Elite in Gefahr

von Günther Jakobsen11:20 Uhr | 03.01.2009

Bissige Tiger, neue Investoren und das Comeback des Rekordmeisters hielten die beste Liga der Welt in der Vorrunde in Atem. Während Liverpool nun vom ersten Titel seit 19 Jahren träumt, kämpft ein anderer Riese verzweifelt um seine Stellung: Erst Hull City und neuerdings Aston Villa wilderten hemmungslos im Revier der Großen Vier und drohen dem FC Arsenal nachhaltig den Rang abzulaufen.

Zuletzt 2005 hatte ein Mittelklasseklub das Kunststück vollbracht, die Phalanx der Big Four zu durchbrechen. Aston Villa hat es zwar noch nie in Champions League geschafft, hält sich aber schon seit Saisonbeginn hartnäckig in der Nähe der vorderen Plätze und scheint zudem auch mehr als eine Eintagsfliege zu bleiben: Seit Investor Randy Lerner den Altmeister vor knapp zweieinhalb Jahren übernahm, ging es steil mit den Villans bergauf. Während Klubs wie Newcastle und vor allem West Ham derzeit die Schattenseite des Mäzenentums erleben, rüstet sich in Manchester City unterdessen ein weiterer Klub zum Großangriff. Trotz einer insgesamt desolaten Vorrunde wurden die Skyblues wie auf Knopfdruck zum reichsten Klub der Welt und sorgten direkt für einen Paukenschlag, als sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Superstar Robinho verpflichteten. Vielleicht zum letzten Mal wurde Platz eins in dieser Saison daher allein unter den großen Vieren ausgemacht. Meister ManU kam dabei noch kein Mal zum Zug, fand nach einem mauen Start aber zügig in die Spur und hinkt derzeit nur deshalb in der Tabelle hinterher, weil er nebenbei noch den Weltpokal zu erringen hatte. Da sich Arsenal ob zu unkonstanter Leistungen vermutlich schon verabschiedete, zeichnet sich an der Spitze deshalb ein Dreikampf ab. Chelsea schien mit seinem Sicherheitsfußball (nur neun Gegentore in 20 Spielen) dabei zunächst die Nase vorn zu haben. Nach langem Brust-an-Brust-Rennen traten die Blues zuletzt aber zu häufig auf der Stelle und ließen Liverpool noch im letzten Spiel des Jahres auf drei Zähler wegziehen. Der Rekordmeister bewies aber nicht nur den längsten Atem und zeigte insgesamt den schönsten Fußball, sondern sorgte in der neunten Runde auch für den Big Point der Hinserie, als er als erster Klub seit viereinhalb Jahren an der Stamford Bridge gewann. Die Chancen für Liverpools ersten Titel seit 1990 stehen allein deshalb so gut wie lange nicht.

Wer nicht um die Fleischtöpfe spielte, der befand sich mehr oder weniger im Abstiegskampf. Mehr als die Hälfte der Liga kämpfte zeitweise gegen den Sturz unter den Strich, der nach elf Runden ganze drei Zähler vom achten Rang entfernt war. Dabei blieb mancher auf der Strecke, so etwa Paul Ince und Kevin Keegan, die als zwei von sechs Trainern bereits vorzeitig ausgetauscht wurden. Der FC Portsmouth hatte dabei keine Wahl, sondern bekam seinen Chefcoach schlicht von den Hotspurs gestohlen, die genau wie Newcastle United fürchterlich starteten und über Wochen keine Sonne sahen. Kaum in Tottenham angekommen, wurde aus Harry Redknapp dann „Harry Rudini“, da er wie von Zauberhand das Team wieder aufmöbelte und für erstaunliche Spiele gegen etwa Arsenal (4:4) und Liverpool (2:1) sorgte. Als durchaus belebend erwiesen sich auch die drei Neulinge. Stoke City und West Bromwich landeten zwar beide letztlich unter dem Strich, standen vielen Etablierten der Liga aber in kaum etwas nach und bleiben nur einen Katzensprung entfernt vom rettenden Ufer. Der dritte im Bunde, Hull City, versetzte die Liga derweil in Erstaunen. Einen Gegner nach dem anderen konnten die Tigers in den ersten Wochen, ihren ersten überhaupt in der Premier League, überrumpeln und setzten sich nach vier Auswärtssiegen am Stück (u.a. beim FC Arsenal) sogar frech auf Rang drei. Ein Einbruch im zweiten Viertel warf den Neuling schließlich zurück auf Platz sieben, wo er aber immer noch um fünf Zähler besser rangiert als die bisher größte Enttäuschung der Saison, das neureiche Manchester City.

Maik Großmann



So kann man im Sport seine Gesundheit verlieren: Bandscheibchenweise.

— Volker Ippig