und solche, die länger als ein Jahrzehnt bei nur einem Klub wirkten. Eine Bemerkung von Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und die Rekordmarke des derzeitigen Zweitligacoaches Volker Finke verlockten zur Betrachtung der Halbwertzeit von Übungsleitern.

Die Guinness-Buch-Kandidaten
In dieser Woche stand Freiburgs Trainer Volker Finke im Mittelpunkt des öffentlichen Fußballinteresses, weil er als Muster an Beständigkeit herzuhalten hatte: Mit 14 Jahren, zwei Monaten und 30 Tagen am Stück als Cheftrainer bei einem Verein, dem derzeit zweitklassigen SC Freiburg, beerbte er das „Kind der Bundesliga“, Otto Rehhagel, der bis dahin als einstiger Werder-Trainer den Ausdauerrekord hielt. Damit ist Finke wahrlich keine „Temporäre Erscheinung“, wie es Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser jüngst entfleuchte, als es um den Verweildauer von Übungsleitern bei professionellen Fußballklubs ging. Holzhäuser mag diese Äußerung bedauert haben, aber ein Blick auf die Beschäftigungslage der aktuellen Bundesligacoaches zeigt, dass ein Finke- oder Rehhagelkonkurrent so schnell nicht auf den Plan treten wird.

Keine Saison ohne Trainerwechsel
Mit 76-monatigem Dasein als Werder-Chefcoach (seit Mai 1999) ist Thomas Schaaf der mit Abstand dienstälteste Übungsleiter der Bundesliga, gefolgt von Jürgen Klopp (seit Februar 2001 Trainer der Mainzer) und Norbert Meier, der im Januar 2003 bei den Zebras die Zügel in die Hand nahm. Im Durchschnitt betreut ein aktueller Bundesligatrainer seinen Klub seit etwa 17 Monaten. Als wie „temporär“ das gedeutet wird, ist Geschmackssache. Dass fünf Vereine mit neuen Trainern in die Saison gingen und bislang keine Spielzeit ohne „fliegende Wechsel“ zu Ende ging, unterstützt eher die These des Bayer-Geschäftsführers.

Gleiche Verhältnisse wie vor 20 Jahren
Wer glaubt, dass früher alles wenn schon nicht besser, dann doch zumindest anders war, muss sich eines Besseren belehren lassen. Ein Quervergleich mit der Saison 1985/86, als die Liga also etwa halb so alt wie jetzt war, fördert Folgendes zu Tage: Der zum gleichen Zeitpunkt in der damaligen Saison dienstälteste Coach, Mönchengladbachs Jupp Heynckes, stand seit 74 Monaten bei den Fohlen in der Verantwortung. Der Durchschnittswert der in Amt und Würden befindlichen Trainer lag bei etwa 20 Monaten - also gerade mal drei Monate länger als derzeit. Sechs Vereine erhofften sich von „neuen Besen“ einen sportlichen Fortschritt, aber nur zwei der Neuverpflichteten waren auch in der folgenden Saison noch im Amt. Das war neben Hannes Bongartz (Kaiserslautern) noch Erich Ribbeck, der erstmalig bei Bayer Leverkusen anheuerte und drei Jahre blieb. Risiken und Nebenwirkungen sind beim Werksklub also erwartungsgemäß nicht höher, als anderswo. Allerdings weist Leverkusens Trainerhistorie (seit 1950) keinen Übungsleiter aus, der mit der ersten Elf länger als sechs Jahre am Stück wirken durfte. Aus dieser Ecke dürfte Finkes Rekord also vermutlich nicht bedroht werden.

André Schulin



Es herrscht ein derartiges Chaos in Leverkusen, heute hat Christoph Daum angerufen und gefragt: Ist das wirklich so oder bin ich auf nem Trip?

— TV-Lästermaul Harald Schmidt.