Nach vier Zwischenlösungen, die jeweils als dauerhafte Besetzung gedacht waren, hat Werder Bremen wieder einen Chefcoach, der seinerzeit eigentlich als Zwischenlösung angetreten war. Sachlich, beharrlich und nicht zuletzt mit eindrucksvollen Ergebnissen seiner Arbeit ist Thomas Schaaf zu einer Identifikationsfigur der Grün-Weißen geworden.
An fast allen großen Werdererfolgen beteiligt
Als 17-Jähriger feierte Thomas Schaaf seinen Bundesligaeinstand. Allerdings keinen gelungenen - mit einer 0:3-Niederlage im April 1979 in Bochum. Dann war ein Jahr Pause, bis Trainer Otto Rehhagel das Zepter in Bremen übernahm und den Außenverteidiger langsam zum Stammspieler aufbaute. Im Mai 1995 schnürte Schaaf zum letzten Mal die Schuhe für einen Bundesligaeinsatz - nach 262 Partien mit 13 Torerfolgen; alle für den SV Werder. Der Ausstand verlief mit einem 4:1-Auswärtserfolg in Stuttgart erfreulicher als das Debüt. In der Zwischenzeit hatte Thomas Schaaf, der zweimal in der U-21-Auswahl des DFB spielte, etliche Erfolge mit den Grün-Weißen errungen. Neben den zwei nationalen Meistertiteln von 1988 und 1993 half der kampfstarke Defensivakteur auch mit, 1992 die UEFA-Pokalsiegertrophäe sowie 1991 und 1994 den DFB-Pokal an die Weser zu holen.
Rehhagels legitimer Nachfolger
Bereits während seiner Spielerkarriere betreute Thomas Schaaf nebenbei Jugendmannschaften des SV Werder. 1995 übernahm er dann die Regionalligaelf der Bremer, wo er seine Fähigkeit, eine Mannschaft erfolgreich formen und führen zu können, unter Beweis stellte. Diese Arbeit mit den Nachwuchsmannschaften kam Schaaf später als Übungsleiter der Profis zugute, da er etliche Akteure (Rost, Tjikuzu, Stalteri, Borel) schon vorher unter seinen Fittichen hatte. Im Mai 1999 stieg das Werder-Urgestein (seit 1972 im Verein) zum Hoffnungstrainer der Werderaner auf, als die Bremer unter Felix Magath - der wie zuvor Aad de Mos, Hans-Jürgen Dörner und Wolfgang Sidka in der Rehhagel-Nachfolge gescheitert waren - in akute Abstiegsnot gerieten (Platz 15, 31. Spieltag). Zwei Spiele und zwei Siege später war Werder gerettet und Schaaf, zunächst als Interimslösung gehandelt, wurde das Vertrauen als Chefcoach ausgesprochen.
Kampf dem Winterschlaf
Der neue Chef hielt an den alten Weggefährten, Co-Trainer Karl-Heinz Kamp und Torwarttrainer Dieter Burdenski - beide ebenfalls lebendes Werderinventar - fest, wodurch das Bild der heilen "Werder-Familie" neue Nahrung erhielt. Sein stets fairer und besonnener Umgang mit den Profis trug ihm hohen Respekt bei den Spielern ein und nicht nur der scheidende Torjäger Ailton schreibt dem Trainer einen großen Anteil am derzeitigen Erfolg des SVW zu. "Fußball ist nicht allein eine Sache des Geldverdienens, sondern Leidenschaft ist das entscheidende Moment", sagt Thomas Schaaf und nennt Günther Netzer als fußballerisches Idol seiner Kindheitstage. Leidenschaft und spielerische Klasse - das ist so ziemlich exakt das, was sein Team zur Zeit auf dem Rasen abliefert. Mächtig gewurmt hat ihn der Verlust der beiden Leistungsträger Ailton und Krstajic, die am Saisonende ´gen Schalke ziehen. "Ich spüre eine ungeheure Wut, die in mir aufsteigt", erklärte er, fügte aber hinzu: "Ich habe mich dieser Aufgabe in Bremen verschrieben, immer wieder etwas neues aufzubauen". Und um Werders Schwäche unter seiner Ägide, dem verlängerten Winterschlaf, weiß er auch: "Wir müssen besser aus den Startlöchern kommen - vor allem nach der Winterpause". Gelingt das, könnte Schaaf als Trainer ähnliche Erfolge feiern, wie als Spieler.
André Schulin
Da bezwang Vladimir But seinen Landsmann Jörg Butt.
— Wolfgang Fritschmann in einer Radioreportage vom Spiel Freiburg-Leverkusen